Bad Endorf – „Stark sanierungsbedürftig, Größe der Erdgeschossfläche zu klein und nicht nachgefragt.“ Als Bad Endorf 2018/19 seinen Masterplan für das Integrierte Städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) schmiedete, stand das Haus des Gastes noch auf der Abschussliste. „Momentan noch im Eigentum der Marktgemeinde“ sollte es nach dem „Umzug der bestehenden Nutzungen ins Bürgerhaus“ veräußert werden. Nun wird es für circa 2,4 Millionen Euro saniert.
Stiftung übernimmt den Mammutanteil
Inklusive der Gestaltung der Außenflächen kostet das Projekt fast drei Millionen Euro. Zuschüsse in Höhe von etwa 1,7 Millionen Euro werden aus dem Städtebauförderprogramm ISEK erwartet. Bleiben 1,2 Millionen Euro. Der Großteil, so hieß es auf der jüngsten Gemeinderatssitzung, werde von der Stiftung Markt Bad Endorf GmbH getragen, der kommunale Haushalt nur mit der Differenz von 74000 Euro belastet. Doch was bringt ein schickes Haus des Gastes der Marktgemeinde?
700 Quadratmeter Grundstücksfläche
„Gefördert werden kann alles, was einen positiven Einfluss auf das Ortsbild hat“, war die Botschaft, die Städteplanerin Alexandra Franzke von der Schirmer Architekten und Stadtplaner GmbH im Dezember 2021 dem Gemeinderat überbrachte. Bad Endorf will auf der Grundstücksfläche von 700 Quadratmetern, auf der sich das Haus des Gastes und die dazugehörende winzige Grünfläche befinden, zwei Dinge erreichen: mehr Aufenthaltsqualität im Ortskern und eine Stärkung des Bauernmarktes.
Die ISEK-Anfänge reichen weit zurück. Schon 2016 hatte die Gemeinde ein Konzept mit städtebaulichem Masterplan und Maßnahmenkatalog erarbeitet, das als Basis für die Arbeit des Gemeinderates und für die städtischen Investitionen in den kommenden Jahren dienen sollte.
Es wurde in Fachforen, Bürgerwerkstätten, Gemeinderatsklausuren und unzähligen Diskussionen erarbeitet, um möglichst viele Ideen und Sichtweisen zu integrieren. Ein Vorhaben des Masterplanes: Die Bahnhofstraße sollte als Standort von Einzelhandel und Dienstleistung gesichert und der öffentliche Raum als Aufenthaltsbereich aufgewertet werden. Das Projekt „Neue Mitte“ sollte dabei den Rathausplatz sowie den Kirchplatz beinhalten und zur Stärkung der sozialen Funktion der Ortsmitte Orte der Begegnung geschaffen werden.
Das wird nun mit dem Haus des Gastes versucht. Der Bestand soll barrierefrei saniert und ein Anbau mit Terrasse in Holzständer-Konstruktion geschaffen werden. Künftig soll das Gebäude ebenerdig von der Hofseite aus zugänglich sein. Im Erdgeschoss entstehen Foyer und Mehrzweckraum für verschiedene Nutzungen. Eine Stahltreppe führt ins Obergeschoss, dessen Räume von Musikschule und Vereinen genutzt werden können. Unterm Dach wird für den Jugendtreff ein über zwei Geschosse reichender offener Raum mit neuer Küche, Bar und Dachterrasse geschaffen.
Das Dach soll mit drei Gauben seine ursprüngliche Gestaltung erhalten. Das Gebäude wird energetisch saniert. Der Keller soll trockengelegt werden und künftig als Technikraum und Lager dienen. Alle Etagen sind künftig mit Fahrstuhl erreichbar. Das Haus des Gastes ist ans Fernwärmenetz angeschlossen. Auch eine PV-Anlage ist vorgesehen.
Der winzige Park hinter dem Haus des Gastes soll für mehr Aufenthaltsqualität sorgen. Die Fläche von 15 mal 15 Metern soll künftig mit einem zentralen Baum, kleinformatigem Granitpflaster und Pflanzeninseln gestaltet werden. Sitzelemente im Zugangsbereich von der Bahnhofstraße und im Grenzbereich zu den Nachbargrundstücken sowie mobile Pflanztröge sollen zum Verweilen einladen. Flächen für mobile Marktstände und ein hölzerner Versorgungspavillon – ausgestattet mit Gastro-Küchenelementen und Spülstation – sollen den Rahmen für Veranstaltungen geben. Vor allem für den Bauernmarkt, aber auch für Fasching oder Weihnachtsmarkt.
Johann Webersberger (CSU) hinterfragte die Kostensteigerung des Projektes um 35 Prozent innerhalb eines Jahres. Drei Millionen Euro für das Haus des Gastes zeigten, dass es keine „Pinselsanierung“ und das Projekt im Vergleich zur Machbarkeitsstudie gewachsen sei, erläuterte Bürgermeister Alois Loferer (CSU). Damit sei es aber auch „förderfähiger“ geworden. Martin Lauber (ÜWG/FW) forderte für seine Fraktion ausreichend Zeit, um die Unterlagen in Ruhe zu studieren und einschätzen zu können, ob sich der zentrale Bereich mit diesem Projekt homogen entwickle. Der Bürgermeister beruhigte ihn, dass „alles aus einem Guss“ sei.
Annelinde Maier vom Bauamt der Gemeinde bezeichnete die Sanierung des Haus des Gastes als „passenden ersten Schritt aus einem Gesamtkonzept“. Wolfgang Kirner (SPD) plädierte für eine sinnvolle „Bauteiltemperierung“, damit das gesamte Gebäude trockengelegt und auch der Keller sinnvoll genutzt werden könne. Diese Kosten müssen vom Architekturbüro nun zusätzlich in die aktuelle Kalkulation aufgenommen werden.
Gerhard Schloots (Fraktionslos) erinnerte daran, dass sich der Gemeinderat für die Sanierung eine Obergrenze von 900000 Euro als Stiftungsanteil gesetzt habe. Um das einzuhalten, müssten Abstriche gemacht werden. Zudem gab er zu bedenken, dass der kleine Park am Haus des Gastes viel zu klein für den Bauernmarkt sei. Trotzdem wurde das Projekt mit 15:3 Stimmen vom Marktgemeinderat zur weiteren Bearbeitung durch das Architekturbüro freigegeben. Ein zusätzliches Konzept zur Bauteiltemperierung befürwortete der Gemeinderat einstimmig.
Andere Projekte werden geschoben
In der anschließenden Haushaltsdebatte zeigte die Fraktion von Überparteilicher Wählergemeinschaft und Freien Wählern der Verwaltung mit einem „Nein“ zum Haushalt die „Gelbe Karte“, wie es Helmut Fleidl formulierte. Denn viele Projekte müssten aufgrund fehlender finanzieller Mittel auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Darunter das Sturzflutrisikomanagement, ein neues Feuerwehrhaus für Hemhof, der Breitbandausbau und auch das Moorbad, für das sich die Bad Endorfer in einem Bürgerentscheid entschieden hatten.
Hätte Naturbad Vorrang?
Martin Lauber (ÜWG/FW) brachte es auf den Punkt: „Das Haus des Gastes ist keine Pflichtaufgabe und wird trotzdem saniert.“ Das Naturbad am Standort des geschlossenen Moorbads habe auf Grundlage des Bürgerentscheids Vorrang. „Doch seit Jahren werden die Bürger an der Nase herumgeführt. Deshalb sollten sie gegen diese Entscheidung klagen.“