Einige Anwohner einer Stichstraße wollen einen Verkehrsspiegel. Die Fachbehörden sind sich einig: Der ist unnötig und sinnlos. Sichtdreiecke freihalten oder vorsichtig in die Vorfahrtsstraße hineintasten, das sollte reichen. Letzteres haben wir alle in der Fahrschule gelernt.
Die Bürger wollen das eine, die Behörden das andere. So weit, so normal. Normal ist es – gerade auf dem Dorf – auch, dass sich die Anwohner an die Gemeinderatsmitglieder ihres Vertrauens wenden. Oder das Thema in der Bürgerversammlung aufs Tapet bringen. Dass sie Widerstand gegen die Entscheidung leisten.
Aber dabei gibt es Grenzen. Und die wurden in Flintsbach überschritten. Nicht durch den provisorisch von Unbekannten aufgehängten Spiegel, den das Straßenbauamt abmontieren ließ. Sondern durch ein Kreuz.
Gegenüber der Einmündung, auf Privatgrund, da wo nach dem Willen der Anwohner der Verkehrsspiegel stehen soll, steht ein Kreuz. Nicht einfach aus zwei Dachlatten schnell zusammengenagelt. Nein, da wusste jemand genau, was er baut. Inklusive Abstellmöglichkeit für ein Grablicht. Ich habe schlechtere Kreuze auf manchem frischen Grab gesehen. Auch die Beschriftung ist handwerklich gut – trotz eines fehlenden Kommas.
„Oh, wo war denn der tödliche Unfall?“ So die erschrockene Frage zweier Kollegen beim Blick auf das Foto auf meinem Bildschirm. Genau daran denkt jeder, der ein Holzkreuz mit Grablicht am Straßenrand sieht: An einen Menschen, der dort sein Leben verloren hat. Dieses Kreuz an der Kufsteiner Straße in Flintsbach trägt die Aufschrift „Ruhe in Frieden lieber Spiegel“. Und unter den „Lebensdaten“ ist zu lesen „Stefan, danke für nichts …“ Stefan ist, darauf halte ich jede Wette, Bürgermeister Stefan Lederwascher.
Der Zweite Bürgermeister, selbst Anwohner der Stichstraße, meint, das sei wohl ironisch gedacht. Nein, Ironie ist etwas ganz anderes. Tödlich verunglückte Menschen mit einem überflüssigen Verkehrsspiegel gleich zu setzen, das ist bodenlos. Das tut man nicht.
Sylvia.Hampel@ovb.net