Mangfalltal als Storchen-Mekka

von Redaktion

Meister Adebar fühlt sich in der Region im Moment sehr wohl

Bad Aibling – Sie fallen gerade überall im Mangfalltal auf: Störche, Störche und nochmal Störche. Sorgte vor drei Jahren das eine Brutpaar, das sich auf einer Tanne an der Aiblinger Westenstraße anschickte, einen Horst zu bauen, für eine Menge Aufmerksamkeit, so erreichen die Redaktion in diesem Sommer zahlreiche Aufnahmen von Lesern, die ganze Scharen der gefiederten Gesellen fotografiert haben. Weißstörche wohlgemerkt. Den scheuen Schwarzstorch bekommt man kaum zu Gesicht.

Auf den Feldern, Kirchtürmen, auf den Masten des ehemaligen Telekom-Gebäudes an der Aiblinger Pentenriederstraße, am Himmel über dem Mangfalltal: sie scheinen immer mehr zu werden. Rund 60 Exemplare kreisen allein auf den Bildern, die Leserreporterin Dagmar Rudolph uns aus Vagen zukommen ließ, in der Luft. Für den Aiblinger Erwin Kühnel sind die Störche längst zu einem seiner beliebtesten Motive geworden, die ihm immer und überall begegnen, und Leserreporterin Irmi Gaßner zählte einmal 38 Stück auf der Kirche Mariä Himmelfahrt am Aiblinger Hofberg. Auch auf dem benachbarten Amtsgericht halten sie sich ihren Beobachtungen zufolge auf.

Blickt man auf die „Große bayerische Weißstorchkarte“ des Landesbundes für Vogelschutz (LBV), so waren dort – allerdings für das Jahr 2023 – lediglich ein Horstpaar mit einem flüggen Jungen in Bad Aibling, ein Horst in Bad Feilnbach mit einem Storchenpaar und drei Jungen sowie ein Horst bei Högling verzeichnet. In der weiteren Umgebung sind Horststandorte bei Rott (2023 mit einem Einzelstorch belegt), in einem Rosenheimer Gewerbegebiet (heuer mit einem Paar belegt), Pfraundorf (heuer ein Horstpaar) und Grafing bei München (Einzelstorch im Jahr 2022) zu finden.

Weit gereist und nur
auf Zwischenstation

Die Weißstörche, die derzeit hier zu beobachten sind, sind nach Meinung von Torben Langer vom LVB auch „mit großer Sicherheit nicht nur Vögel aus der umliegenden Region“. Es müssten nicht einmal zwangsläufig welche aus den heimischen Horsten darunter sein. Die meisten dürften seiner Einschätzung nach sogar bereits einige 100 Flugkilometer hinter sich haben.

Seine Erklärung für die aktuell große Anzahl: „Jetzt setzt langsam die Zugzeit ein. Die Störche sammeln sich zu größeren Zugtrupps und fressen sich noch einmal richtig satt, bevor sie nach Afrika fliegen.“

Da, wo es gute Bedingungen für sie gibt, lassen sie sich nieder. Möglicherweise ist im Mangfalltal das Aufkommen von Amphibien auf den heuer ziemlich feuchten Wiesen recht groß. Auch sei von einem „guten Mäusejahr“ die Rede – ein gedeckter Tisch für den Storch also.

Dass die Tiere hier im Voralpenland Rast machen, liege auch daran, dass die Alpen eine natürliche Zugbarriere darstellen, vor der die Störche noch einmal Kräfte tanken.

Denn sie flögen nicht direkt über die Alpen, sondern je nach Herkunftsort um sie herum Richtung Süden: die aus dem Westen Kommenden nehmen die Route über die Nordseite der Alpen nach Spanien, Gibraltar und von dort übers Meer nach Afrika.

Und die von Osten Kommenden wählen den Weg über den Balkan und Bosporus. Wobei manche auch in Südeuropa überwintern oder immer mehr sich den Flug sogar gänzlich sparen und hier bleiben. Was ein Glückspiel sei, bei einem milden Winter aber durchaus den Vorteil bringe, dann als erste wieder die Nester belegen zu können.Dass sich Meister Adebar bei uns wohlfühlt, beobachtet auch Biologe Harry Klottig vom Tierkundemuseum Markt Bruckmühl: Seien vor einigen Jahren noch hauptsächlich vagabundierende Störche in der Region zu beobachten gewesen, entschlössen sich nun auch Tiere, hier zu nisten, etwa auf einem Strommast bei Noderwiechs.

Maßnahmen des

Schutzprogramms

Durch die Maßnahmen im Zuge des Bayerischen Weißstorch-Schutzprogramms gebe es mittlerweile wieder mehr Störche. Diese seien auch Kulturfolger, fänden eben Nistmöglichkeiten auf Kaminen, Strom- oder Telefonmasten und schritten gerne hinter Mäh- und Pflugmaschinen her, um sich von Mahdopfern und Würmern zu ernähren. „Auch die hohen Mäusepopulationen durch die trockenen Sommer der letzten Jahre tragen dazu bei, dass der Storch sich aktuell wieder ganz wohl bei uns fühlt.“

Aber auch magerere Jahre könne der Storch als „Nahrungsopportunist“ kompensieren, indem er eben auch andere Beutetiere wie Amphibien, Reptilien oder Großinsekten jagt.

Ein Jungstorch benötige bis zu 1,6 Kilo Nahrung pro Tag, eine Storchenfamilie bis zu 4,5 Kilo. „Es bleibt also spannend, ob die bei uns nistenden Störche sich dauerhaft ansiedeln und sich tatsächlich weiter vermehren werden“, so der Biologe.

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