Nach Sturm droht nun der Borkenkäfer

von Redaktion

Massive Schäden im Wald – Grundeigentümer und Jäger reagieren

Eggstätt – „Da drin schaut es fürchterlich aus.“ Martin Leutner spricht aus, was den Eggstätter Jagdgenossen auf der Seele brennt: Die Schäden sind massiv. Ihre Aufarbeitung ist auch sieben Monate nach dem verheerenden Auguststurm noch nicht geschafft. Das Weitmoos im Nordosten von Eggstätt sieht noch immer zerfleddert aus. Der Sturm hat eine Schneise in den Wald geschlagen.

Dann noch die Schneemassen im Dezember. Abgebrochene Wipfel, entwurzelte Bäume. Die Birken hängen wie Bogenlampen im Wald. Sie sind verloren, richten sich nicht wieder auf. Beim nächsten Starkregen wird sie die Last der nassen Blätter in die Knie zwingen.

„Das ist eine
Katastrophe“

„Das ist eine Katastrophe“, beschreibt einer der Jagdgenossen den Schaden. In Zahlen lässt er sich nicht beziffern, denn in jedem Baum stecken das Herzblut und der Schweiß von Generationen. „Zerstört innerhalb weniger Minuten.“

Sturm- und Schneebruch schnell aus dem Wald zu räumen, ist eine Heidenarbeit und bei den enormen Schäden auf die Schnelle fast nicht machbar. Dennoch: „Saubere Waldwirtschaft ist das Gebot der Stunde, auch wenn sie sonst belächelt wird“, macht Revierförster Ulrich Guggenberger klar.

Er ist für circa 11000 Hektar Wald von Eggstätt bis Sachrang verantwortlich. Ihn haben Jagdgenossen und Jäger eingeladen, um sich Rat zu holen: wie sie den Wald umbauen, den Unwettern trotzen und den Borkenkäfer eindämmen können.

„Buchdrucker und Kupferstecher fliegen schon“, warnt Guggenberger. „Das Restholz muss jetzt schnellstens komplett aus den Beständen raus.“ Erst die Fichten, dann die Laubgehölze, denn während die Schneebruchschäden in Fichtenbeständen brandgefährlich sind, sind jene in Laubholzbeständen nicht waldschutzkritisch. Schuld daran sind Buchdrucker und Kupferstecher, die beiden gefährlichsten unter mehr als 200 Borkenkäferarten.

Mit dem ersten Schwarmflug niste sich der Borkenkäfer am liebsten ins am Boden liegende Bruchholz ein. Deshalb können selbst über eine riesige Waldfläche verteilte Einzelbrüche zu massiven Borkenkäferschäden im Sommer führen. „Kontrolliert Eure Bestände, achtet auf Harz und Sägemehl“, rät der Revierförster. Der einzig wirksame natürliche Feind des Borkenkäfers ist der Baum selbst. „Jeder Tropfen Harz zeigt, dass ein Borkenkäfer gestorben ist“, beschreibt Guggenberger, denn das Einbohren des Käfers löst Harzfluss aus. Doch irgendwann hat der Baum keinen Lebenssaft mehr, um sich zur Wehr zu setzen: Bei mehr als 200 Borkenkäfern verliert eine Fichte den Kampf.

Zum Vergleich: Nur ein Borkenkäferweibchen kann für eine Armee gegen 500 Bäume sorgen, denn aus ihrer Brut entstehen in einer Vegetationsperiode weit mehr als 100000 Nachkommen.

„Wir wissen um unsere Verantwortung“, sagen Jagdgenossen und Jäger im Eggstätter Weitmoos. Denn während der Bruch unter großen Anstrengungen aus dem Wald „gefegt“ wird, geht die Naturverjüngung weiter. Nur mit zukunftsfähigen Bäumen und gesunden Mischwäldern kann der Wald den Klimawandel überstehen. Und ganz egal, ob Ahorn, Eiche, Buche, Faulbaum, Vogelbeere, Moorbirke oder Douglasie durch menschliche Hand oder die Natur selbst sprießen: Der Nachwuchs muss gepflegt werden.

Hier spielen die Jäger eine entscheidende Rolle, denn sie regulieren den Wildbestand und damit den Verbiss. Nur wenn Keim- oder Setzlinge zu stabilen Bäumen und Mischwäldern heranwachsen, hat auch die grüne Lunge eine Chance. Im Moment steht die „Ampel“ der Hegegemeinschaft Eggstätt auf Rot, weil die Abschussquote zwar erfüllt, aber der Verbiss trotzdem noch zu hoch ist. Im Weitmoos gibt es vor allem Rehe. „Für waldverträgliche Wildbestände zu sorgen, ist eine große Herausforderung – auch wegen der Unwetterschäden im Bestand“, so Jäger Konrad Herrmann.

Mit einem Blick in die Zukunft ging es für die Jagdgenossen auch um eine zukunftsfähige Waldbewirtschaftung, die Stürmen und Schneemassen widerstehen kann. Die Böden in der Region eignen sich für alle Baumarten. Auch die jährliche Niederschlagsmenge reicht noch aus. Doch die traditionellen Nadelwälder wird es bald nicht mehr geben. Die Fichte wird im Waldumbau immer mehr Laubhölzern Platz machen müssen. Doch welcher Baum kann der „Brotbaum“ der Zukunft sein?

An einer Eichenplantage wurde deutlich, dass auch junge Bäume nicht vor Sturmschäden geschützt sind, wenn sie von der Last umstürzender alter, großer Bäume erschlagen werden. Im konkreten Fall waren die Eichen schon etwa acht Jahre alt und steckten noch in Wuchshüllen aus Polypropylen. Auch diese konnten die Bäume nicht schützen. Vielmehr sollten sie, sobald der Setzling der Hülle entwachsen ist, entfernt werden: „Alles, was nicht aus dem Wald kommt, sollte wieder entfernt werden, sobald es dem Wald nicht mehr dient“, betonte Guggenberger. Neben Wuchshüllen sind das beispielsweise auch Stachelbäume oder Reste von Schutzzäunen.

Pflege bis
ins hohe Alter

An alten Fichten-Plantagen erläuterte der Revierförster, warum eng bepflanzte Bestände schneebruchanfälliger und nach Jahren nur noch schwer zu bewirtschaften sind. Die Pflege der Bestände sollte frühzeitig und kontinuierlich erfolgen. In jungen Jahren müssten Setzlinge – auch Laubholz – noch dicht an dicht stehen, damit sie gerade Stämme ausbilden. Ein echter Zukunftsbaum aber brauche nach zwei Jahren erstmals mehr Raum und ab einer Höhe von fünf Metern wieder. Sein Tipp: „Sucht Euch alle zehn Meter den schönsten Baum aus, stellt ihn frei und begleitet ihn bis ins hohe Alter.“ Eine Aufgabe für Generationen.

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