Radltour entlang der Nordzulauf-Trasse

von Redaktion

„Was habt Ihr denn – Ihr werdet doch untertunnelt.“ Eine solche Aussage zur Trasse des Brenner-Nordzulaufs durch die Gemeinde verursacht bei etlichen Stephanskirchnern Schnappatmung. Warum, das zeigt eine Radtour entlang der Trasse.

Zwei Landwirtsfamilien berichteten, wie sehr der Brenner-Nordzulauf ihre Existenz und ihre Investitionen bedroht. Foto re

Stephanskirchen – Nicht nur ganz im Nordosten oder ganz im Südwesten der Gemeinde sind die Stephanskirchner sauer, wenn zum Brenner-Nordzulauf die Rückmeldung aus anderen Gemeinden kommt, das Stephanskirchen dank des 8,5 Kilometer langen Tunnels von den Innleiten bis nach Riedering doch fein raus sei. Denn: Die Trasse ist irgendwann, in Jahrzehnten, vielleicht nur noch von den Innleiten bis hinüber nach Rosenheim und Schechen zu sehen. Sie muss aber gebaut werden – und frisst in der Zeit viele Hektar Gemeindegebiet.

Unbefriedigende Antworten der Bahn

Im April konnten sich die Stephanskirchner in einer „Sprechstunde mit Planausstellung“, organisiert durch das Planungsteam der Deutschen Bahn AG, über die Planung der Bahntrasse des Brenner-Nordzulaufs durch die Gemeinde Stephanskirchen informieren.

„Durch rhetorisch hervorragend geschulte Mitarbeiter wurden die wesentlichen Fragen zum Flächenverbrauch, insbesondere während der Bauphase, zu Aufstellflächen, Abtransport und Zwischenlagerungen von Aushub, Grundstücksverkauf und drohender Enteignung nur oberflächlich und unzureichend beantwortet“, findet Stephan Mayer, Fraktionsvorsitzender der Parteifreien Bürger im Gemeinderat. Um deutlich zu machen, was für Auswirkungen während der Bauphase und lange danach auf die Gemeinde zukommen, luden die Parteifreien Bürger daher zu einer Fahrradtour entlang der Trasse ein. Die technischen Erklärungen während der Radltour auf der BNZ-Trasse übernahm Dr. Ben Warkentin, seit vielen Jahren beim Brennerdialog engagiert. Bei mehreren Stopps schilderten Betroffene, wie es bei ihnen aussieht, beginnen die Bauarbeiten.

Rund 30 Frauen und Männer machten sich knapp hinter der Gemeindegrenze in Ried auf den Weg. Denn dort und ein paar Meter weiter, dann schon auf Stephanskirchner Gemeindegebiet, in Krottenhausmühle, sind zwei große Flächen zur Baustelleneinrichtung vorgesehen. Die dort ansässigen Landwirte, darunter die Familien Lindner und Huber, können nach eigener Aussage kaum einschätzen, wie sehr es sie trifft und ob sich größere Investitionen überhaupt lohnen. Da hängen mehrere Generationen in der Luft.

Bei Eitzing und Baierbach hat die Bahn weitere 26 Hektar Fläche – das entspricht gut 36 Fußballfeldern – verplant. 14 Hektar allein für einen Verladebahnhof parallel zur Bahnstrecke München-Salzburg. Der zwischen Baierbach und Weinberg an die bestehende Strecke anschließt. Und damit genau den Teil der Gemeinde betrifft, in dem die höchste Dichte an Ferienwohnungen ist.

Dazu kommen nach derzeitiger Planung der Bahn zwölf Hektar für Zwischenlager von Erdreich, Container, Parkplätze, Werkstätten, Betonmisch- und Aufbereitungsanlagen, Baustraßen und den Betrieb eines Förderbandes. Die Renaturierung der für die Bauphase verplanten Flächen nach dem Ende der Bauarbeiten dauert nach Einschätzung von Landwirten Jahrzehnte.

Das Ehepaar Gürtler hatte an seinem Haus, direkt an der Trasse, Boxen aufgebaut, aus denen Baulärm in entsprechender Lautstärke tönte. Ihm sei in Hörweite körperlich unwohl geworden, berichtet Stephan Mayer. „Da war er wohl nicht der Einzige“, sagt Lisi Gürtler, „das ist wie bei einem heftigen Festival, wo die Bässe aufs Herz gehen.“ Den Gürtler‘schen Baulärm kann man aber abstellen. „Den des Trassenbaus nicht“, sagt Mayer. Wie viele Menschen das Handtuch werfen, weil sie den Lärm – und die Staubbelastung – nicht aushalten, sich anderswo ein neues Zuhause oder einen neuen Standort für die Firma suchen, das könne heute keiner absehen.

Zweifel an
geplanter Bauzeit

Acht bis zehn Jahre Bauzeit hat die Bahn für den BNZ angesetzt. „Nicht glaubhaft“, sagt Warkentin. Da sprächen allein schon die Erfahrungen mit anderen Großprojekten der Bahn – zuvorderst „Stuttgart21“ – dagegen.

Am Ende der Radltour wurde beim Boadwirt, ganz nah am Tunnelausgang und der Leonhardsquelle, noch weiter diskutiert. Was aber auch da nicht geklärt werden konnte: Wie kommt eigentlich der für die Tunnelbaumaschine benötigte Strom vom geplanten Umspannwerk in Waldering nach Ried? Denn, wie Mayer trocken festhält: „Haushaltsstrom reicht für dieses Monstrum nicht.“

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