Rohrdorf – Es scheint, als wüssten die Mitarbeiter der Deutschen Bahn ganz genau, wo sie in Rohrdorf hinmüssen, um die meisten Betroffenen zu erreichen. Zumindest wagte sich das rund zehnköpfige Team der DB mitten in das Dorfhaus Lauterbach, um die Pläne für den Brenner-Nordzulauf in ihren sogenannten Bürgersprechstunden zu präsentieren.
Überholstrecke nahe am Dorfzentrum
Ein durchaus heikler Schlusspunkt für die große Tour der Projektabschnittsleiter durch den Rosenheimer Landkreis. Denn nur wenige hundert Meter neben den aufgebauten Schaubildern, Aufstellern und großen Bildschirmen soll die neue Bahntrasse verlaufen: Dreigleisig, mit Überholstrecke und vor allem – oberirdisch. „Dass wir damit auf keine Begeisterung stoßen, ist völlig klar und legitim”, sagt Manuel Gotthalmseder, Projektabschnittsleiter der Deutschen Bahn. Die Ruhe scheint er aber auch in der dritten Woche der Präsentationen nicht verloren zu haben. Wie gewohnt gelassen erklärt er beim Aufeinandertreffen mit den Anwohnern die Entscheidungen, die zur geplanten Linie geführt haben.
„Wir müssen auf diesem Abschnitt irgendwo eine Möglichkeit schaffen, dass sich Züge begegnen und überholen können”, meint Gotthalmseder. Dieser Teil der Überholstrecke müsse dafür oberirdisch verlaufen. Dabei sei geologisch die Stelle zwischen Innleiten- und Sattelbergtunnel nahe Lauterbach am besten geeignet.
„Aber warum geht das nicht einen Kilometer weiter nördlich, wo kaum jemand wohnt?“, ist eine der zahlreichen Fragen der Anwohner. „Das liegt unter anderem am dort fließenden Aichbach“, erklärt der Projektabschnittsleiter. Dort müsse die Schiene wieder tief genug sein, um mit dem Innleitentunnel unter dem Gewässer durchzukommen.
Während die DB solche Detailfragen beantwortete, ging es vor dem Dorfhaus nach wie vor um die Grundsatzdiskussion. Mit einem Pavillon hatte sich dort die Bürgerinitiative Bürgerinteressen Rohrdorf (BIB) positioniert und empfing die Interessenten vor und nach ihrem Besuch bei der Deutschen Bahn. Der erste Eindruck von den Betroffenen: „Überraschung, Entsetzen, Frustration bis hin zur Resignation”, meint Jakob Opperer, Vertreter der BIB. Schon seit Beginn der Planungen setzt er sich dafür ein, dass die Variante der Bahn gar nicht erst nach Rohrdorf kommt.
„Nichts endgültig entschieden“
Eine detaillierte Bedarfsplanung, der Ausbau der Bestandsstrecke, Berechnung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses und eine schlüssige CO2-Bilanz sollten aufgestellt werden, bevor der Brenner-Nordzulauf überhaupt in Erwägung gezogen wird. Damit entspricht die Initiative ziemlich genau den Kernforderungen, die auch Bürgermeister Simon Hausstetter mit der Rohrdorfer Gemeindeverwaltung aufgestellt hat. „Wir wollen den Bürgern zeigen, dass hier noch nichts endgültig entschieden ist”, betont Sepp Brem, stellvertretend für die Bürgerinitiative.
Für die Planer der Deutschen Bahn ist die Tour durch die Region nach dem Auftritt in Rohrdorf beendet. „Die technischen Planungen sind erst einmal abgeschlossen”, sagt Gotthalmseder.
Weitere Pläne sind erst für Mitte des Jahres 2025 geplant, wenn der Bundestag über die Trasse entschieden hat. „Bis dahin“, so Manuel Gotthalmseder, „habe ich nicht viel Neues zu erzählen“.