Ringen um neue Baugenehmigung

von Redaktion

Zu Besuch im Waldkindergarten Waldwichtel bei Patting/Riedering

Riedering – Widerspricht eine zweite Gruppe Waldwichtel der Darstellung des Flächennutzungsplanes? Ja, sagt das Landratsamt. Jein, sagt der Riederinger Geschäftsleiter Hannes Lang. Nein, meinen die Betreiber und Pädagoginnen des Waldkindergartens sowie die Eltern der Waldkindergartenkinder. Was nun also? 2015 wurde vom Landratsamt Rosenheim eine Baugenehmigung (Bau eines Rundholzpavillons als Unterstand) erteilt, der aber nicht errichtet wurde. Nunmehr ist die Genehmigung abgelaufen.

Ringen um
einen Pavillon

Um eine zweite Gruppe einrichten zu können, beantragte der Waldkindergarten 2022 erneut eine Baugenehmigung für genau dieses Projekt. Einen Unterstand aber sieht das Landratsamt inzwischen nicht mehr als genehmigungsfähig an. „Wir alle, also Betreuer und Eltern, wollen dafür mitanpacken“, sagt Lydia Fuchs, Leiterin des Waldkindergartens. Eigentlich eine schöne Sache, sagt Lang. Aber hier greife eben Paragraf 35 Abs. 4 BauGB. Dementsprechend dürfe es auf jener Fläche, im Flächennutzungsplan als Landwirtschaftliche Fläche gekennzeichnet, keine Bebauung geben. Ob allerdings eine Hütte öffentliche Belange beeinträchtigt, wage er zu bezweifeln. Derzeit laufen in der Verwaltung die Arbeiten für die Neuaufstellung des Flächennutzungsplans auf Hochtouren. Aber bis alle Genehmigungen eingeholt sind, werde es noch mindestens ein bis zwei Jahre dauern. Laut Lang besteht Bedarf für eine zweite Gruppe. Alle vier Kindergärten der Gemeinde sind voll ausgebucht. Eine Schutzhütte für die vielen Anforderungen an eine kindergartengerechte Pädagogik – ob draußen oder drinnen – reicht da nicht aus. „Wir sind ein integrativer Kindergarten,“ betont Lydia Fuchs. Logopädie, Frühförderung, Vorschule, alles Themen, mit denen die Betreuerinnen im Waldkindergarten-Alltag zu tun haben. Aber nun kommt erschwerend hinzu, dass ab dem neuen Kindergartenjahr ein Kind, das besondere Aufmerksamkeit braucht oder verhaltensauffällig ist, verpflichtend drei Plätze (statt bisher einem) und Kinder unter drei Jahren zwei Plätze beanspruchen. Natürlich können solche Vorlagen über das Jahr gestreckt beziehungsweise aufgeweitet werden. Aber – und das ist der zweite Knackpunkt: Es ist ein Waldkindergarten. Heißt, die Kinder müssen sich erst an die neue Umgebung gewöhnen, müssen Regeln und Grenzen innerhalb des erlaubten Spiel-Areals kennenlernen und sie müssen lernen, sich den ganzen Kindergartentag lang auch bei Kälte und Nieselregen zu bewegen. „Da sind wir anfangs als Betreuerinnen sehr stark gefragt,“ betont Lydia Fuchs.

Nicht jedes Kind könne deshalb unter dem Jahr dazukommen, selbst wenn Plätze frei werden. Und da der Waldkindergarten ein Verein ist, müssen Eltern auch akzeptieren mit anzupacken, wenn Not am Mann ist. „Das Landratsamt sieht das Kind nicht,“ die haben kein Gespür für einen Waldkindergarten, sagt Lydia Fuchs noch.

Dabei ist ein Besuch des Waldkindergartens sehr aufschlussreich. Nach dem Morgenkreis teilen sich die Kinder in zwei Gruppen auf. Schon das Abzählen wirkt vorschulgerecht. Die Feuersalamander bleiben heute auf der Waldseite, die Adler gehen auf die sogenannte Sonneninsel.

Dafür müssen sie die Straße überqueren. Betreuerin Elisabeth Hallmann steht mit am Straßenrand, gemeinsam gucken sie erst nach rechts, dann nach links, ehe sie in den Wald hinein laufen. Idyllisch präsentiert sich die Spielfläche: Ein kleiner Bach mäandert durch ein Mini-Tal, ein Tarp, ein paar Baumstämme markieren das Areal, man hört das Rauschen der Blätter und Vogelgezwitscher.

Schaufeln in
„Golderde“

Bene und Marinus schaufeln „Golderde,“ während Helene und Rosa sich in ein Rollenspiel vertiefen. Lucia hingegen steht heute mehr der Sinn nach Alleinsein, sie bereitet den bodentiefen Tisch, vulgo Waldboden, für die spätere Brotzeit vor. Sorgfältig drapiert sie Moos und Tannenzapfen, ehe sie doch zu ihren Freundinnen läuft.

Ehe sich später bei der Pause die Brotzeitdosen öffnen, waschen sich die Kinder nach und nach mit Lava-Seife die Hände. „Unsere Kinder haben ein großes Forstwissen, sie können Bäume und Giftpflanzen bestimmen und sind überhaupt sehr eigenständig,“ loben die beiden Betreuerinnen.

Ob dieses Argument allerdings beim Kampf gegen die Mühlen der Bürokratie hilft, bleibt abzuwarten.

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