Aschau-Sachrang – Der Linnerhof in Sachrang beschäftigt den Gemeinderat schon seit vielen Jahren. Für den Bauernhof, der in den 1970er-Jahren gebaut, aber niemals genutzt wurde, scheint sich einfach keine Zukunft zu finden. Dabei hat der Rat schon für mehrere Projekte mit einstimmigen Beschlüssen die Weichen gestellt.
Hotelpläne landen 2018 im Papierkorb
Erst sollte ein Hotel gebaut werden. Doch 2018 landete das über viele Jahre geplante Vorhaben mitsamt den genehmigten Planungen im Papierkorb. Die Gemeinde Aschau erwarb das Grundstück, änderte den Bebauungsplan, damit aus dem „Sondergebiet Freizeit und Erholung“ ein „allgemeines Wohngebiet“ für Wohnnutzung und Kultur werden konnte.
Schon damals stellte sich die Gemeinde vor, jungen Familien günstiges Bauland für Ein- oder Mehrfamilienhäuser zur Verfügung zu stellen. Außerdem sollten ein Gästehaus sowie ein Gebäude für Konzerte oder Ausstellungen geschaffen werden.
Sachranger lehnen großes Kulturhaus ab
Im Februar 2020 wurden die Pläne ausgefeilt. Das alte Gebäude sollte zu einer „Prientalphilharmonie“ – einem Müllner-Peter-Haus für Natur, Kultur und Begegnung – aus- und umgebaut werden. Acht Monate später endeten die Planungen abrupt. Nicht nur aus finanziellen Gründen: Die Initiatoren wollten mit ihrem Vorhaben vor allem keinen Streit im Dorf. Sie hatten das Projekt in Sachrang vorgestellt und waren auf Ablehnung gestoßen. Statt eines Kulturhauses, so die Botschaft der Bürger, solle auf dem Linner-Areal lieber Wohnraum für junge, einheimische Familien geschaffen werden.
Einheimischenmodell nicht mehr bezahlbar
Dann kamen mit Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg die Katastrophen: Energie- und Baupreise schnellten in die Höhe. Junge Familien können sich vergünstigtes Bauland für Einheimische vielleicht gerade noch leisten, den Bau selbst aber nicht mehr.
„Wir haben in den vergangenen Jahren fünf Grundstücke über dieses Modell vergeben. Es war für die Familien wirklich ein sehr großer Spagat“, berichtet Bürgermeister Simon Frank.
Also versuchte die Gemeinde, ihren Bürgern ein möglichst breites Portfolio aus kaufen, selbst bauen und bezahlbarem wohnen anzubieten. In der Wohnungsbaugenossenschaft Maro fand sie den idealen Partner. Ihre Kernkompetenz – die Projektierung, Errichtung und Vermietung von bezahlbarem Lebensraum – ist genau das, was die Gemeinde Aschau sucht.
Die Maro-Referenzen in Bayern – elf Mehrgenerationen-Wohnprojekte und sechs Demenz-Wohngemeinschaften – sprechen für sich. „Wir haben uns mit unserem Projektbeirat das Mehrgenerationen-Wohnen in Unterwössen angeschaut“, informiert der Bürgermeister. „Die Mieter haben uns bestätigt, dass angesichts der Miet- und Baupreise in Bayern dieses Projekt ein Lichtblick für sie war, denn hier können sie mit einem kleinen Kredit und einer bezahlbaren Miete ein Leben lang wohnen.“
Erbpachtvertrag
für Linner-Areal
Also schmieden auch die Aschauer konkrete Pläne. Am Limmerhof in Sachrang sollen 28 Wohneinheiten entstehen. Der Vorentwurf für den neuen Bebauungsplan wird im Januar 2023 vorgestellt. Die Hälfte der Wohnungen soll einkommensorientiert gefördert werden. Je nach Förderstufe müssten die Bewohner in den EOF-Wohnungen dann zwischen sechs und neun Euro pro Quadratmeter zahlen. Der Bedarf an Wohnraum wird abgefragt. Eine Bürgerversammlung findet statt. Die Gemeinde schließt mit der Maro einen Erbpachtvertrag. Und dann der Schock.
Maro meldet im
März Insolvenz an
Im März meldet die Genossenschaft Insolvenz an. Dieser Schritt sei notwendig geworden, nachdem die Finanzierungszusage für ein Projekt in Landsham im Landkreis Ebersberg mit Demenz-Wohngemeinschaften und Mehrgenerationen-Wohnungen zurückgezogen worden sei, heißt es in einer Presseerklärung. Das habe die Liquidität des Unternehmens erheblich belastet.
„Wir waren erschüttert, aber anfangs trotzdem noch recht optimistisch, dass ein Sanierungskonzept die Genossenschaft retten kann“, sagt der Bürgermeister. Im März hatte Inge Schmidt-Winkler, Vorstand der Maro- Genossenschaft, noch versichert, dass „der Geschäftsbetrieb unverändert aufrechterhalten bleibt und auch die bestehenden Wohnprojekte fortgeführt werden“.
Genossenschaft bittet Freistaat um Hilfe
Doch jetzt wandte sich der Maro-Vorstand mit einem Hilferuf an den Bayerischen Landtag und das Bayerische Wirtschaftsministerium. „Wir benötigen die Hilfe des Freistaates. Und leider auch schnell, denn uns rennt die Zeit davon.“ Zwar lägen der Genossenschaft nach eigenen Angaben „private Unterstützungszusagen“ in Höhe von gut einer Million Euro vor. Doch als tragfähige Basis für das Sanierungskonzept reiche das nicht aus.
Neun Maro-Projekte sind im Bau oder in einer fortgeschrittenen Planungsphase – darunter auch das Linner-Areal in Sachrang. „Wir wissen momentan alle nicht, wie es weitergeht“, bedauert Frank die Krise einer Genossenschaft, „die sich vorbildlich sozial engagiert“ habe. „Wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen, aber es wirft uns um drei Jahre zurück.“
Ausgerechnet in Sachrang bereite ihm das besondere Sorgen, denn hier kämpfen Bürgerschaft und Gemeinde für die Zukunft des Kindergartens und des Dorfladens. Mit dem Sachranger Hof ist bereits ein wichtiger Treffpunkt für die Bürger verloren gegangen.
Wie geht es in Sachrang weiter?
Noch sei die Hoffnung nicht gänzlich gestorben, dass die Maro saniert werden könne, sagt der Bürgermeister. Im schlimmsten Fall müsse die Gemeinde von vorn anfangen und nach einem neuen Projektpartner suchen. Mit Blick in die Zukunft sei vor allem eines wichtig: „Dieses Projekt wird von Bürgern und Gemeinderat auf breiten Schultern getragen.“