Salzburg/Bad Endorf – „Phänomenal!“ Professor Falko Daim ist beeindruckt. Seit einer halben Stunde steht der Archäologe auf der Westempore des Salzburger Doms. Voller Ehrfurcht und Bewunderung beobachtet er Domorganistin Judtih Trifellner bei ihrem liturgischen Orgelspiel. Wie die Bad Endorferin voller Leidenschaft mit der Königin der Instrumente spielt, ihre Hände über die Klaviatur gleiten, die Füße über die Pedale tanzen, sie die Register zieht und ein festlicher Klang den Dom erfüllt. „Es ist sehr besonders, hier zuschauen zu dürfen!“, sagt er beeindruckt.
„So viel Feuer, so
eine Leidenschaft“
Seit anderthalb Jahren lebt der einstige Generaldirektor des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Salzburg. Erst vor Kurzem hat er entdeckt, „was hier eigentlich los ist“, wer hier die Orgel spielt. Seitdem steht er regelmäßig auf der Westempore, um Judith Trifellner zu erleben. „So viel Feuer, so eine Leidenschaft, solch eine Seele – das ist ein wahres Erlebnis“, bewundert er die Domorganistin.
Sie lächelt bescheiden: „Es ist eine Gnade, im Salzburger Dom die Musik spielen zu dürfen, die Mozart geschaffen hat. An den originalen Aufführungsorten wird die Größe seiner Kirchenmusikwerke spürbar.“
Gerade ist die „Cäcilien Messe“ von Charles Gounod verklungen. Festivalchor und Solisten, das Orchester der Auferstehungskirche Salzburg, die Hornfreunde Drosendorf, die Musikkapelle Hof und Domorganistin Judith Trifellner haben unter Leitung von Jan Bechtold den ganzen Dom zum Klingen gebracht und dabei die traditionelle Rollenverteilung der Instrumente hörbar gemacht. Die große Orgel spielt in Begleitung des großen Chores und Orchesters auf der Westempore. Die vorderen Emporen sind mit einzelnen Instrumenten besetzt. Eine der Orgeln im Kuppelraum begleitet den Sologesang, die andere die Choralgruppe. Die Musiker scheinen inmitten der Gemeinde zu sein, und der Dom vibriert förmlich. Genau so hatten die alten Meister ihre Musik erdacht. Als Teil der Liturgie: himmlisch, majestätisch, engelsgleich.
169 Jahre nach der Uraufführung der Messe spüren die Menschen im Salzburger Dom genau das, was 1855 der Komponist Saint-Saëns so beschrieb: „Die Aufführung der Cäcilienmesse rief eine Art Benommenheit hervor. Diese Einfachheit, diese Größe, dieses reine Licht … setzte die Leute sehr in Erstaunen.“
„Musik erreicht Menschen auf einer ganz anderen Ebene“, beschreibt Domorganistin Trifellner ihr Wirken. „Deshalb erfüllt es mich mit Dankbarkeit und Ehrfurcht, Gottesdienste und Konzerte festlich umrahmen zu dürfen. Und es ist ein besonderes Geschenk, da wirken und dazulernen zu dürfen, wo große Komponisten wie Wolfgang Amadeus Mozart oder Michael Haydn ihre Musik für diesen Raum komponiert haben.“
Im Alter von zwölf Jahren hat Trifellner ihre Leidenschaft für die Orgel entdeckt. Ihr Onkel – damals Priester in ihrer Heimat Vorarlberg – lud die junge Pianistin ein, ihr Können doch auch einmal an der Orgel auszuprobieren. Seitdem lässt die Königin der Instrumente sie nicht mehr los. Sie nahm Orgel- und Klavierunterricht am Landeskonservatorium Vorarlberg, studierte am Mozarteum in Salzburg Orgel, Klavier und Kirchenmusik. Am Conservatoire National Supérieur de Musique in Lyon tauchte sie in die französische Orgellandschaft ein. Weitere Studien führten sie an die Hochschule für Musik in München. Und auch 40 Jahre später nimmt sie noch immer Unterricht – jetzt bei Michael Kapsner – und ist dankbar dafür.
„In der Nacht ist es im
Dom am schönsten“
Schon am frühen Morgen beginnt ihr Dienst im Salzburger Dom. Die Zugfahrt von Bad Endorf nutzt sie, um ihre Partituren zu studieren und in Gedanken die Orgel zu spielen. Wenn sie üben will, sucht sie die Einsamkeit. „In der Nacht ist es am schönsten im Dom“, erzählt sie. Wenn sie dann die Orgel spielt, verliert sie Zeit und Raum, verschmilzt mit der Musik.
„In einer Domkirche zu spielen, ist das Höchste, was ein Kirchenmusiker erreichen kann“, sagt Trifellner und freut sich, Teil des neuen Dommusik-Teams zu sein. Im September 2022 hat dort mit Domkapellmeisterin Andrea Fournier und den beiden Domorganisten Judith Trifellner und Philipp Pelster eine neue Ära der Musica Sacra begonnen. Neben dem liturgischen Orgelspiel in Gottesdiensten geben sie Orgelkonzerte, laden zu Orgelmeditationen und Improvisationskonzerten ein. Täglich nach dem 12-Uhr-Läuten erklingt die „Musik zu Mittag“.
Dann dürfen auch Besucher auf die Westempore und den Domorganisten über die Schulter schauen. Sie machen Fotos, Videos, Tonaufnahmen. Manchmal klingelt auch ein Handy. Doch Judith Trifellner lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, lächelt den Menschen zu und spielt mit einer Leichtigkeit die Orgel, an der einst Wolfgang Amadeus Mozart saß.
Haben Besucher Fragen, erklärt sie gern das historische Instrument, zieht Register, um einen majestätischen Klang aus Trompeten, Fagott und Schallmeien zu intonieren oder mit zauberhaften Flöten die zarte Klangseite der Orgel zu demonstrieren. Ihre Finger fliegen über das Manual. Ihr Körper schwingt mit der Musik. Ihr Strahlen und ihre Leidenschaft springen auf die Besucher über. 245 Jahre nach Mozart ist es eine Bad Endorferin, die die Menschen mit ihrer Musik begeistert.
„Sie hat eine Aura aus Noten“, beschreibt Alois Loferer, der Bürgermeister von Bad Endorf, die Domorganistin. 22 Jahre lang war sie als Kirchenmusikerin im Pfarrverband St. Jakobus Bad Endorf tätig. Und auch wenn sie heute in Salzburg arbeitet, ist sie der Gemeinde, in der sie mit ihrer Familie lebt, treu geblieben – als Leiterin des Jakobus-Chors der Pfarrei und als Vorsitzende des Musikfördervereins Allegro con brio. Mit Konzertreihen gibt sie weiter, was sie in ihrem Leben selbst erfahren durfte: „Wir fördern junge Musiker, geben ihnen ein Forum.“
Beginn der Endorfer
Orgelwochen
Seit 30 Jahren gehören die Bad Endorfer Orgelwochen zur Kulturlandschaft der Gemeinde. Die künstlerische Leitung hat Judith Trifellner inne und verspricht im Jubiläumsjahr „ganz besonders schöne konzertante, erhebende, grenzüberschreitende Erlebnisse“. Mit einem Barockkonzert mit dem Kirchenmusiker von St. Nikolaus in Rosenheim, Christopher Ryser, und seiner Frau Salome Ryser wird die Reihe am morgigen Mittwoch um 20 Uhr in der Filialkirche St. Johannes in Mauerkirchen eröffnet.
Höhepunkt des diesjährigen Programms ist das Festkonzert für Solisten, Chor und Orchester am 9. Juni in der Pfarrkirche Bad Endorf: „Das große Werk von Wolfgang Amadeus Mozart, sein Requiem KV 626, erklingt. Das eigens für unser Jubiläum komponierte Salve Regina für Solisten, Vokalensemble und Orgel von Michael Kapsner wird uraufgeführt“, kündigt Trifellner an. Es singen und musizieren Solisten, Chor und Orchester Allegro con brio Bad Endorf mit 70 Sängern des Jakobus-Chors Bad Endorf, des Domchors Salzburg und Sängern aus dem Chiemgau.