Riedering – Das Gut Spreng verändert sich: Erst war es ein Sondergebiet Klinik, jetzt soll es zum Sondergebiet für Flüchtlinge werden. Nachdem der Riederinger Gemeinderat im Mai der Umnutzung der einstigen Klinik in eine Flüchtlingsunterkunft für 50 bis 55 Menschen das gemeindliche Einvernehmen gab, wird um die zweite Unterkunft gestritten: ein Containerbau für weitere 100 Flüchtlinge.
Bauausschuss lehnte
Pläne schon im Juni ab
Der Bauausschuss hatte sich in seiner Juni-Sitzung bereits dagegen ausgesprochen. Nun folgte auch das eindeutige Votum des Gemeinderates: „Nein.“ Es sei „sehr euphemistisch“, so hieß es, hier von zwei „Wohnpavillons“ zu sprechen. Schließlich gehe es um zwei Wohncontainer mit einer Größe von 30 mal 14 Metern und einer Höhe von zehn Metern. Kurzum: Drei Etagen für Geflüchtete.
Bauamtsleiterin Birgit Steinbacher erläuterte in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates, dass besagtes Grundstück im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Sondergebiet Klinik Gut Spreng“ aus dem Jahr 1991 liegt. Die beantragte Errichtung von zwei Wohnpavillons als Flüchtlingsunterkunft widerspreche den Festsetzungen im Bebauungsplan, wäre also bauplanungsrechtlich eigentlich nicht zulässig.
Allerdings wurde das Baugesetzbuch schon im November 2014 mit dem „Flüchtlingsunterbringungsmaßnahmengesetz“ geändert. Seitdem räumt „der Paragraf 246 Absatz 12 Ziffer 1 die Möglichkeit ein, für die Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes abzuweichen.“ Diese Regelung gilt bis zum 31. Dezember 2027.
Zudem, so schreibt das Gesetz vor, muss „die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar“ sein. Die genannte Frist von drei Jahren könne bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2030, erläuterte Steinbacher.
Aus Sicht der Baugenehmigungsbehörde am Landratsamt Rosenheim sei das Bauvorhaben genehmigungsfähig. Die Gemeinde wurde deshalb aufgefordert, das Bauvorhaben ein weiteres Mal im zuständigen Gremium zu behandeln, da ansonsten beabsichtigt sei, das verweigerte Einvernehmen zu ersetzen.
Von zwei Wohnpavillons zu sprechen, sei angesichts der Dimensionen „eine irritierende Bezeichnung“, betonte die Bauamtsleiterin. Auch die Mitglieder des Bauausschusses hätten sich in der Juni-Sitzung ähnlich geäußert: Je Etage sind – bis auf das Erdgeschoss – zehn Zimmercontainer, drei Aufenthaltscontainer und vier Sanitärcontainer vorgesehen.
Gemeinde nicht
entgegengekommen
Das insgesamt dreistöckige Ensemble von Containern solle jeweils mit einem landschaftsuntypischen Pultdach ohne Dachüberstand versehen werden. „Der Bauherr hat bisher weder in gestalterischer Hinsicht – also beispielsweise Satteldach mit Dachüberstand anstelle eines Pultdaches ohne Dachüberstand oder nur zwei statt drei Etagen – ein Entgegenkommen signalisiert noch anderweitig versucht, der Gemeinde entgegenzukommen“, informierte Steinbacher.
Speziell wegen der Ausmaße der beiden Wohncontainerblöcke, der Lage im landschaftlich sehr reizvollen, ja fast schon idyllisch gelegenen Außenbereich und der hohen Anzahl an vorgesehenen Wohnplätzen sollte das Vorhaben nochmals überdacht werden.
Die Bauamtsleiterin erinnerte an einen Beschluss des Gemeinderates vom Mai. Dieser hatte mit großer Mehrheit einer Nutzungsänderung des Bestandsgebäudes von Gut Spreng für eine Flüchtlingsunterkunft zugestimmt. In der jüngsten Sitzung aber zeigte der Gemeinderat wenig Verständnis für das Vorgehen des Landratsamtes. Sebastian Hamberger (WGS) fand das Pultdach der Container „seltsam“. Einen Rundpavillon für den Waldkindergarten lehne das Amt ab, Container mit Pultdach hingegen würden befürwortet.
Auch Michael Richter (FWGR) wollte sich mit einem solchen Vorhaben – „so weit abgelegen“ – nicht anfreunden. Josef Bergmann (Bürgerwahlgemeinschaft Neukirchen) sah das ähnlich: „Da ist Niemandsland. Ein Irrsinn. Und das nur wegen der Belegungszahlen.“
Dominikus Summerer (CSU) meinte, dass man nichts gegen Flüchtlinge habe. Aber es gelte, diese anständig zu integrieren. Mit weniger Geflüchteten sei das eher zu bewerkstelligen. Er habe auf Kompromissbereitschaft gesetzt. Er fragte, ob man nicht ein Zeichen setzen solle, so wie die Rotter das getan hätten.
Christine Banjai (FWGR) kritisierte die „Wahnsinns-Dimensionen.“ Zudem zweifelte sie an, dass das Vorhaben nur bis 2030 gehen solle: „Ich lache mich tot.“ Andreas Hirzinger (CSU) erkundigte sich, ob damit die Grenze erreicht sei oder ob irgendwann noch mehr Geflüchtete kämen? Bürgermeister Christoph Vodermaier (FWGR) verwies auf den Paragraf 246 und die Verlängerungsoption bis 2030. Danach komme es auf den Eigentümer an.
Dem Beschlussvorschlag, dem Antrag auf Baugenehmigung zur Errichtung von zwei Wohnpavillons das gemeindliche Einvernehmen zu verweigern, folgte der gesamte Gemeinderat. Mit 19:0 wurde der Antrag abgelehnt. Nach der Ankündigung des Landratsamtes muss nun damit gerechnet werden, dass die Behörde das gemeindliche Einvernehmen ersetzt und die Genehmigung erteilt.