Dreiteilige Dramedy-Serie

von Redaktion

Ritterschauspiele in Kiefersfelden feiern gelungene Premiere von „Almasor und Elvira“

Kiefersfelden – Am Volkstheater der Ritterschauspiele in Kiefersfelden wird zum zehnten Mal „Almasor und Elvira“ oder „Vom Sklaven zum Thron“ von Josef Schmalz aufgeführt. Eine Art „The Crown“ aus dem 9. Jahrhundert am Hofe von Mazedonien, ein Publikumsrenner im 19. Jahrhundert.

Im „Welt-Neuigkeits-Blatt“ von Wien war 1884 folgendes zu lesen: „Auf einen an den Wald sich anlehnenden Wiesenabhang, ungefähr 20 Minuten vom Bahnhof Kiefersfelden entfernt, erhebt sich ein einer großen Scheune ähnlicher Holzbau. Schon der Zuzug der Männer und Frauen, Burschen und Mädchen, der den Dorfweg noch hinaufwollte, verriet besonderes.“

Grausiges Säbelscheppern

Eigentlich könnte man diesen Bericht eins zu eins abdrucken, denn viel hat sich bei den Ritterschauspielen nicht verändert in den 140 Jahren, seit das Stück zum ersten Mal aufgeführt wurde. Nur etwas verkürzt wurde es, die Zuschauer von heute sind sogenannte Dramedy-Serien gewohnt, aber gute zwei Stunden in drei Akten dauert es doch noch immer.

Wie immer geht es bei „Almansor und Elvira“ um den Sieg des Guten über das Böse, aber wie in jeder Serie weiß man das erst zum Schluss. Hauptperson ist Elvira, Tochter aus gutem Hause, die von den Sarazenen verschleppt wurde und unsterblich in den Sklaven Almansor verliebt ist. Als Sklaven fristen sie ein trauriges Dasein, aber Almansor bekommt die einmalige Gelegenheit, bei einem Kampf seine Freiheit zu erlangen. Mutig stellt er sich dem unüberwindlichen Uran und gewinnt den harten Kampf, bei dem zum ersten Mal das grausige Säbelscheppern der Kieferer Ritterspiele zu beobachten ist. Weil er so ein feiner und edler Charakter ist, verzichtet er auf die Reichtümer, die ihm der Sieg beschert und bittet stattdessen um die Freiheit seines Gschpusis Elvira und des Freundes Pelagis.

Elvira meint, sie können zu ihrem Vater, dem Hofmarschall Marsedus von König Martulph von Mazedonien und dort ein schönes Leben führen, aber der Papa ist gar nicht begeistert von dieser Idee. Der hat andere Pläne für seine Tochter. Sie soll den Königssohn Redophan heiraten und gefälligst Königin werden. Sie ist ein braves und gläubiges Mädchen und stimmt nach schwerem Ringen mit sich selbst zu, weil ihr eigentlich nichts anderes übrigbleibt, denn so groß ist ihr Glaube dann doch nicht, dass sie sich ins Kloster verbannen lässt. Als sich die beiden Liebenden schweren Herzens von einander verabschieden, werden sie erwischt, aber Almansor gelingt die Flucht. Elvira fügt sich mit gebrochenem Herzen ihrem Leben als Königin an der Seite von Redophan, doch der hat einen bösen Bruder – Taiphares, der den Thron für sich beansprucht und in die schöne Elvira verknallt ist. Wie es halt in Königshäusern so zugeht, die Brüder in ewiger Rivalität.

Taiphares lässt nicht locker, plant, mit seinen Räuberhorden die mazedonische Residenz zu erobern und schreckt auch nicht davor zurück, seinen Vater zu erdolchen. Großartige Sterbeszene von König Martulph! Aber noch nicht genug, auch Redophan muss sterben, der böse intrigante Taiphares ersticht ihn mit einem vergifteten Dolch. Die arme Elvira wird beim Herausziehen des Dolches erwischt und gilt fortan als Mörderin ihres eh nicht wirklich geliebten Ehegatten. Die Intrigen von Taiphares hören nicht auf und trotz Beteuerung ihrer Unschuld wird ihr der Prozess gemacht. Doch Elvira bekommt noch eine Chance: Wenn ein Ritter den gefährlichen Löwen im Kampf besiegt, wird sie gerettet. Elvira kniet schon vor dem Blutgerüst, der Henker holt beim dritten Trompetenstoß aus, Elvira den Kopf abzuschlagen, da taucht Almansor wieder auf. Der ist Kämpfen gegen Unbesiegbare gewohnt und ringt den Löwen nieder. Das gefällt Taiphares gar nicht und fordert wiederum Almansor zum Kampf auf. Doch der kampferprobte Almansor besiegt auch Taiphares, der dann reumütig den Thron Almansor überlässt, der, wie sich zu guter Letzt herausstellt, sein Sohn ist. Große Gesten des Verzeihens und Bereuens!

Schauspieler
in Höchstform

Alle Schauspieler, deren Namen im Programmheft nicht genannt werden, laufen während des Spiels zu Höchstform auf. Besonders Elvira, die, egal ob sie betet oder verflucht, eine Leidenschaft an den Tag legt, die ihresgleichen sucht. Der Bösewicht Taiphares macht es ihr gleich und zeigt eine enorme Bühnenpräsenz. Insgesamt gibt es 42 Rollen bei dieser Aufführung, die Schauspieler müssen zum Teil mehrere Rollen besetzen, da wird hinter der Bühne fleißig umgezogen und geschminkt, auch um allen das typische Augen-Make-up zu verpassen, das den Gesichtern einen ganz besonderen Ausdruck verleiht.

Die Bühne ist dank der besonderen Drehkulissen schnell vom Wald zum Prunksaal oder zur Hinrichtungsstätte verwandelt, ein kurzes Klappern und schon zeigt sich ein neues Szenario. Wie immer großartig und für Szenenapplaus gut: der Kieferer Kasperl, eine Art Kommentator, der sich über das Treiben am Hofe lustig macht und damit zeigt, nehmt euch doch nicht so ernst mit euren Machtgetue und Säbelgerassel um Thron und Reichtum. Das Spiel wird begleitet von musikalischen Einlagen (neu komponiert und arrangiert von Josef Pirchmoser), vom Sklavenchor bis zum Dreigesang und kleiner Bläserbesetzung bis großer Blasmusik, was es umso abwechslungsreicher macht.

Retro-Unterhaltung wie anno dazumal

Das Kiefersfeldener Ritterschauspiel ist Retro-Unterhaltung aus dem 19. Jahrhundert, da waren solche Theaterstücke voll im Trend. Es ist diese besondere Mischung aus Unterhaltung und Tragödie, Spaß und bitterem Ernst, die das Spiel so sehenswert machen, vergleichbar mit einer modernen Dramedy-Serie.

Wie es im „Tiroler Grenzboten“ 1925 zu lesen war und um in der Sprache des aufgeführten Stückes zu bleiben: „Auf der wohl kleinen Bühne ist dennoch ein großer Reichtum an Szenerien der verschiedensten Art, die durch ihre geschickte Aufmachung geradezu verblüffend wirken und die Handlung recht lebendig machen. Die Rollen sind sehr gut verteilt und alle Darsteller haben sie brav gelernt; von einer Stockung, die doch möglich wäre, merkt man nichts, es geht alles wie am Schnürchen. … Der gezollte Beifall nach jedem Aktschlusse ist ein lebhafter, besonders am Schlusse.“

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