„Schatz von Wasserburg“

von Redaktion

Schneebruch, Unwetter, Borkenkäfern: Der Wald ist im Klima-Stress. Wie kann der Kampf gegen das Waldsterben gelingen? Ein Puzzlestück ist im Wasserburger Stadtwald zu finden. Denn hier gibt es den größten Bestand an Douglasien in Südbayern. Warum Förster von „einem kleinen Schatz“ sprechen und wie andere davon profitieren.

Wasserburg – Der Wald ist im Klima-Stress: Lange Trockenperioden, zahlreiche Unwetter und zunehmende Schädlinge wie der Borkenkäfer machen den Bäumen zu schaffen. Gerüstet für die Klimaveränderung, dank nachhaltiger Waldwirtschaft und auch ein bisschen Glück, ist jedoch der Wasserburger Stadtwald am Herder. Mit der Ernte der Zapfen wollen die Stadt, das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) und die Waldbesitzervereinigung Wasserburg-Haag nun auch anderen Forstbesitzern helfen.

„Es ist ein kleiner Schatz, das kann man durchaus so sagen“, erzählt Tobias Büchner, Revierförster vom AELF und damit auch zuständig für die Waldgebiete von Wasserburg, beim Pressetermin vor Ort. Denn hier im Stadtwald am Herder befindet sich der wohl größte Bestand an Douglasien in ganz Südbayern. In Zeiten des Klimawandels eine wertvolle Rarität.

Douglasie ist
besonders
klimatolerant

Die Kiefernart, heimisch vor allem in Nordamerika, gilt als besonders klimatolerant. „In den Gegenden, in denen die Douglasie zu Hause ist, herrscht das Klima, welches wir in Deutschland erwarten können“, zeigt sich Michael Luckas, Abteilungsleiter Forsten 2 vom AELF, überzeugt. Kalifornien, Washington, auch Teile der Rocky Mountains zähle die Douglasie als ihren Heimatort. Durch die klimatischen Bedingungen und dank der Herzwurzelform sei der Nadelbaum auf lange und trockene Sommer eingestellt, gleichzeitig könne die Douglasie aber auch mit Frost und härteren Wintern umgehen. „Wir werden auch bei uns weiterhin Schnee haben, deshalb ist es wichtig, dass unsere Bäume auch damit klarkommen“, so Luckas. Außerdem, ergänzt Büchner, gebe es bei der Douglasie wenig Schädlinge. Der Borkenkäfer mache dem Baum kaum zu schaffen.

Die immer wieder geäußerte Kritik seitens der Naturschützer, dass es sich bei der Douglasie um eine invasive Art handle, die heimische Arten verdränge, wollen weder Luckas noch Büchner gelten lassen. Zum einen, da die Douglasie auch vor der letzten Eiszeit in Europa beheimatet war. Zum anderen, weil sie sich nicht so stark verbreite, wie ursprünglich befürchtet. Natürlich dürfe es nicht zu einer Monokultur in den bayerischen Wäldern kommen. „Wir brauchen eine Mischung, um für die Zukunft gerüstet zu sein“, sagt Büchner. Doch die Verbreitung sei beschränkt, denn die Douglasie wachse beispielsweise nicht in Senken oder an zu kühlen Orten. Auch im Stadtwald am Herder sei keine natürliche Verbreitung wahrzunehmen, dazu seien das Blätterdach zu dicht und der Boden zu dunkel. „Die Douglasie ist kein Wunderbaum“, gibt auch Luckas zu. Aber möglicherweise ein Puzzlestück im Kampf mit und gegen den Klimawandel.

„Wahres
Katastrophen-Jahr
für den Wald“

Denn dieser macht den Wäldern immer mehr zu schaffen, allein das vergangene Jahr sei eine „Katastrophe“ gewesen, sagen sowohl Büchner, als auch Alexander  Graßl, Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung Wasserburg-Haag. „Zunächst hatten wir den Schneebruch im Dezember“, erzählt Graßl, „und anschließend die vielen Unwetter. Unsere Förster hatten sehr, sehr viel zu tun.“ Zwar habe der feuchte Sommer den Borkenkäfer lange ferngehalten, „aber der kam in den vergangenen Wochen mit aller Macht zurück“, sagt Büchner. Er spricht von einem „wahren Katastrophen-Jahr“, geprägt durch die Auswirkungen des Klimawandels.

250 Kilogramm
Saatgut für Tausende
neue Bäume

Umso wertvoller ist er also, der „kleine Schatz“ in Wasserburg. Denn in Bayern gibt es bislang nicht viele Douglasien-Bestände. Insbesondere wenig, die beerntet, also deren Zapfen gepflückt und zu Setzlingen gezogen werden können. „Für so ein Vorhaben gibt es strenge Vorgaben“, erklärt Luckas. Um die genetische Vielfalt zu gewährleisten, müsse der Bestand geprüft sein, es brauche zudem mindestens 20 Douglasien, die beerntet werden können. Im Wasserburger Stadtwald gibt es 22. „Das ist der größte Bestand, den wir hier in Südbayern finden konnten“, so Luckas. Es klingt nach nicht viel, doch wenn alles gut geht, können aus den 22 Bäumen Tausende neue Douglasien entstehen, wie Rupert Oberloher, Inhaber der Baumschulen Oberloher, erklärt. Denn aus einem Kilogramm Saatgut könnten circa 20000 Setzlinge gezogen werden. 250 Kilogramm wurden am Herder geerntet. In drei bis vier Jahren seien die ersten Setzlinge dann bereit, verpflanzt zu werden.

Büchner spricht von einem „Glücksfall“, dass die Douglasien im Stadtwald zu finden sind. Denn warum die 120 Jahre alten Kiefernbäume hier stehen, wer sie eingepflanzt hat, das weiß niemand so genau. „Wir haben versucht, es nachzuvollziehen“, sagt Bürgermeister Michael Kölbl, „leider ohne Erfolg.“ Er freue sich, dass die Beerntung geklappt habe. Der Wald sei ein wichtiger CO2-Speicher, Naherholungsgebiet, aber auch ein bedeutender Baustein in der Wärmeerzeugung. So werde das neue Nahwärmenetz an der Salzburger Straße aus den Abfallprodukten am Herder gespeist. „Umso mehr freut es mich, dass wir unsere Douglasien beernten konnten und in Zukunft dann Setzlinge zurückerhalten“, so Kölbl. Damit sei der Stadtwald „ein Beispiel für eine vorbildliche Waldwirtschaft im Sinne der Nachhaltigkeit.“

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