Ist das noch zeitgemäß?

von Redaktion

Reaktionen auf die Kritik an Gedenkfeier für Weltkriegsopfer auf der Kampenwand

Aschau – Die traditionelle Bergmesse für die Opfer der beiden Weltkriege feierten die Chiemgau-Gemeinden jetzt auf der Kampenwand. Doch ist diese Art von Gedenken heute noch zeitgemäß?

„Präsenz für den Frieden ist wichtiger denn je.“ Thomas Schmidinger, Bürgermeister der Gemeinde Schnaitsee, hatte eine klare Antwort für die Kritiker der Gedenkfeier auf der Kampenwand. Ebenso wie die mehr als 60 Fahnenabordnungen aus dem Chiemgau und die vielen Besucher der Bergmesse am Fuße des Gipfelkreuzes, das zum mahnenden Gedenken an die Opfer der beiden Weltkriege auf der Kampenwand errichtet wurde.

Das Werk Höslwanger Handwerker

Seit 1950 steht auf dem Ostgipfel das höchste Bergkreuz der bayerischen Alpen. Geschaffen wurde es von Schreinermeister Franz Schaffner und Schmiedemeister Josef Hell aus Höslwang. Es ist aus Eisen geschmiedet, hat ein Gewicht von 5400 Kilogramm und wurde unter extremen Bedingungen errichtet. Die Einzelteile brachten Paul Kink mit seinen Mulis und etliche Helfer auf den Berg. Bronzene Gedenktafeln erinnern an die Gefallenen und Vermissten aus 58 Gemeinden rund um den Chiemsee. Am 26. August 1951 wurde das Mahnmal, 25 Jahre später die Gedenkkapelle „Maria, Königin des Friedens“ eingeweiht.

Gedenkmesse wird seit 73 Jahren gefeiert

Seit 1951 wird am letzten Sonntag im August der Opfer beider Weltkriege gedacht – insbesondere der Gefallenen, Vermissten und Verstorbenen des Chiemgaus. Und seitdem übernimmt jedes Jahr eine andere Gemeinde die Vorbereitung der Gedenkfeier. In diesem Jahr war Schnaitsee an der Reihe, zum zweiten Mal seit mehr als 60 Jahren und mit gewohnter Unterstützung der Gemeinde Aschau im Chiemgau.

„Warum wir nach 73 Jahren immer noch dieses Gedenken auf der Kampenwand begehen, warum wir es nicht endlich sein lassen und Gras darüber wachsen lassen“, wurde Bürgermeister Schmidinger im Vorfeld der Bergmesse gefragt. Und seine Antwort war eine klare Botschaft: „Das geschehene Unrecht darf nicht vergessen werden. Wir können das Gedenken nicht einfach einstellen. Vor allem angesichts der aktuellen Geschehnisse in Europa und auf der Welt ist Präsenz für den Frieden wichtiger denn je.“

Den Gottesdienst zelebrierten Pfarrer Mario Friedl vom Pfarrverband Schnaitsee-St. Leonhard-Waldhausen und Dekan Michael Mannhardt von den Pfarrverbänden Miesbach und Hausham-Agatharied.

Vergangenheit
nicht ignorieren

Pfarrer Friedl mahnte: „Wollen wir uns bisher vertrauten Menschen anpassen, wenn sie die Vergangenheit ignorieren oder wollen wir uns einer riskanten Auseinandersetzung stellen? Dazu können wir nur antworten, dass wir nicht über Unrecht und Opfer hinweggehen dürfen, und dass wir gegenseitiges Verstehen anstreben sollen.“

Mehr als 60 Fahnenabordnungen, Veteranenvereine, Krieger- und Soldatenkameradschaften (KSK), Vertreter des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Feuerwehren, Bergwacht, Ortsvereine und zahlreiche Gäste aus dem Chiemgau nahmen an der Bergmesse teil. „Wer seine Vergangenheit nicht kennt, der kann auch nicht seine Zukunft gestalten“, betonte auch Josef Konhäuser, stellvertretender Landrat von Traunstein, in seinem Grußwort. Unter den vielen Ehrengästen waren auch die beiden Landtagsabgeordneten Sebastian Friesinger (CSU) und Sepp Lausch (Freie Wähler). Friesinger sagte am Rande der Veranstaltung: „Wenn wir das Gedenken beenden wollen, dann können wir viel Wichtiges für unser Zusammenleben vergessen.“ Und Lausch sagte: „Wer wie ich drei Buben hat, die immer näher an ein wehrpflichtiges Alter kommen, der weiß, wie nahe einem persönlich ein Gedenken an Kriege geht.“

„Wir danken für 79 Jahre Frieden und hoffen, dass uns dieser Friede erhalten bleibt“, sagte Josef Utz, der Vorsitzende der KSK Schnaitsee. Er erinnerte auch an die Soldaten der Bundeswehr, die bei Auslandseinsätzen gefallen sind, die verwundet oder traumatisiert zurückkehrten: „Ihnen gebührt unser Dank.“

Die Gedenkwallfahrt auf die Kampenwand findet bei jedem Wetter statt und ist seit 1951 noch nie ausgefallen. Pünktlich zum Beginn des Gottesdienstes setzte am Sonntag, 25. August, der Schnürlregen ein, aber die vielen Besucher trotzten der Witterung.

Erhalt der Gedenkkapelle

Ein besonderer Dank galt an diesem Tag auch Franz Schaffner, der die Kapelle pflegt und erst vor Kurzem mit Freunden aus Pittenhart und Höslwang für neue Schindeln fürs Kapellen-Dach sorgte. Im Sinne der Erbauer und deren Nachfolger kam auch die Kollekte vom Gottesdienst dem weiteren Erhalt der Kapelle zugute.

Alfons Schuster, Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Krieger-, Veteranenvereine und Soldatenkameradschaften im Landkreis Rosenheim, und Anton Linner, Erster Gauvorstand des Chiemgau-Rupertigaus, legten zu den Klängen des „Liedes vom guten Kameraden“ einen Kranz zum Gedenken an die Kriegsopfer nieder. Musikalisch wurde der Gedenkgottesdienst vom Musikverein Schnaitsee unter der Leitung von Rupert Schmidhuber und den Schnaitseer Alphornbläsern umrahmt. Die Gebirgsschützenkompanie Aschau unter der Führung von Hauptmann Hubert Stein schoss den Ehrensalut, und obwohl die Gebirgsschützen nur etwa 100 Meter entfernt Aufstellung genommen hatten, waren sie bei diesem Salut nicht zu sehen.

Im kommenden Jahr bereitet die Gemeinde Tacherting die Gedenkmesse vor. Das 75-jährige Jubiläum im Jahr 2026 richten die Gemeinden Aschau im Chiemgau und Höslwang aus.

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