Aschau – Die Kampenwandseilbahn soll modernisiert werden. „Wie jede technische Anlage benötigt sie nach fast 70 Jahren Betrieb eine maßvolle Erneuerung“, erklärt Eric Zbil, Geschäftsführer der Kampenwandseilbahn GmbH. Nicht nur, weil jedes Ersatzteil für die Seilbahn eine Sonderanfertigung ist. Auch weil weder Kabinen noch Stationsgebäude aus den 1950er-Jahren barrierefrei sind.
Erst mit einem
Neubau kommt
Barrierefreiheit
Der Komfort ist nicht mehr zeitgemäß: Rollstuhlfahrer kommen nicht behindertengerecht auf den Berg. Nur wer dazu in der Lage ist, seinen Rollstuhl zu verlassen und die Stufen zum Kabineneinstieg aus eigener Kraft zu überwinden, kann die Seilbahn an einem gesonderten Einstieg nutzen. Rollstühle und Kinderwagen müssen zusammengeklappt befördert werden. Elektrorollstühle können gar nicht mitfahren.
Das muss sich ändern: In Zukunft soll jeder, unabhängig von seiner Mobilität, auf die Kampenwand fahren können. Dafür müssen nicht nur Tal- und Bergstation barrieregerecht umgebaut werden. Auch die neuen Achtergondeln bieten dann mehr Raum zum Rangieren eines Rollstuhls oder Kinderwagens. „Zudem werden Vierergondeln gar nicht mehr hergestellt, die Achtergondeln sind die kleinste verfügbare Größe“, erläutert Zbil.
Schon seit 2014 arbeitet die Kampenwandseilbahn GmbH, ein Aschauer Familienunternehmen in dritter Generation, an den Plänen für die Erneuerung der Bahn. Seit 2017 sind sie genehmigt. „Mit Bescheid vom 5. Januar 2017 wurde die seilbahnrechtliche Bau- und Betriebsgenehmigung für die Kampenwandseilbahn erteilt“, informiert ein Sprecher des Landratsamtes Rosenheim. „Für die Talstation wurde getrennt davon mit Bescheid vom 24. März 2017 eine separate Baugenehmigung erteilt. Beide Genehmigungen wurden bestandskräftig.“
Am 24. Juni 2022 wurde die seilbahnrechtliche Bau- und Betriebsgenehmigung vom Landratsamt geändert. „Diese regelt ergänzend die Methode, wie die Bauabwicklung vonstattengehen darf“, erklärt Zbil. Gegen diesen Änderungsbescheid hat der Bund Naturschutz geklagt. Im November 2023 hat das Verwaltungsgericht München die seilbahnrechtliche Genehmigung für den Neubau der Kampenwandseilbahn von 2022 aufgehoben. Nach Ansicht der zuständigen Kammer sei diese „unbestimmt und damit rechtswidrig“.
Urteil ist noch
nicht rechtskräftig,
Berufung beantragt
Das Urteil ist nicht rechtskräftig, denn „die Betreiberin der Kampenwandseilbahn hat beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Januar 2024 die Zulassung der Berufung beantragt“, informiert das Landratsamt Rosenheim.
Acht Monate später ist noch immer keine Entscheidung gefallen. „Die Fristen, innerhalb derer der Bund Naturschutz und der Freistaat Bayern – vertreten durch die Landesanwaltschaft Bayern – zu dem Zulassungsantrag Stellung nehmen können, sind noch nicht abgelaufen“, so das Landratsamt. „Es ist ein sehr umfangreiches Verfahren. Gegenwärtig tauschen die Beteiligten Sach- und Rechtsansichten aus“, bestätigt ein Sprecher des Verwaltungsgerichtshofs.
Strittig sei unter anderem, ob die seilbahnrechtliche Bau- und Betriebsgenehmigung für die Kampenwandseilbahn und die Talstation aus dem Jahr 2017 noch wirksam sind. „Nach unserer Auffassung sind die Ausgangsgenehmigungen von 2017 bestandskräftig und nicht vom Urteil im November berührt, da mit diesem nur der Änderungsbescheid aufgehoben wurde“, sagt das Landratsamt. Doch das sei unter anderem einer der Punkte, der geklärt werden müsse, heißt es aus dem Verwaltungsgerichtshof.
Ebenso gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen zu der Frage, ob die waldrechtliche Kategorie „Naturwaldfläche“, die erst am 2. Dezember 2020 gesetzlich verankert wurde, eine seilbahnrechtliche Genehmigung aus dem Jahr 2017 rückwirkend aushebeln kann. Auch geht es darum, wo die genauen Grenzen des Naturwaldes verlaufen und wie sie festgelegt wurden, denn: „Es wurden auch Waldflächen in der Nähe der Trasse der Kampenwandseilbahn unter Schutz gestellt, darunter sogar Teilflächen unter der seit 1957 bestehenden Seilbahn“, beschreibt der Geschäftsführer der Kampenwandseilbahn GmbH.
Ein wesentliches Argument des Verwaltungsgerichts war im November 2023, dass sich aus dem Genehmigungsbescheid und den Unterlagen „nicht eindeutig entnehmen lässt, welche Bäume für die Aufweitung der Trasse gefällt werden dürfen“. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass für den Neubau der Kampenwandseilbahn Baumfällungen im Naturwald erforderlich werden. Aber, so das Gericht: „Die Fällung von Bäumen im Naturwald zur Ermöglichung des Betriebs der neuen Bahn ist unzulässig.“
Um hier eine Klärung herbeizuführen, „hat die Betreiberin der Kampenwandseilbahn weitere Pläne vorgelegt“, informiert das Landratsamt. „Zur Frage, ob diese Unterlagen nun ausreichend konkret und detailgenau sind, bleibt die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abzuwarten.“ Doch diese wird auf sich warten lassen: „Ich rechne nicht damit, dass noch in diesem Jahr eine Entscheidung fallen wird“, sagt ein Sprecher des Verwaltungsgerichtshofs auf OVB-Anfrage.
Pläne werden
konkretisiert, klare
Wünsche geäußert
Die Kampenwandseilbahn hält an ihren Plänen zur Erneuerung fest, in deren Rahmen im Bereich der heutigen Trasse Berg- und Talstation sowie die Gondeln barrierefrei gestaltet werden. „Das Gericht sieht die angegriffene Genehmigung des Landratsamtes Rosenheim zwar im forstrechtlichen Teil als zu unbestimmt an, hat aber keine sachlichen oder rechtlichen Einwendungen gegen das Vorhaben der Erneuerung der Kampenwandseilbahn an sich geäußert“, sagt Eric Zbil.
„Deshalb wünschen wir uns, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof als Berufungsinstanz bestätigt, dass die Erneuerung genehmigt ist.“