Rohrdorf – Die Bürger zu Wort kommen lassen, ihnen Antworten auf ihre Fragen geben und auch eventuelle Ängste nehmen – unter dieser Prämisse stand der Infoabend mit Landrat Otto Lederer am vergangenen Dienstag in Lauterbach, organisiert vom Rohrdorfer CSU-Ortsverband. Auf dem Grundstück von Peter und Verena Bauer hatten sich zahlreiche Rohrdorfer, vor allem Lauterbacher, eingefunden. Aber auch aus der Nachbargemeinde Riedering waren Bürger und Kommunalpolitiker gekommen. Allesamt wollten sie die Gelegenheit nutzen, um dem Landrat ihre Fragen zu den Themen Brenner-Nordzulauf, Asylpolitik und Hochwasser zu stellen.
Flüchtlingsunterkunft
im Fokus
Ein Thema nahm einen Großteil der Veranstaltung in Anspruch: die Flüchtlinge. Die Wahl des Veranstaltungsortes sei deswegen auch nicht zufällig so ausgefallen, wie CSU-Ortsvorsitzende Angelika Kästner eingangs erklärte. Denn vom Grundstück der Bauers hat man quer übers Feld einen Blick auf das Gut Spreng. In der ehemaligen Klinik plant das Landratsamt Flüchtlinge unterzubringen.
Wer kommt da
in die Gemeinde?
Das Thema sorgt nicht nur in Rohrdorf für Bauchschmerzen. Denn eigentlich befindet sich das besagte Grundstück im Riederinger Außenbereich; geografisch ist es aber näher am Rohrdorfer Ortsteil Lauterbach. Die Bürger treiben daher die Fragen um: Wer kommt da? Wie viele Menschen werden es? Und wie soll sich das Zusammenleben gestalten?
Landrat Otto Lederer schickte direkt vorweg: „Mir wäre eine dezentrale Lösung auch am liebsten.“ Er gab einen Überblick über die Zahlen der derzeit im Landkreis lebenden Flüchtlinge. So leben derzeit 4500 Asylbewerber und Ukrainer im Landkreis. Davon seien 1500 Ukrainer privat untergebracht und weitere 1000 in vom Landratsamt angemieteten Unterkünften. Die übrigen 2000 verteilen sich größtenteils auf die Nationen Syrien, Afghanistan und Türkei. Wiederum rund 800 dieser Menschen seien bereits durch das Asylverfahren und dürften bleiben. „Die finden aber keine Wohnung“, so Lederer.
Und die Aussichten würden keine Änderungen versprechen: „Alle 14 Tage kommt ein Bus mit 50 weiteren Flüchtlingen.“ Und da nach wie vor noch rund 300 Menschen in Turnhallen untergebracht sind, bleibe dem Landratsamt keine andere Möglichkeit, als auf „derartige Objekte in der Prärie“, wie ein Bürger das Gut Spreng nannte, zurückzugreifen. Wer letztlich kommt und auch dort untergebracht wird, sei derzeit nicht absehbar.
Doch obwohl der Riederinger Gemeinderat sein Okay für das Umwandeln des Gutes in eine Flüchtlingsunterkunft gegeben hat, sorgt dies für Unmut. „Uns ist es im Außenbereich nicht möglich, den Waldkindergarten zu erweitern, dieses Vorhaben soll aber möglich sein“, beklagt sich Riederings Dritter Bürgermeister Dominikus Summerer. Lederer verwies an dieser Stelle an die Sondergenehmigung, die baurechtlich für Flüchtlingsunterkünfte gelte.
Auch bezüglich der Bedenken des sozialen Miteinanders versuchte Lederer die Rohrdorfer und Riederinger zu beschwichtigen: „Die Erfahrung hat gezeigt, dass es keine Probleme bei derartigen Unterkünften gibt. Von einer Gefahr durch diese Menschen ist nicht auszugehen.“
Allerdings stellten einige Wortführer auch klar, dass sie nicht per se gegen Flüchtlinge seien. Allerdings hätten sie Bedenken, dass die große Zahl von 160 Menschen anständig versorgt und integriert werden können – besonders, wenn sie so weit vom Schuss seien: „Die leben da doch komplett isoliert.“ Das Landratsamt wolle deswegen auch einen Shuttle einrichten, damit die Menschen einkaufen können und auch mal rauskämen, erklärte dazu der Landrat.
Lederer stellte seine Ansicht auf die aktuelle Asylpolitik klar: „Wir müssen strukturell etwas ändern, um die Menschen, die unseren Schutz brauchen, wirklich versorgen zu können.“ Denn es fehle auch an Kita-Plätzen und Lehrern in den Schulen, Fachärzten und Wohnraum.
Auch das Thema Brenner-Nordzulauf beschäftigte die Bürger. Ein Großteil der Fragen und Bedenken bezog sich auf den Bedarf und dass dieser den Neubau der Trasse nicht rechtfertige. Lederer begegnete diesen Bedenken offen. Stellte jedoch klar, dass die Bedarfsfrage 2025 im Bundestag in Berlin geklärt wird. Gleichzeitig machte er darauf aufmerksam, dass nach jetzigem Stand der Bau einer neuen Trasse wahrscheinlich ist. „Lassen Sie uns deswegen auf die Planung konzentrieren“, appellierte er. Daher sei es wichtig, dass sich möglichst viele beteiligen.
Denn Lederer will sich dafür einsetzen, dass „so viel wie möglich unterirdisch gebaut wird“. Besonders nördlich von Rosenheim sei dies noch nicht der Fall. „Tunnel sind teuer und deswegen müssen wir Überzeugungsarbeit leisten, dass die Planer dabei mitgehen“, so der Landrat. Als Beispiel nannte er Kiefersfelden: In den ersten Planungsentwürfen sei auch dort die gesamte Bahntrasse überirdisch verlaufen. „Inzwischen sieht der Planungsentwurf eine komplette Untertunnelung vor.“ Gleiches wünsche er auch für andere Teile des Landkreises. „Dafür müssen wir kämpfen.“
Biber nagt
an den Nerven
Ein Thema, das die Rohrdorfer ebenso umtreibt, ist der Biber. Wie hoch die Entnahme im Landkreis sei, wollte eine Rohrdorferin wissen. „Unser Landkreis ist bei der Biberentnahme etwas stärker dabei als andere“, erklärte Lederer. Allerdings nur dann, wenn keine andere wirksame Maßnahme möglich sei und Gefahr für Leib und Leben oder beispielsweise Hochwasser bestehe. „Ich habe nichts gegen den Biber. Aber ich befürworte eine Lockerung des Schutzes“, legte der Landrat seine Meinung dar.
Hochwasser
nur am Rande Thema
Weniger eindringlich diskutiert wurde das Thema Hochwasser: Lederer sowie Rohrdorfs Zweite Bürgermeisterin Maria Haimmerer sahen jedoch dringenden Handlungsbedarf. „Das gesamte Wasser vom Samerberg, aus Frasdorf und Aschau läuft über Achenmühle nach Thansau.“ Haimmerer plädierte dafür, dass es nicht zwingend eine große Lösung für das Problem geben muss, „sondern viele einzelne Maßnahmen“. Dabei sei wichtig, dass das Wasserwirtschaftsamt Wünsche und Erfahrungen der Bürger vor Ort berücksichtige. „Denn wir sind die Menschen, die da wohnen.“