Mühldorf – Seit Ende 2020 untersucht ein Forschungsprogramm das Abwasser einiger Städte in Bayern auf Coronaviren, 2022 hat das Landesamt für Gesundheit diese Aufgabe übernommen und erweitert. Wie Gesundheitsministerin Judith Gerlach jetzt mitgeteilt hat, wird neuerdings auch nach Grippeviren im Abwasser gesucht. In der Region nehmen Kläranlagen im Landkreis Traunstein, im Berchtesgadener Land und in Altötting daran teil. Insgesamt gibt es laut Gerlach 30 Messstellen in Bayern.
Bei der Vorstellung der Ausweitung betonte Ministerin Gerlach: „Wir haben mit dem Abwassermonitoring während der Corona-Pandemie ein modernes und effizientes Tool zur Überwachung des Infektionsgeschehens eingerichtet.“ Zusammen mit den Meldungen der Infektionsfälle durch Ärzte und Kliniken erhalte der Freistaat so einen guten Überblick über die aktuellen Infektionszahlen in Bayern.
Wenige Standorte
in der Region
Die Grippe-Werte an den heimischen Messstellen sind derzeit auf eher niedrigem Niveau, einige Messstellen zeigen leicht steigende Tendenzen sowohl der Corona- als auch der Grippeviren an. Nach Einschätzung von Fachleuten werden diese mit Beginn der Wintermonate allerdings steigen. Nach Angaben der Sprecherin des Landesamts für Gesundheit, Martina Junk, stellt die Überwachung des Abwassers, das sogenannte Monitoring, Gesundheitsbehörden, Politikern und der Bevölkerung öffentlich Erkenntnisse zur Entwicklung des Infektionsgeschehens bei Grippe und Corona bereit. „Durch das aktuell bestehende Netzwerk werden rund 30 Prozent der bayerischen Bevölkerung abgebildet und es werden neben Großstädten auch kleinere Städte beziehungsweise ländlichere Regionen erfasst.“ Auffallend ist, dass es in weiten Teilen des Freistaats keine Überwachungsstellen gibt, sich diese aber in anderen Bereichen wie im Südosten Oberbayerns rund um Bad Reichenhall häufen. Städte wie Mühldorf, Waldkraiburg, Wasserburg oder Rosenheim sind dagegen nicht erfasst. „Die Auswahl der Standorte wurde in Zusammenarbeit mit unserem universitären Kooperationspartner, dem Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft der Technischen Universität München, getroffen“, sagt Sprecherin Junk dazu. „Neben der Größe des Standorts sind weitere Faktoren wie das Einzugsgebiet, das Kanalsystem und der Anteil an industriellen Fremdeinleitern entscheidend.“ Zudem sei darauf geachtet worden, dass mindestens zwei Standorte pro Regierungsbezirk vertreten seien.
Der Landkreis Berchtesgadener Land hatte bereits im November 2020 als Modellprojekt mit der Abwasserüberwachung begonnen. „Dies wurde bundesweit als Beispiel herangezogen“, erläutert die Sprecherin. Frühe Standorte wie Berchtesgaden wurden weitergeführt, um möglichst lange Datenreihen zu erheben und die bereits etablierten Strukturen weiterzunutzen. Ein weiterer Vorteil dieser Standorte sei es, dass auch der Einfluss von Tourismus und damit Saisonunterschiede untersucht werden können. Aktuell fließen die Proben aus Altötting, Berchtesgaden, Bad Reichenhall, Piding, Teisendorf, Freilassing, Ebersberg, Grafing, Glonn, Freising, Ingolstadt, München, Starnberg, Passau, Straubing, Regensburg, Weiden, Bayreuth, Hof, Erlangen, Nürnberg, Aschaffenburg, Schweinfurt, Augsburg, Stadtbergen, Königsbrunn, Schwabmünchen, Zusmarshausen, Kempten und Neu-Ulm in das Abwassermonitoring ein. Die Probenentnahme erfolgt zweimal in der Woche, sie werden laut Ministerin Gerlach im Landesamt untersucht.
Sieben Standorte
im Freistaat
Nach Angaben von Prof. Christian Weidner, Präsident des Landesamts, finanziert der Freistaat sieben Standorte mit mehr als 2,1 Millionen Euro. Kempten führt nach seinen Angaben das Abwassermonitoring unter kommunaler Federführung durch. Der Bund stellt für die übrigen 22 Standorte im Rahmen des Projekts „Abwasser-Monitoring für die epidemiologische Lageüberwachung“ (AMELAG) Geld zur Verfügung.