Kiefersfelden – Die bundesweite Wohnungsnot scheint in der Grenzkommune kein Thema zu sein. „Denn jeder Bauwillige, der an uns herantritt, wird in der Regel positiv beschieden“, so Bürgermeister Hajo Gruber (UW). „Im Moment haben wir im Gemeindegebiet 126 Baueinheiten, die für den Wohnungsbau vorgesehen sind, und auf deren Realisierung wir warten. Aber leider wird das Baurecht nicht so oft genutzt, vor allem wegen aktueller wirtschaftlicher und technischer Unsicherheiten. Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind so, dass es sich für den bauwilligen Eigentümer oft nicht lohnt, jetzt zu bauen.“
Ortsbild soll
erhalten bleiben
Einen wichtigen Schritt, um aus diesem Dilemma herauszukommen, machte die Gemeinde vor geraumer Zeit mit der Einführung der Dachgaubensatzung. „Die schafft“, nach Aussage des Bürgermeisters, „Wohnraum für etwa 800 Personen zu bezahlbaren Preisen und es wird immer öfter nachgefragt. Wir haben zwischenzeitlich schon einige Verfahren positiv beschieden.“ Vor allem Familien, die bereits mit mehreren Generationen in den Häusern wohnen, gibt die Satzung die Möglichkeit, mit dem neu gewonnenen modernen Wohnraum auf altem Territorium zusammenzubleiben. Aber nicht alles ist möglich, „denn es soll der innerörtliche und ländliche Charakter, also unser Ortsbild, weitgehend erhalten bleiben“, fügt Gruber an.
Mit Ausnahme der industriell geprägten Bereiche weisen nahezu alle Gebäude in Kiefersfelden Satteldächer auf. Entsprechend der lokalen Bautradition haben diese zumeist relativ geringe Dachneigungen und zeigen auch keine wesentlichen Dachaufbauten wie Gauben oder Ähnliches. Vor dem Hintergrund steigender Grundstückspreise, dem sparsamen Umgang mit Grund und Boden sowie dem formulierten Vorrang der Innenentwicklung, ist mit der Satzung eine intensive und qualitätsvolle Nutzung dieser bisher nicht genutzten Dachräume schnell und relativ unbürokratisch möglich.
Vorangegangen ist man in der Kommune auch beim sozialen Wohnungsbau mit dem sogenannten „Kieferer Modell“. Dabei sollen für größere Wohneinheiten, für die Bebauungsrecht bei der Gemeinde beantragt wird, 55 Prozent der Wohnnutzfläche als geförderter Wohnungsbau ausgewiesen werden. Das Belegungsrecht hierfür hat die Gemeinde Kiefersfelden. In jüngster Vergangenheit hat sich dieses Modell bereits bestens bewährt. Auf einem über 4500 Quadratmeter großen Grundstück zwischen Sonnenweg und Kufsteiner Straße, dessen Eigentümer der Landkreis Rosenheim ist, entstand im Jahre 2020/2021 eine Wohnanlage mit 21 Wohnungen. Sie unterliegt einer bis zu 40-jährigen Sozialbindungsfrist und ist so vor allem für einkommensschwächere Familien von Bedeutung. Die Wohnanlage mit zwei Gebäuden, Garagen, Kinderspielplatz und Ruhezonen auf einem Areal von 3200 Quadratmetern, punktet neben den baulichen Besonderheiten vor allem durch „niedrige Mieten für sozial schwächere Familien“, so Gruber, der gleich nachschiebt: „Die Erfahrungen sind glänzend und die Mischung stimmt. Alle sind offensichtlich zufrieden, die Bewohner sowie der Landkreis Rosenheim als Investor. Wir haben hier keinen sozialen Brennpunkt geschaffen, sondern ein Musterbeispiel für integriertes Wohnen auf knappem Raum.“ Ein ähnliches Bauvorhaben mit bezahlbarem Wohnraum im „Pfarrer-Gierl-Weg“ ist bereits genehmigt und auf dem Weg. Dort sind in dem Wohnkomplex in der Dorfmitte 20 Wohneinheiten vorgesehen. Die Gebäudefläche soll insgesamt etwa 580 Quadratmeter umfassen, zuzüglich der Flächen für Balkone und Terrassen. Der dreigeschossige Neubau umfasst Erd-, Ober- und Dachgeschoss mit entsprechenden Stellplätzen und einer großzügigen Tiefgarage.
Gemeinde hat
Vergaberecht
Das Besondere: Die Hälfte der Wohnungen ist für einkommensschwächere Familien bestimmt und auch hierfür hat die Gemeinde das Vergaberecht. Für Bürgermeister Hajo Gruber „eine wichtige Angelegenheit für unsere Gemeinde“. Er sieht mit diesem Projekt „einen wesentlichen Beitrag zur Innenverdichtung des Ortes mit Wohnraum, der dazu noch bezahlbar, barrierefrei und für Senioren geeignet ist. Da schaffen wir Wohnraum in bester Verkehrslage“. hko