Flintsbach – In der jüngsten Gemeinderatssitzung hat Flintsbachs Bürgermeister Stefan Lederwascher eine Bilanz des Katastrophenmontags vom 3. Juni gezogen, als nach heftigen Sturzregen Wassermassen Flintsbach überschwemmten. Dieser Tag werde, wie in vielen anderen Gemeinden des Inntals, in die Geschichtsbücher eingehen, so der Bürgermeister.
Lederwascher erklärte, dass Flintsbach bei Starkregenereignissen mehrere Problemzonen habe, die schon seit längerer Zeit bekannt seien. Prinzipiell könne es auch im Inntal zu extremen Unwettern, Sturzregen und Überschwemmungen kommen. Der Gemeinderat hat daher bereits vor einigen Jahren beschlossen, dass sich die Gemeinde am integralen Konzept des Freistaats zum Sturzflut-Risikomanagement beteiligt. Ziel dieses Managements ist es, durch vorausschauende Betrachtungen eine zielorientierte Vorsorge sowohl auf kommunaler als auch auf privater Ebene zu ermöglichen. Dazu sind zwei Ingenieurbüros eingeschaltet worden, deren Arbeit vom Rosenheimer Wasserwirtschaftsamt begleitet werde, um die Gemeinde fachlich zu beraten. Man habe, so der Bürgermeister, verantwortungsvoll in die richtige Richtung gedacht.
Vollständiger Schutz
nicht möglich
Gleichzeitig räumte Lederwascher ein, dass ein vollständiger Schutz vor allen potenziellen Überflutungsereignissen nicht möglich sei. Daher sei auch die Eigenvorsorge elementar wichtig, betonte Lederwascher, und empfahl allen Hauseigentümern, zum Beispiel durch den Abschluss von Versicherungen für entsprechenden Schutz zu sorgen.
Nachteilige Folgen durch den Starkregen und das Hochwasser konnten jedoch erheblich durch den schnellen Einsatz vieler Helfer gemildert werden. Sein Dank galt insbesondere den beiden Ortsfeuerwehren der Gemeinde, die von ihren Kameraden aus Schönau und Söchtenau unterstützt wurden, der Polizei sowie allen anderen Hilfsorganisationen und den zahlreichen Helfern, die vor Ort gewesen seien, um in der Not zusammenzustehen und zu helfen. „Die gegenseitige Unterstützung in der Gemeinde war vorbildlich“, sagte der Bürgermeister.
Nachdem der Dauerregen bereits Tage zuvor begonnen hatte, setzte am Katastrophenmontag gegen 16 Uhr lang anhaltender Starkregen ein. Lederwascher hatte zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Stunden die neuralgischen Punkte beobachtet und dabei Stellen entdeckt, an denen noch nie Wasser ausgetreten war, das nun fontänenartig aus dem Boden sprudelte.
Den ganzen Tag über waren die beiden Gemeindefeuerwehren bereits in benachbarte Gemeinden ausgerückt, um dort Hilfe zu leisten, als sich die Ereignisse in Flintsbach zuspitzten.
Ein spektakuläres Ereignis, das für großes mediales Interesse sorgte, hatte sich schließlich ereignet, als ein zwölf Meter breites Mauerstück an der Burgruine Falkenstein durch den Druck der Wassermassen förmlich weggesprengt wurde, so Lederwascher. Es habe die Gefahr bestanden, dass weitere Erdrutsche folgen könnten.
In der Folge mussten zahlreiche Anwohner aus Sicherheitsgründen aus ihren Häusern evakuiert werden. Die Straße unterhalb der Burg habe sich zeitweise in einen Wildbach verwandelt, sodass sich Geröllmassen über die Staatsstraße ergossen und diese unpassierbar gemacht hätten.
Lederwascher betonte, dass das auslösende Ereignis nicht der unter Wasser stehende Hof der Burg gewesen sei. Später erst sei man darauf gekommen, dass die von den Wassermassen gelösten Verklausungen einiger Wildbäche den Hangrutsch verursacht hätten.
Nicht nur an der Burgruine habe es Probleme gegeben, sondern das gesamte Gemeindegebiet sei in Mitleidenschaft gezogen worden. Zwischen Kirnstein und Brannenburg sind mehrere Muren abgegangen, der Sportplatz war völlig überschwemmt und zahlreiche Keller standen unter Wasser.
Gemeinderatsmitglied Jörg Benkel, gleichzeitig auch Kommandant der Flintsbacher Feuerwehr, berichtete von 37 vollgelaufenen Kellern, zu denen die Feuerwehr gerufen worden sei. Bei der Aufarbeitung des Einsatzgeschehens einige Tage später habe sich herausgestellt, dass der Integrierten Leitstelle noch weitere 31 Einsätze vorlagen, von denen die Feuerwehr am 3. Juni keine Kenntnis gehabt habe. Dies sei auf die Überlastung der Koordinierungsstelle im Landratsamt oder auf EDV-Einstellungen zurückzuführen. Da weder der Gemeinde noch der Feuerwehr Beschwerden der Anrufer vorliegen würden, sei positiv zu vermerken, dass sich die Betroffenen weitgehend selbst geholfen hätten. Ein Thema, das insgesamt noch aufzuarbeiten sei, so Benkel.
Lederwascher betonte, dass Flintsbach einer zweifachen Katastrophe entgangen sei. Denn die Auffangbecken an den Gräben Hundsgraben und Maigraben seien bis zum Maximum gefüllt gewesen. Es habe anfänglich die Gefahr bestanden, dass die Dammmauern hätten bersten und sich ins Tal ergießen können. Zwischenzeitlich sei sofort von der Gemeinde ein Geologe, das Wasserwirtschaftsamt, sowie einige weitere Behörden eingeschaltet worden, die die Schadensstellen begutachtet haben, um weitere Maßnahmen abzuleiten, die zwischenzeitlich bereits begonnen wurden.
Gemeinderat Bernhard Pichler (CSU) mahnte an, dass die Zuwegung zum Petersberg und zur Asten schnellstmöglich wiederhergestellt werden müsse, da die Wiederherstellung Zeit beanspruchen würde und dieser Bereiche mit Einsetzen des ersten Schneefalls sonst nicht mehr mit Fahrzeugen erreichbar wären. Der Petersberg und die Hohen Asten sind aktuell auf Wanderwegen über den Steig beim „Wagner am Berg“ wieder erreichbar.
„Kosten können wir
allein nicht stemmen“
„Die Kosten für die Schadensbeseitigung und für die Wiederherstellung von Straßen und Infrastruktur können wir alleine nicht stemmen“, sagte Lederwascher, der die Schäden vorsichtig auf eine Million Euro schätzt. Zwischenzeitlich habe die Gemeinde verschiedene Ministerien angeschrieben und um finanzielle Hilfe gebeten.
Statt der angekündigten Unterstützung hätten Ministerien, darunter auch das Wirtschaftsministerium, und einige Behörden jedoch mitgeteilt, dass sie nicht zuständig seien. Weitere Ministerien hätten bis heute noch nicht auf die Unterstützungsgesuche der Gemeinde geantwortet. Aus Erfahrungen früherer Schadenseereignisse anderer Kommunen wisse Lederwascher, dass die Verwaltungen rund zwei bis drei Monate Vorlauf benötigten, bis finanzielle Mittel bereitgestellt werden könnten.
Die Gemeinde erwarte sich aus der Fortführung des Sturzflut-Risikomanagement-Projekts bis zum Herbst Lösungsansätze, die dann dem Gemeinderat und den Bürgern vorgestellt werden sollen.