Kiefersfelden – Familienfest, Dorffest, Firmenfest oder doch Festival? So genau konnte man das beim Kurpark-Open-Air 2024 am vergangenen Samstag nicht sagen. Fest steht, dass diesmal die ganz große Besetzung aufgefahren wurde, sechs Bands, die zum Teil auf Bühnen mit zehnmal so viel Zuhörern auftreten und das alles für sechs Euro Eintritt. Veranstalter war die Musikkapelle Kiefersfelden zusammen mit dem IT-Dienstleister Itelio mit Geschäftsführer Tobias Kurz, der sich zum 20-jährigen Firmenjubiläum dieses Fest für alle gewünscht und geleistet hat. Die „Lederhosen-Punks“ von LaBrassBanda mit ihrem Frontmann Stefan Dettl waren das große Zugpferd, aber die anderen fünf Bands standen den Superstars des Heimatsounds in nichts nach.
16 Instrumente
für vier Musiker
Das Onkel Bazi Orchester mit Bene Mies und seinen drei Musikanten aus Nußdorf kann man durchaus als Orchester bezeichnen, haben sie doch 16 Instrumente und jede Menge Stilrichtungen in ihrem Tour-Bus. Sie können Zitherklänge aus der E-Gitarre hervorzaubern und mühelos zu Westernmusik wechseln, intonieren perfekt die „Comedian Harmonists“, weil sie auch super als Gesangsquartett harmonieren, können aber auch Pop und Rock. Man hätte ihnen noch gerne länger zugehört, aber wie das bei solchen Festivals so ist: Nach einer Stunde ist Schluss, Bühnenumbau, frisches Getränk holen und wieder zurück in die Menge vor der Bühne, die immer dichter wurde.
Auch der zweite Gang war durch und durch regional, Strawanza mit sechs Musikern aus dem Inntal bedient musikalisch verschiedene Genres und lässt so sich schwer in eine Schublade stecken. In manchen Passagen muten sie fast wie eine Art „Boarisch Police“ an, sie schreiben und komponieren ihre Lieder selbst und nehmen ihren Bandnamen Strawanza ernst: herumstreunen und schauen, was so los ist auf der Welt.
Mit der dritten Band D’Hundskrippln kamen fünf Männer auf die Bühne, die ihrem Namen alle Ehre machten. Viele Songs wie „Amerika“ oder „Gloana Bauer“ konnte das Publikum laut mitsingen. Der zweite Zwischengang war mit Folkshilfe aus Österreich importiert und präsentierte eine besondere Spezialität mit Heimatsound-Hits wie „Schena Mensch“. Ihren Stil bezeichnen sie als „Quetschn-Synthi-Pop“, ist aber insgesamt schwer einzuordnen. Die drei Musiker legen sich nicht auf eine Richtung fest und passen daher nach eigener Aussage nirgendwo hin und überall.
Mittlerweile war die Zuhörerzahl auf rund 3000 angewachsen. Der im Sonnenuntergang leuchtende Kaiser im Hintergrund und der aufsteigende Vollmond boten ein atemberaubendes Hintergrund-Szenario. Eine spektakulärere Bühne kann man sich nicht vorstellen. Wie immer in Lederhosen und barfuß sprangen Stefan Dettl und seine sieben Musiker unter großem Freuden-Gejohle auf der Bühne. Leider kann man beim gehetzten Sprechgesang von Frontmann Stefan Dettl so gut wie nichts verstehen, dabei handelt es sich bei „Autobahn“ um eine sehr emotionsbeladene Geschichte von Kündigung, vermutetem Seitensprung und Flucht an den Gardasee.
Sie brachten das Publikum in Höchststimmung, angefeuert von Stefan Dettl, der zudem einen Appell an die Verteidigung der Menschenrechte an das Publikum richtete. Sie stimmten aber auch leise Töne an wie die Ballade „Berg“ und sind in ihren instrumentalen Interpretationen sehr experimentierfreudig.
Einer der LaBrassBanda-Trompeter, Korbinian Weber, stammt aus Oberaudorf. Er kündigte stolz die letzte Nummer an. Ein feiner Zug der Kollgen von LaBrassBanda, dass sie den jungen Musikanten den letzten Akt überlassen haben.
Luegstoa C, sieben junge Musiker aus Oberaudorf und Kiefersfelden, wegen denen das Kurpark-Open-Air überhaupt ins Leben gerufen wurde und nun zum vierten Mal stattfand, bildeten den Abschluss dieses musikgeladenen Tages. Korbinian Weber hörte man es an, wie sehr ihn das bewegte, denn alle Mitglieder von Luegstoa C waren seine Schüler, lernten das Zusammenspielen in seiner Bläserklasse und haben nach ihren Aussagen ganz schön was abgekriegt, wenn sie ihm nicht gut genug waren. Aber nur so lernt man das Werkzeug für die großen Bühnen.
Die Grenzen zwischen Profis und Amateuren sind bei den Bands nicht mehr auszumachen. Natürlich sind die Mitglieder von LaBrassBanda, Folkshilfe und D’Hundskrippln Profis und verdienen ihr Geld mit Musik. Aber auch wenn die Musiker vom Onkel Bazi Orchester, Strawanza und Luegstoa C einer Arbeit nachgehen, lernen oder studieren, sie sind perfekt ausgebildet, zum Beispiel von Korbinian Weber, haben eine unbeschreibliche Lust auf gute Musik, sind kreativ und echte Show-Talente.
Professionelle Bühnenpräsenz
Luegstoa C hat sich von einer Jugendband zu einer Band mit professioneller Bühnenpräsenz gemausert und heizte dem Publikum ein wie ihre berühmten Vorbands mit ihren selbst geschriebenen Liedern und den fetzigen Sprüchen von Frontmann Christian Gruber. Perfekt einstudierte Bläsersätze (Martin Kurz, Jakob Schmid, Sebastian Fürbeck, Wasti Baumann), Keyboard (Christian Gruber, Wasti Baumann), Schlagzeug (Christoph Maier) und Gitarre (Georg Hiemer) erzeugen den typischen Luegstoa-C-Sound. Ihre Hits wie „Raketn Liad“ mit dem Tuba-Solo von Georg Hiemer oder „Kopfverdrahn“ verdrehen nicht nur den jungen Leuten, sondern dem gesamten gemischten Festival-Publikum den Kopf. Und vielleicht hat „Auer vs Fletz“ im Duo mit Georg Hiemer und Christian Gruber irgendwann das Zeug zum Wiesnhit. Heimspiel der Lokalmatadoren und fulminantes Ende einer großartigen Menü-Komposition.