Brannenburg/Flintsbach – Angefangen hat für Christine Grandauer alles mit ihrer Begeisterung für Handball. Seit jeher ist ihre Familie beim TSV Brannenburg aktiv und engagiert sich für die dortige Abteilung. Dabei fiel Grandauer immer wieder auf, wie mühsam die Bestellung für Vereinskleidung mit passendem Druck war. „Damals habe ich mir gedacht: Warum machen wir das nicht selbst?“
„Wusste so gut wie
gar nichts darüber“
Das Problem: Die frühere Handweberin hatte zwar Erfahrung im Umgang mit Textilien. Doch ihre Ausbildung lag lange zurück und über die modernen Verfahren mit Druck und Veredelung wusste die Brannenburgerin „so gut wie gar nichts“.
Doch die Mutter von zwei Söhnen scheute die Herausforderungen nicht, bewarb sich für Praktika in unterschiedlichen Unternehmen und begann 2008 in ihrem Keller mit den ersten Drucken. „Damals habe ich noch richtig lange gebraucht, um ein Trikot fertig zu bekommen“, erinnert sich die 54-Jährige, die mit ihrem Team mittlerweile bis zu 200 Stück in der Stunde „veredeln“ kann.
Doch auch wenn vor gut 15 Jahren noch alles langsam und neu war: Die Handballmannschaft aus Brannenburg konnte Grandauer mit ihrer Arbeit ausstatten. „Und die Rückmeldung war durchweg positiv“, meint die Brannenburgerin. Die logische Folge war, dass sich im und um den TSV Brannenburg die Arbeit von Grandauer herumsprach und sie immer mehr Aufträge bekam. Egal ob für Sportveranstaltungen, Hochzeiten oder Geburtstage – war ein spezieller Aufdruck oder Stick notwendig, war Grandauer zur Stelle und es entstand die „Textilveredelung Inntal“.
Doch mit der Zeit wurde der Keller bei den Grandauers zu eng und die Arbeit für eine Person zu viel. Auch wenn sie mit Simon Bauer einen Arbeitspartner und „Lieferanten der ersten Stunde“ im Hintergrund hatte, der ihr die nötigen Vorlagen besorgte und alles rund um das reine Druckverfahren organisierte. Durch einen „glücklichen Zufall“ übernahmen die beiden eine alte Schreinerei in Flintsbach und eröffneten in der Nußdorfstraße ihre Textildruckerei. Dort kümmern sich mittlerweile nicht nur ihr Sohn Lorenz Grandauer, sondern zusätzlich bis zu sieben Mitarbeiter um das Bedrucken und Besticken von Kleidung und Accessoires.
Der Entschluss weiterzumachen zahlte sich spätestens mit einem „völlig unerwarteten“ Auftrag aus, der über einen von Grandauers Partnern, dem Vertreiber der Sportbekleidung von „Craft“, zustande kam. „Die haben mir erzählt, dass der SV Darmstadt einen Anbieter sucht und dass wir doch ein Angebot abschicken sollen“, sagt Grandauer.
Wieder hatte die Brannenburgerin Erfolg und stellte ab 2020 die Kollektion für den Fußball-Bundesligisten her. „Das war schon eine Menge Arbeit“, sagt die 54-Jährige, die sich pro Saison mit rund 10000 Artikeln und Palettenlieferungen an Fußballtrikots konfrontiert sah. „Da mussten wir teilweise von Montag bis Sonntag Gas geben.“ Die sonst eher Handball-Interessierte erlebt so Auf- und Abstieg der Darmstädter aus ganz ungewohnter Perspektive.
Aber auch wenn die Textilveredelung im Inntal nun nicht mehr die komplette Ausstattung für die kommende Saison des SV Darmstadt übernimmt, wird der Brannenburgerin wohl kaum langweilig werden. Dafür sei ihr Handwerk mittlerweile zu etabliert und auch ihre Partner wie der Oberaudorfer Vertreiber „New Wave“ bleiben ihr erhalten. „Die Zusammenarbeit ist immer unkompliziert“, lobt Daniel Börner, Marketingmanager von „New Wave“. Wenn es einmal eng werden würde und er noch dringend etwas braucht, könne er immer anrufen. „Bisher ließ sich dann immer eine Lösung finden“, meint Börner.
Textilveredelung ab
sofort auch in Prien
Aber auch außerhalb ihrer festen Partner hat Christine Grandauer immer wieder neue Aufträge. „Es kommen auch nach gut 15 Jahren noch Leute auf mich zu, die nicht wussten, dass es in ihrer Nähe so etwas gibt“, meint Grandauer lächelnd. Aktuell vergrößert sie ihre Textilveredelung erneut mit einer Produktionsfläche in Prien. Die Endproduktion der Kleidungsstücke wird allerdings weiterhin in Flintsbach bleiben.
In den kommenden Jahren hofft Grandauer außerdem, sich Stück für Stück zurückziehen zu können. Ihr Handwerk wolle sie aber in jedem Fall in guten Händen zurücklassen. Und mit dem Einstieg ihres Sohnes Lorenz könnte die Textilveredelung im Inntal sogar das bleiben, als was sie begonnen hat: ein Familienunternehmen.