Auch Paten brauchen Nachwuchs

von Redaktion

Ehrenamtliche engagieren sich bei „Jugend in Arbeit“ für benachteiligte Heranwachsende

Bad Endorf/Rosenheim – Das Patenprojekt „Jugend in Arbeit“ ist seit 2006 nicht mehr aus dem Landkreis Rosenheim wegzudenken. 188 Patinnen und Paten sind derzeit mit dabei. Doch es braucht Nachwuchs. Nachwuchs, das mag so manchem der neuen Paten schmeicheln, sind es doch hauptsächlich ältere Semester, die sich kürzlich zum eineinhalbtägigen Workshop am Pelhamer See trafen.

Stärken erkennen
und fördern

Um was geht es beim Patenprojekt? „Unsere Paten haben es sich zur Aufgabe gemacht, gemeinsam mit den Jugendlichen ihre Stärken zu erkennen und zu fördern sowie mögliche Defizite mit ihren Schützlingen auszugleichen“, sagt Verena Seischab, Geschäftsführerin der Jungen Arbeit Rosenheim. Durch dieses Ehrenamt wird es jungen Menschen, die ohne Begleitung auf dem Weg in Ausbildung und Arbeit auf der Strecke bleiben würden, ermöglicht, ihren Start ins Berufsleben erfolgreich zu gestalten.

Hehre und große Aufgaben, die vielleicht so manchen erst mal zurückschrecken lassen würden. Aber eine solche Tätigkeit biete auch die Chance zum eigenen Wachstum, wirbt Seischab. „Als Pate können Sie Ihre soziale Kompetenz pflegen, Ihre Kontakte einbringen und erweitern und sich ehrenamtlich engagieren.“

Mitbringen muss man nur sich selbst und seine Erfahrung aus dem Berufsleben und aus eigenen Lebenssituationen. Und es braucht Zeit, Engagement und die Bereitschaft, auf junge Menschen einzugehen.

Das war auch seine Motivation, bekennt Konrad Bachhuber aus Bernau. Seit zehn Jahren ist er im Ruhestand, davor war er jahrzehntelang als Betriebsleiter einer großen Handelsgesellschaft tätig und hatte im Rahmen seiner Arbeit immer viel mit Jugendlichen zu tun. „Ich hatte so viel Glück in meinem Beruf“, sagt Bachhuber. „Da will ich was zurückgeben.“ Seit zehn Jahren ist er nun Pate. Zehn Schützlinge, darunter ein Mädchen, hat er bislang begleitet. „Nur einer wollte sich nicht helfen lassen“, der habe sogar die Förderschule geschmissen, bedauert Bachhuber noch heute. Aber er will nach vorne blicken, einer seiner derzeitigen Paten-Schüler ist fast fertig mit seiner Ausbildung zum Lagerlogistiker, ein anderer fängt demnächst mit seiner Ausbildung an. Die Arbeit der Paten koordinieren die vom Landratsamt Rosenheim finanzierten, hauptamtlichen Mitarbeiterinnen Kerstin Stock, Silvia Schütz und Regina Haidn. Sie sind Ansprechpartner in den Schulen, bringen die richtigen Jugendlichen und Paten zusammen und sichern somit auch die Qualität und Nachhaltigkeit dieses weithin anerkannten Projekts. „Mit dem jährlichen Workshop, den monatlichen Weiterbildungscoachings und den gemeinsamen Veranstaltungen haben wir die Möglichkeit, unseren Ehrenamtlichen Hilfe, Unterstützung und einen Erfahrungsaustausch anzubieten“, sagt Seischab.

Der Workshop, der auch von der Hanns-Seidel-Stiftung und dem regionalen Lions Club unterstützt wird, soll die neuen Ehrenamtlichen fit machen für ihr Ehrenamt.

Zum Workshop waren rund 20 angehende Paten sowie Christine Domek-Rußwurm, Vorsitzende der Rosenheimer Aktion für das Leben, Sepp Hofer, stellvertretender Rosenheimer Landrat, und Eggstätts Bürgermeister Christoph Kraus gekommen. Kraus betont, dass das Patenprojekt „eine wichtige und wertvolle Sache“ sei.

„Sinnvoll und
konstruktiv“

Domek-Rußwurm und Hofer sehen das ähnlich. „Ein sinnvolles, konstruktives Projekt“, meint Domek-Rußwurm, das auf Freiwilligkeit aller Beteiligten basiert. Es sei wichtig, jedem einzelnen Teilnehmer bei dem Projekt zu vermitteln: „Wir glauben an dich.“ Ein Jugendlicher wurde sogar selbst Pate: „Das war für uns der Ritterschlag“, freut sich Seischab.

Es gebe Hartz-IV-Familien in der dritten Generation. Ohne Begleitung würden sich zwei Drittel der Projektteilnehmer sicher schwerer im Leben tun, was wiederum einen höheren Kostenfaktor für die Gesellschaft nach sich ziehen würde. Eine ganz schöne Herausforderung, meinen die angehenden Paten. Sepp Hofer, seit 2010 selbst Pate, kann beruhigen. Er sehe sein Patenamt als „Win-win-Situation: Da kommt sehr viel zurück.“

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