Jetzt ist Schluss mit Selbstbedienung

von Redaktion

Neue Eggstätter Verwaltungsmitarbeiter kommen seltsamen Praktiken auf die Schliche

Eggstätt – Zu viele Schlüssel für den Wertstoffhof, illegale Müllablagerungen und nun auch noch Selbstbedienung in der Kiesgrube. Bauamtsleiterin Regina Maier ist seit 1. Dezember in der Gemeindeverwaltung tätig und entdeckt seitdem immer wieder neue, seltsame Praktiken. Jetzt kam sie der „Selbstbedienungsmentalität“ im Kieswerk bei Buch auf die Schliche. „Die Betreiberfirma, die Firma Heindl aus Rimsting, hat unserer Gemeinde eine Rechnung über 24,4 Tonnen Kies gestellt, die auf eine Vielzahl von Wiegescheinen verteilt waren und keinem gemeindlichen Wegebau zugeordnet werden konnten“, erläutert Maier auf OVB-Anfrage.

Seltsame Praktiken
kommen ans Licht

Sie forschte nach und erfuhr: „Bisher konnten Landwirte privat mit dem Kipper in die Kiesgrube kommen und die Aufladung von Kies als Wegebaukosten titulieren. Die Kosten wurden auf das Kundenkonto der Gemeinde Eggstätt geschrieben“, erläutert die Bauamtsleiterin die gängige Praxis. „Wie Kieswerkbetreiber und Bauhof bestätigten, war das wohl des Öfteren der Fall.“

Da eine Gemeinde ihre Ausgabe mit Rechnungen belegen muss und das auch von der Rechtsaufsichtsbehörde des Landratsamtes kontrolliert wird, zog die Verwaltung sofort Konsequenzen: „Ich habe mit dem Betreiber der Kiesgrube vereinbart, dass künftig nur noch über eine gemeindliche, schriftliche Abholgenehmigung Kies an Dritte auf Kosten der Gemeinde ausgegeben werden darf. Nicht zuordnungsfähige Rechnungen werden nicht mehr bezahlt.“

Die Praxis der privaten, landwirtschaftlichen Kiesabholung auf Kosten des „Kundenkontos Gemeinde“ wurde gestoppt. In der jüngsten Gemeinderatssitzung kamen Kiesrechnungen und Selbstbedienungsaktionen aber noch einmal zur Sprache. Dabei ging es eigentlich um 3000 Euro Unterstützung für die Jagdgenossen, die noch immer mit den Folgen der verheerenden 2023 er-Unwetter kämpfen und dabei jede Unterstützung gebrauchen können.

Nach Unwettern
ist Hilfe nötig

Die Eggstätter Verwaltung hatte im Vorfeld der Sitzung ein Auge zugedrückt und den Antrag der Jagdgenossenschaft noch kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt. Zweiter Bürgermeister Hans Plank (CSU) wäre als Zweiter Vorsitzender der Jagdgenossenschaft bei diesem Thema eigentlich befangen gewesen. Trotzdem durfte er den Antrag erläutern. Er veranschaulichte noch einmal, wie stark die Waldgebiete im Gemeindegebiet von Eggstätt durch den schweren Sturm und den Schneebruch im vergangenen Jahr in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Da im Winter kaum Bodenfrost vorherrschte, so Plank, konnten die wichtigen Aufräumarbeiten entweder gar nicht oder nur mit großen Beschädigungen der Wirtschaftswege vorgenommen werden. Die Aufräumarbeiten dauern noch immer an. Er erläuterte auch die „Kiesaktion der Jagdgenossenschaft“. Diese finanziere sich aus dem Jagdschilling. Üblich sei, dass die verschiedenen Ortsteile eine an die Länge ihrer Wirtschaftswege angepasste Menge Kies zur Verfügung gestellt bekommen. Den Transport und den Einbau übernimmt der jeweilige Grundstücksbesitzer in Eigenregie.

Zuschussantrag
für private Wege

„Diese seit langem bewährte Aktion ist der Garant dafür, dass sich unsere Waldwege im Gemeindegebiet in einem guten Zustand befinden“, heißt es im Antrag der Jagdgenossenschaft an den Gemeinderat. Im Jahr 2023 stellte die Jagdgenossenschaft so 245 Tonnen zu einem Preis von 4700 Euro zur Verfügung. Heuer sei bei gleicher Menge mit mehr als 5000 Euro Kosten zu rechnen. Auf der Jahreshauptversammlung habe die Jagdgenossenschaft deshalb beschlossen, um einen gemeindlichen Zuschuss zu bitten.

Gemeinderat Ludwig Estner (CSU) schloss sich dem Antrag an: „Es sind keine Autobahnen zu erwarten.“ Außerdem seien gute Wege für den Tourismus förderlich. Geschäftsleiter Johannes Halser wies allerdings darauf hin, dass all diese Wege nicht unter gemeindliches Wegerecht fielen.

Bauamtsleiterin Regina Maier erläuterte die neuen Absprachen mit dem Kiesgrubenbetreiber und machte klar: „Nicht zuordenbare Rechnungen werden nicht mehr bezahlt.“ Hans Plank betonte, dass es keinerlei Zusammenhang zwischen diesem Herausgabestopp auf Kosten der Gemeinde und dem Antrag der Jagdgenossenschaft auf finanzielle Förderung durch die Gemeinde für den Wegebau gebe. Der Antrag der Jagdgenossenschaft sei vielmehr durch die Ausnahmesituation begründet.

Kajetan Huber (FBE) befürwortete eine einmalige Bezuschussung der Kiesaktion. Markus Löw (FBE) äußerte sich ähnlich: „Die Wege werden doch von allen Bürgern genutzt.“ Stefan Meier (FBE) hingegen sah die Besitzer in der Pflicht.

Hans Plank erinnerte an einen früheren Antrag des Tennisclubs: Dessen Plätze hätten im vergangenen Jahr beim Unwetter auch gelitten und erführen nun eine gemeindliche Unterstützung. Doch Geschäftsleiter Johannes Halser erklärte, dass zwischen der Unterstützung einer Jagdgenossenschaft und eines Sportvereins zu unterscheiden sei. Letzteres sei eine gemeindliche Aufgabe.

Außerdem müsse sich auch die Verwaltung verantworten, verwies Bauamtsleiterin Maier auf die Dokumentationspflicht. Einnahmen und Ausgaben des Gemeindehaushaltes, der sich vor allem aus Steuergeldern speist, müssten nachgewiesen werden können. Das werde von der Rechtsaufsicht des Landratsamtes Rosenheim geprüft. Katharina Weinberger (Grüne) merkte an, dass die Waldarbeiten noch am Laufen seien. Der Antrag sollte deshalb zurückgestellt werden.

Prüfung durch
die Rechtsaufsicht

Bürgermeister Christoph Kraus (FBE) beendete die Debatte mit einem Beschlussvorschlag: Der Gemeinderat bewilligt der Jagdgenossenschaft einen Zuschuss in Höhe von 3000 Euro – unter Vorbehalt einer rechtlichen Prüfung durch die Rechtsaufsicht am Landratsamt Rosenheim. Die Verwaltung wird beauftragt, die entsprechenden Mittel im Haushalt 2024 einzustellen. Die Auszahlung kann erst nach Genehmigung und Rechtskraft des Haushaltes 2024 erfolgen. Diesem Beschlussvorschlag stimmte das Gremium mit 13:0 zu.

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