Raubling – Seit dem 1. April gilt es: das neue Cannabisgesetz. Die Legalisierung der Droge hat bereits lange zuvor für hitzige Diskussionen gesorgt. Doch die Sorge, dass sich Deutschland nun zum großen Amsterdam entwickelt, hält Florian Degenhart für unbegründet. Er hat den ersten Cannabis-Social-Club in der Region Rosenheim gegründet. Das bedeutet allerdings nicht, dass ab sofort jeder in Raubling, wo der Club gemeldet ist, mit einem qualmenden Joint durch die Gegend läuft. Denn: Bis wirklich Cannabis an Mitglieder ausgegeben werden kann, wird es dauern.
Die Hälfte der Plätze
ist bereits belegt
Hintergrund ist, dass erst ab dem 1. Juni ein Antrag für eine Anbauvereinigung gestellt werden darf. Somit wird der Anbau mit Einberechnung der Genehmigungszeit frühestens im Oktober starten können. Dennoch ist das Interesse am CSC Inntal-Raubling groß. „Der Club ist seit dem 1. April explodiert. Ich bekomme alle paar Stunden eine Anfrage“, sagt Degenhart im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen. 500 Mitglieder kann der Club maximal aufnehmen – die Hälfte der Plätze ist schon belegt.
„Ich bin selbst total überrascht“, sagt Degenhart zum Altersdurchschnitt in seinem Club. „Ich dachte, dass die 21- bis 35-Jährigen sich als Erstes anmelden, Interesse zeigen und die Hauptzielgruppe sind. Es hat sich aber gezeigt, dass alle Altersgruppen vertreten sind.“ Das bisher älteste Vereinsmitglied ist 75 Jahre alt.
Dann erzählt er von einem besonderen Fall. Eine „ältere Dame“, wie sie sich selbst nennt, habe ihm eine Mail geschrieben, nachdem sie sich im Club angemeldet hat. Sie selbst konsumiere nicht. Allerdings möchte sie den Verein unterstützen, da sie nichts von der „heuchlerischen Kultur in Bayern, die Alkohol bewirkt und Cannabis verteufelt“, hält. Sie hätte lediglich Interesse an einer Pflanze, falls auch diese abgegeben werden.
Gründer konsumiert
selbst kein Cannabis
Was auch überrascht: Degenhart konsumiert selbst nicht. „Ein Grund dafür ist das Thema Autofahren“, macht er deutlich. „Den Club habe ich gegründet, weil ich davon überzeugt bin, dass dadurch der Kinder-, Jugend- und Konsumentenschutz gewährleistet wird.“ Für den Club gelten schließlich strenge Regeln.
Klare Regeln
beim Jugendschutz
Einerseits bekommen Minderjährige hier keinen Zugang zu Cannabis. Auf der anderen Seite werden 18- bis 21-Jährige noch einmal gesondert geschützt. Sie erhalten lediglich Cannabis mit einem geringeren THC-Grenzwert. Daher hat der CSC Inntal-Raubling vorerst eine Altersgrenze von 21 Jahren festgelegt. Denn das Einhalten des niedrigen THC-Grenzwerts sei ein riesiger Aufwand, erklärt Degenhart. Bei einem minimalen Überschreiten dieses Wertes könne das Cannabis dann eben nicht mehr an einen Teil der Clubmitglieder ausgegeben werden. „Diesem Aufwand wollen und müssen wir uns aber stellen. Sobald die Produktion angelaufen ist und wir Erfahrungen mit den Behörden und Konsumenten gesammelt haben, werden wir 18- bis 20-Jährige aufnehmen, um sie wie alle anderen Konsumenten zu schützen.“
Bevor das Cannabis aus dem Club an die Mitglieder abgegeben werden darf, wird es an ein Labor geschickt. Dort wird es auf Schimmel, Pestizide und den THC-Gehalt getestet. Wie das Ganze funktionieren soll, weiß Degenhart allerdings bisher auch nicht. „Ich weiß noch nicht, wo es hier in der Region ein Labor gibt und ob man es überhaupt versenden darf. Dazu gibt es noch keine Regelungen“, sagt er.
Der Anbau im Club
ist sehr aufwendig
Die strengen Kontrollen machen auch den Anbau sehr aufwendig. Die Anbaufläche darf nur unter strengsten hygienischen Bedingungen und mit einem Schutzanzug betreten werden. Somit darf nicht jedes Vereinsmitglied im CSC seinen grünen Daumen ausleben. Aber auch den Anbauort sollen Degenhart zufolge nur so wenige Menschen wie nötig erfahren.
„Den werde ich niemandem verraten“, macht er deutlich. Als Grund nennt er dafür ein Beispiel aus Aschheim. Dort hat ein Cannabis-Club seinen Anbauort verraten – und kurz darauf wurde direkt daneben ein Spielplatz errichtet. „Der schnellste Spielplatz Deutschlands“, sagt Degenhart. Er ärgert sich über das Vorgehen der bayerischen Regierung und die festgefahrene Haltung der Kommunen. „Die CSU nutzt die Schutzgesetze unserer Kinder und Jugendlichen aus, um Vereine zu verhindern.“
Wunsch nach
mehr Aufklärung
Grundsätzlich würde er sich mehr Aufklärung zum Thema wünschen. Degenhart ist überzeugt: „Wenn sich jeder unvoreingenommen damit auseinandersetzen würde, wäre meiner Meinung nach fast jeder in Deutschland für die Legalisierung.“ Nur so könne ausreichend Kinder-, Jugend- und Konsumentenschutz betrieben werden.
Der Club-Gründer weiß zwar auch, dass durch die Vereine der Schwarzmarkt nicht komplett ausgetrocknet werden kann, er ist sich aber sicher, dass die Clubs den Schwarzmarkt so stark bekämpfen, „wie es die Regierung oder die Polizei nicht geschafft haben.“