Schechen – „Wir hatten zwei Werktage Vorwarnung, dass ab Montag, 8. Juli, die Krippe nur noch bis 12.30 Uhr und nicht mehr bis 16 Uhr geöffnet ist“, sagt eine erboste Mutter, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Wie solle sie denn da die Betreuung ihres jüngsten Kindes organisieren? „Mein Kind ist ja nicht in der Krippe, weil ich mich nicht kümmern will, sondern weil ich arbeiten muss.“ Bis 14 Uhr. Großeltern gibt es in der Nähe keine, „ich werde wohl auf Nachtarbeit umsteigen müssen“.
Ärger über
Gemeinde
Das habe sie mit ihrem Arbeitgeber aber auch erst klären müssen. Andere Eltern von Krippenkindern haben nicht so flexible Arbeitgeber, berichtet sie. Zum Teil habe es richtig Ärger gegeben.
Die Gemeinde müsse das doch eher gewusst haben, so der Vorwurf der Eltern. Hat sie nicht. Der Geschäftsleiter der Gemeinde, Karl-Heinz Salzborn, hat volles Verständnis für die Sorgen und den Ärger der Eltern, vor allem der Mütter. Aber: Eine Mitarbeiterin musste von heute auf morgen aufhören, „und wenn zwei in einer Gruppe weg sind, haben wir ein Problem“. Von heute auf morgen aufhören, dafür gibt es wenige Gründe: eine plötzliche Erkrankung, ein Unfall oder eine Schwangerschaft. Welcher zutrifft, sagt Salzborn natürlich nicht. Darf er auch gar nicht. Aber: „Wir haben keine andere Lösung. Es tut uns selbst sehr leid, dass wir so reagieren mussten.“
Er wisse, wie schwierig die Lage für arbeitende Eltern sei und sei froh, die Betreuung bis 12.30 Uhr anbieten zu können. „Die Situation ist auch für die Verwaltung kein Spaß.“
Vielleicht gebe es ja die Möglichkeit, dass sich Eltern zusammentun und diejenigen, die die Möglichkeit haben, andere Kinder noch mit übernehmen, hofft er. Weiß aber auch: Wenn jetzt noch jemand krank wird, „dann müssen wir dichtmachen“.
Salzborn löscht seit 14 Tagen Brände in der Kita und der Mina, der Mittags- und Nachmittagsbetreuung. Wie in vielen anderen Gemeinden ist auch in Schechen der Mangel an Fachpersonal das Hauptproblem. „Ich habe kein Rezept, wie wir das lösen sollen“, gesteht Salzborn.
Das Hauptproblem: Es muss in jeder Gruppe eine Fachkraft, also eine Erzieherin oder ein Erzieher anwesend sein. Eine Kinderpflegerin reicht nicht. „Das ist mittlerweile nur noch in Bayern so, alle anderen Bundesländer haben‘s abgeschafft“, ärgert sich Salzborn. Diese Haltung des Freistaates sei, „wie mit dem Ferrari in der 30er-Zone zu fahren“.
Stellenanzeigen „laufen eh dauernd“, aber der Markt ist laut Salzborn leer gefegt. Über Tarif bezahlen darf die Gemeinde nicht. Zudem könnten die Fachkräfte bei der Suche nach einem neuen Job einfach aus dem Vollen schöpfen und sofort den Arbeitsplatz wechseln, wenn sie nicht mehr mögen. Da helfe es nicht, wenn sich manche Eltern gegenüber den Mitarbeiterinnen grenzwertig benähmen. Dann gehen die womöglich einfach.
Personell
auf Kante genäht
Mit dem neuen Kindergartenjahr verdoppelt sich der Betreuungsbedarf in Kita und Mina fast. Zwei Vollzeitkräfte als Erzieherin bräuchte die Gemeinde dringend. Mit Glück fände man eine, befürchtet Salzborn. Dann könne es, ganz eng auf Kante genäht, relativ normal weitergehen in der Kita Sonnenschein. „Aber jede Kleinigkeit haut uns das Kartenhaus zusammen.“