Aschau-Sachrang – Die Sachranger können sich ihr Bergsteigerdorf ohne Dorfladen gar nicht mehr vorstellen. Doch jetzt bringt der Personalmangel das Bürgerprojekt in Existenznot: „Wir brauchen eine Geschäftsführung und Teilzeitkräfte im Verkauf, um bis zu 50 Wochenstunden abzudecken“, wünscht sich Marktleiter Simon Bruckner. Er ist seit drei Jahren dabei und liebt seinen Dorfladen: Die Gespräche mit den Leuten. Die individuelle Gestaltung des Einkaufs ganz nah am Bedarf der Kunden. Die regionalen Produkte aus dem Chiemgau und vom Niederndorferberg. Das besondere Miteinander der in Unternehmergenossenschaft und Helferkreis engagierten Menschen.
Mehr Personal,
mehr Öffnungszeiten
„Er leistet eine hervorragende Arbeit“, lobt Unternehmensberater Wolfgang Gröll den jungen Mann. Der oft als Dorfladen-Papst bezeichnete Gröll war es, der die Sachranger vor 13 Jahren beraten hat, als sie das Projekt innerhalb weniger Monate auf die Beine stellten. „Weil wir im Ort eine Nahversorgung brauchten – für unsere Bürger und Gäste“, erinnert sich Sebastian Pertl an die Gründerzeit.
Heute ist der „Sachranger“ das Herz des Ortes und ein multifunktionales Zentrum. Hier gibt es neben den Dingen des täglichen Bedarfs immer auch das Besondere: Biogemüse, Wurst und Käse aus der Region, frische Spezialitäten vom Direktvermarkter, die Tageszeitung, bei Bedarf auch Bargeld und natürlich ein kleines Café als Treffpunkt für den Ort.
Dass Sachrang als Einzugsgebiet für potenzielle Dorfladen-Kunden eigentlich zu klein ist, war den Genossenschaftern von Anfang an klar. Doch mit treuen Kunden aus Sachrang, der Umgebung und dem österreichischen Niederndorferberg sowie den Urlaubern haben sie 13 Jahre lang gut gewirtschaftet.
Nun wachsen mit der Personalnot auch die Probleme. „Wir mussten die Öffnungszeiten reduzieren. Weniger Kundschaft bringt weniger Umsatz. Die Rücklagen schrumpfen. Jetzt stoßen wir an unsere finanziellen Grenzen“, erklärt Pertl den Teufelskreis. Viele Genossenschafter haben Anteile nachgezeichnet, um den Dorfladen zu retten. „Es gibt großzügige Spenden aus dem Dorf. Und auch Urlauber haben uns geholfen“, ist Pertl dankbar, dass sich alle gemeinsam ihren „Dorfladen leisten“. Doch auf Dauer ist der „Sachranger“ nur zu halten, wenn sich neue Mitarbeiter finden. Momentan ist Simon Bruckner Verkäufer, Marktleiter und Geschäftsführer in einem, leitet ein Mini-Team von drei Stundenkräften. „Er ist sehr engagiert und macht das auch richtig gut“, würdigt Pertl den jungen Mann.
Arbeitszeit wird individuell gestaltet
Doch Bruckner braucht dringend Unterstützung. „Es müssen keine Einzelhandelskaufleute sein, Quereinsteiger sind uns sehr willkommen“, betont er. Die Wochenarbeitszeit könne individuell ausgehandelt werden. „Wichtig ist vor allem, dass sie Spaß an der Arbeit mit Menschen in der familiären Atmosphäre eines Dorfladens haben.“ Mit neuen Mitstreitern könnte der Laden künftig wieder täglich durchgehend öffnen. „Im Moment gibt es Nachmittage, an denen in Sachrang zwischen 14.30 und 17 Uhr gar nichts mehr offen ist“, bedauert Pertl. Das sei nicht nur ein Problem für die Sachranger Senioren, die aufgrund der schlechten Anbindungen an den ÖPNV auf eine Versorgung vor Ort angewiesen sind. „Das ist auch alles andere als tourismusfördernd.“
Neben der intensiven Suche nach Verstärkung denken die Sachranger Genossenschafter auch über ein 24-7-Modell nach, um den Kunden über die Öffnungszeiten hinaus Waren anbieten zu können. „Dann wären Selbstbedienungsbereiche im Dorfladen rund um die Uhr offen, erhielten die Kunden mit der Legitimation durch ihre EC-Karte Einlass, könnten die Produkte selbst scannen und dann mit Karte bezahlen“, erklärt Wolfgang Gröll das Modell. Doch dafür wären wieder Investitionen erforderlich.
„In Sachrang übernimmt die Bürgerschaft die alleinige Verantwortung für die Nahversorgung“, sagt Sebastian Pertl. Er vermisst eine stärkere Unterstützung durch die Gemeinde Aschau. „Dabei wäre diese durchaus möglich, denn dafür gibt es gesetzliche Grundlagen“, betont Wolfgang Gröll und verweist auf den Leitfaden des Bayerischen Wirtschaftsministeriums für den Betrieb von Dorfläden.
Darin erklärt das Innenministerium seine Auffassung, „dass eine betriebsbezogene (direkte) Wirtschaftsförderung durch Gemeinden zugunsten von Dorfläden ausnahmsweise zulässig sein kann, wenn dies für die Sicherstellung einer befriedigenden (örtlichen oder ortsnahen) Versorgung der Bevölkerung erforderlich ist.“ Dabei sei nicht das durch den gemeindlichen Zuschuss begünstigte Unternehmen das eigentliche Ziel der Förderung, sondern diene nur als „Mittel zum Zweck“, eine wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten und vor allem im ländlichen Raum zu einer Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse beizutragen. „Unter diesen Umständen kann die Gewährung eines Zuschusses zu den Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge gerechnet werde.“
Daseinsfürsorge
oder Wettbewerb?
„Mein Herz schlägt für den Dorfladen. Er ist der Dreh- und Angelpunkt des Ortes“, betont der Aschauer Bürgermeister Simon Frank. Die Gemeinde unterstütze ihn als Genossenschafter, mit Sachleistungen wie Marketing, Hilfe bei Fördermittelanträgen oder Neubeschaffungen. „Doch mit Barüberweisungen können wir nicht helfen“, vertritt der Bürgermeister eine klare Position: „Damit würden wir in den Wettbewerb eingreifen und einen Bezugsfall schaffen für andere Unternehmen, denen es nicht gut geht.“
Wer Lust hat, als Geschäftsführer oder Verkäufer im Team des „Sachrangers“ mitzuarbeiten, kann sich unter der Telefonnummer 08057/9045123 direkt im Dorfladen oder per E-Mail an info@der-sachranger.de melden oder einfach mal vorbeischauen. Nähere Informationen finden sich auf der Homepage www. der-sachranger.de.