Stephanskirchen und 101 Asylbewerber

von Redaktion

Mitarbeiterin des Landratsamts steht bei Infoabend Bürgern Rede und Antwort

Stephanskirchen – Alle 14 Tage kommt ein Bus mit 50 Asylbewerbern oder Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine an. Ist es der Asylbewerberbus, sind Roxanne Scheurl und ihr Team im Landratsamt gefragt, müssen zusehen, wo sie die Menschen unterbringen. „Wer im Bus sitzt, das erfahren wir 48 Stunden vor der Busankunft“, erzählt Roxanne Scheurl den rund 30 Stephanskirchenern, die zum Info-Abend zur geplanten Unterkunft an der Hofmühlstraße gekommen sind.

Maßgeschneiderte kleine Unterkünfte zu finden, ist da fast nicht möglich. „Die Situation ist für uns genauso unbefriedigend wie für Sie“, versicherte Roxanne Scheurl den Stephanskirchenern. Sie sagte auch, dass nicht beabsichtigt sei, das Gebäude mit einem Schlag mit 101 Personen zu füllen. Und „restlos vollstopfen“ wolle das Team des Landratsamts die Asylbewerberunterkunft ohnehin nicht. 85 bis 90 Bewohner seien angepeilt. Wenn die Lage es zulässt.

Gemeinde hat
nichts im Angebot

Ein Mann mittleren Alters wollte wissen, was denn die Gemeinde dem Landratsamt angeboten habe, bevor das Amt den Mietvertrag für die Hofmühlstraße unterschrieb. Freie Wohnungen, Häuser oder ehemalige Pensionen/Gasthäuser habe die Gemeinde keine, so Bürgermeister Karl Mair, deshalb konnte aus eigenem Bestand nichts angeboten werden. Und Gewerbeimmobilien wolle die Gemeinde für diese Zwecke nicht genutzt sehen, da es etliche Gewerbebetriebe gebe, die neue Flächen suchen. „Uns wären kleinere Gebäude oder Wohnungen auch lieber“, sagte Roxanne Scheurl dazu, „die werden uns nur nicht angeboten.“ Das Landratsamt hat übrigens nicht die komplette Fläche angemietet. Eines der beiden Gebäude hat einen anderen Eigentümer und eine andere Nutzung.

Der Mietvertrag des Landratsamtes mit dem Eigentümer des Gebäudes endet nach spätestens zehn Jahren, Sonderkündigungsrecht hat das Landratsamt nach sechs Jahren. Die Frage aus dem Publikum, ob der Eigentümer danach an andere Personen vermieten könnte, verneinte Roxanne Scheurl.

Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, für das Areal rund um die Hofmühlstraße 34 einen Bebauungsplan aufzustellen, in dem die Nutzung der Gebäude für soziale Zwecke ausgeschlossen ist. Diesen Bebauungsplan muss allerdings das Landratsamt genehmigen, was beim Info-Abend im Rathausfoyer für höhnisches Gelächter sorgte.

Luxus wird den Asylbewerbern nicht geboten. Zwar sind auf beiden Etagen je zwei Gemeinschaftsküchen geplant, aber ein Spielplatz für die Kinder oder ein angenehmer Aufenthaltsbereich im Freien sind es nicht. Und die Zimmer sind klein. Allerdings sollen die Bewohner auch nur sechs bis neun Monate in dieser Unterkunft bleiben, so Roxanne Scheurl. Aber menschenwürdig untergebracht sein, was in Turnhallen nicht recht der Fall sei.

Es werden Menschen aus verschiedenen Ländern sein, sagt Scheurl auf Nachfrage. Das habe sich als besser erwiesen. Weil es weniger Streitigkeiten gebe. Hinzu komme, dass es keine gemeinsame Muttersprache gebe, die Asylbewerber sich eher in der Sprache, die sie gemeinsam lernen, verständigen. Ja, am Anfang werden wohl Security-Kräfte in der Hofmühlstraße präsent sein, die werden dann aber immer weniger eingesetzt. Denn außer gelegentlich der Lautstärke im Sommer gebe es in den Unterkünften eigentlich keine Probleme, berichtete Roxanne Scheurl.

Wie man die Bewohner bei dem ständigen Wechsel bei Laune halten wolle, wie dafür sorgen, dass ihnen nicht die Decke auf den Kopf fällt? Da verwies Roxanne Scheurl auf die Integrations- und Sprachkurse, die die Asylbewerber durchlaufen müssen. Da seien viele hundert Stunden. Von einem jüngeren Mann kam die Anregung, dass die Asylbewerber doch für kleinere Dienste wie Rasenmähen bei unterstützungsbedürftigen Stephanskirchenern eingesetzt werden könnte, organisiert zum Beispiel von der Jungbauernschaft oder den Ministranten. Auf freiwilliger Basis sicher eine gute Idee, fand Mair.

Das könne aber erst der zweite Schritt sein. Sollte tatsächlich Baurecht geschaffen werden, dann müssten Strukturen geschaffen werden. „Jetzt geht es aber erstmal ums ‚Ob‘ und irgendwann vielleicht auch ums ‚Wie‘“.

Angesprochen wurde die am Grundstück entlang fließende Sims als Gefahrenpotenzial, was Roxanne Scheurl etwas überraschte. Das müsse man sich nochmal ansehen. Eine junge Anliegerin mit zwei kleinen Kindern, nur durch die Sims von der geplanten Asylbewerberunterkunft getrennt, hatte ein ganz persönliches Problem: Einzäunen dürfe sie ihr Grundstück wegen der Sims nicht, „wie mache ich dann aber dem Afghanen, Nigerianer oder Jemeniten klar, dass das unsere Schaukel, unser Trampolin, unser Grill ist und das alles nicht der ganzen Welt gehört? Ich brauche da eine Lösung!“ Roxanne Scheurl bat um direkte Kontaktaufnahme für die Suche nach einer Lösung.

Keine Angst haben,
neugierig sein

„Kontakt“ war das Stichwort für Michaela Plass. Sie ist im Rathaus für Asylbewerber und Flüchtlinge zuständig, engagiert sich in diesem Bereich auch ehrenamtlich. Sie ist „felsenfest überzeugt, dass wir das stemmen“, dass Stephanskirchen auch mit der möglichen großen Unterkunft für Asylbewerber umgehen kann. Michaela Plass riet den Anwesenden, nicht ängstlich, sondern neugierig zu sein: „Einfach mal hingehen, sich interessieren, reden. Und nicht gleich ausweichen, wenn man mal ein paar jungen Männern auf einem Haufen begegnet. Glauben Sie mir: Es sind fast alles feine Kerle.“

Artikel 11 von 11