Artistik auf Motorrad-Oldtimern

von Redaktion

Interview Mit-Organisator Marinus Süß über die Faszination Classic Trial

Kiefersfelden – Marinus Süß (20) ist seit vergangenem Jahr Sportleiter der Sparte Motorrad bei der MTG Kiefersfelden. Zusammen mit seinen Vorstandskollegen organisiert er die diesjährige Austragung der Süd-Classic-Trial in Kiefersfelden im „Paradies“.

Trialfahren – was ist das eigentlich?

Der Ursprung des Sports liegt in England, als zu Beginn des 20. Jahrhundert Motorradfahrer versuchten, mit den damaligen Motorrädern unwegsames Gelände zu durchqueren. Natürlich spezialisierten sich sowohl die Maschinen als auch der Fahrstil im Lauf der Zeit. Heutzutage geht es darum, auf den vorgegebenen Routen, den sogenannten „Sektionen“, das Motorrad so gut zu beherrschen, dass beim Durchfahren von Gräben und Schlamm oder bei hohen Stufen und engen Kehren kein Fuß auf dem Boden abgesetzt wird. Eine spezielle Bauweise der Motorräder, mit besonders niedrigem Gewicht, einer kurzen Übersetzung und einem sehr niedrigen Reifendruck ermöglicht die Beherrschung des Geländes, wo man als Fußgänger keine Chance mehr hätte. Bemerkenswert ist auch die fehlende Sitzbank, denn Trial wird ausschließlich im Stehen gefahren.

Welche Motorräder sind am Start?

Bei der Classic Trial sind historische Liebhaberstücke am Start, die oft Projekte umfangreicher Restaurationen sind. Mein eigenes Motorrad, eine DKW 175 aus dem Jahr 1956, habe ich im vergangenen Winter komplett auseinandergebaut und frisch restauriert. Ich freue mich sehr darauf, damit hier zu starten. Die Motorräder in den drei Klassen unterscheiden sich nicht nur vom Baujahr her, sondern auch durch die unterschiedliche Konstruktion: „Pre 65“ ist die älteste Kategorie, in der Motorräder mit einem Baujahr vor 1965 zu finden sind, die hatten noch Trommelbremsen. Etwas jünger ist die Kategorie „Twinshock“ mit zwei Stoßdämpfern, die bis Ende der 80er-Jahre gebaut wurde, die letzte Klassik-Kategorie ist dann „LuMo“, die bereits mit Scheibenbremsen ausgestattet waren und bis etwa Mitte der 90er-Jahre gebaut wurden. Damit das Starterfeld aber nicht so eingegrenzt ist, sind auch extra Spuren für moderne Trialmotorräder ausgesteckt, denn die haben ganz andere Fahreigenschaften als die Klassik-Modelle.

Wer fährt Trialmotorrad?

Im Verein fahren Kinder ab acht Jahren aktiv Trial, natürlich mit speziellen Kindermotorrädern. Gleichzeitig sind auch die Senioren über 70 regelmäßig beim Training anzutreffen. Auch einige Frauen sind bei diesem Sport dabei, bei dem vor allem Körperbeherrschung und Balance zählen. Den Unterschied macht nur das Können, nicht Alter oder Geschlecht. Ein ehemaliger Trialfahrer des MTG Kist, heute Weltmeister im Hard-Enduro-Fahren, Manuel Lettenbichler, wurde kürzlich zum dritten Mal Sieger im härtesten Enduro-Rennen der Welt, dem Erzbergrodeo. Er hat hier seine Begeisterung fürs Geländefahren entdeckt und ist dem Verein bis heute treu.

Wie funktioniert die Bewertung?

Wir fahren zwei Wertungsläufe mit jeweils vier Stunden. Start ist Samstag um 12 Uhr und am Sonntag um 10 Uhr. Im Gegensatz zu den meisten anderen Motorsportarten ist hier weniger die gefahrene Zeit das Wichtigste als die Beherrschung des Zweirads. Jedes Absetzen des Fußes auf dem Boden ist ein Minuspunkt, noch schlimmer ist es natürlich, wenn der Motor abstirbt oder der Fahrer komplett absteigen muss. Die Zeit ist nur insofern wichtig, als dass man alle 14 Sektionen innerhalb der vier Stunden komplett durchfahren haben muss. Das Zählen der „Füße auf dem Boden“ übernimmt beim Classic Trial die Gruppe, die gemeinsam fährt, selbst. Fairness und der Spaß an der Sache sind wichtige Zutaten bei diesem Sport.

Warum ist die Süd-Classic-Trial in Kiefersfelden für Zuschauer interessant?

Grundsätzlich ist das eine Veranstaltung für die ganze Familie, denn für Zuschauer ist es natürlich spektakulär, wenn man ganz nahe an der Strecke stehen und alle Fahrmanöver genau sehen kann. Da geht es dann mal durch den Bach, über Baumstämme, Felsbrocken oder steile Auf- und Abfahrten, die teilweise ganz schön rutschig sein können, wenn es nass ist oder Geröll darauf liegt. Durch die langsame Fahrweise besteht für Zuschauer keine Gefahr, aber es ist spannend, an schwierigen Sektionen die unterschiedlichen Fahrstile zu vergleichen, die dann über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Sicher kann man in den Pausen auch mal mit dem einen oder anderen Fahrer ins Gespräch kommen um über Technik im Fahrstil oder am Motorrad zu „fachsimpeln“. Bei uns herrscht immer eine gemütliche, familiäre Atmosphäre. Ein Plan der Sektionen wird ausgehängt, damit man sich auf dem Gelände orientieren kann. Schlussendlich soll aber auch noch unsere exzellente Bewirtung erwähnt werden. An den beiden Tagen gibt’s ab 8 Uhr Frühstück und gekocht und gegrillt wird den ganzen Tag über, dazu gibt es selbst gebackenen Kuchen. Die Anfahrt ist ab der Autobahnausfahrt Kiefersfelden ausgeschildert.

Interview: Karin Sönmez

Süd-Classic-Trial

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