Zwangsräumung am Obinger „Seiml-Hof“

von Redaktion

Landrat Siegfried Walch: „Warum hat Eigentümer nicht selbst Mietverträge abgeschlossen?“

Obing – Freitag, 23. August, 7 Uhr in der Früh: Vor dem „Seiml-Hof“ in Ilzham bei Obing fährt ein Bus im Auftrag des Landratsamts vor, flankiert von einem halben Dutzend Polizeiautos. Eine Zwangsräumung steht an, es geht um 20 ukrainische Flüchtlinge. Bis sie ihr Hab und Gut verladen haben, vergehen knapp vier Stunden. Ein Dolmetscher hilft, die Polizei wird nicht gebraucht. „Die Räumung verlief friedlich und ohne besondere Vorkommnisse“, heißt es auf Nachfrage unserer Zeitung aus dem Traunsteiner Landratsamt.

Seiml-Hof gGmbH wird jetzt liquidiert

Das Kapitel der ukrainischen Flüchtlinge auf dem Obinger Inklusionsbauernhof ist damit zu Ende. Sie hatten Anfang August noch Eilanträge beim Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Die für 8. August angesetzte Räumung konnte damit noch aufgeschoben werden. Doch jetzt gab das Gericht dem Landratsamt in allen Punkten recht: Die Ersatzunterkünfte für die Ukrainer seien angemessen, die Räumung verhältnismäßig. Sechs der Kriegsflüchtlinge zogen noch vor dem Räumungstermin aus.

Von März 2022 bis September 2023 bestand ein Beherbergungsvertrag zwischen dem Landkreis und dem „Seiml-Hof“ – in der Spitze für bis zu 119 Personen an drei Standorten. Der Vertrag endete, doch die Ukrainer blieben – inklusive Verpflegung und Betreuung. Einen „Schaden im sechsstelligen Bereich“ habe man jetzt, wie „Seiml-Hof“-Geschäftsführer Fabian Wiese unserer Zeitung mitteilt. Mehr noch: Wegen der „verweigerten Zahlungen“ des Landratsamtes sei die gemeinnützige GmbH am 20. August liquidiert worden und befinde sich jetzt in Auflösung.

Landrat Siegfried Walch (CSU) kontert: Die Beherbergungsverträge seien im September 2023 wegen „extrem hoher Kosten“ gekündigt worden. Er spricht von bis zu 70000 Euro monatlich bei vergleichbaren Größenordnungen. „Das macht klar, warum der Vermieter so engagiert dafür kämpft, dass die Bewohner bei ihm bleiben“, fügt Walch hinzu. Der Obinger Hof hätte jederzeit selbst Mietverträge mit den Ukrainern abschließen können. Der Landrat weiter: „Es geht also wohl weniger um die Menschen, als mehr um die Konditionen.“

„Unzulässige Unterstellungen“ seien das, heißt es vonseiten des „Seiml-Hofs“. Walch wolle nur „politisch punkten“. Geschäftsführer Wiese wundert sich noch immer über den „plötzlichen Sinneswandel“ der Kreisbehörde im September 2023, als die Verträge gekündigt wurden. Schließlich sei das Landratsamt in den anderthalb Jahren zuvor von den Leistungen des Hofs „überzeugt“ gewesen. Und Wohnungsmangel auf dem freien Markt habe es damals wie heute gleichermaßen gegeben. Andere Unterbringungen würden der öffentlichen Hand schließlich auch Geld kosten. Man spricht von einer Räumung „ohne Rücksicht auf Verluste“.

20 Ukrainer anders untergebracht

Das Landratsamt hält dagegen, dass man im Laufe der letzten zwölf Monate immer wieder Wohn-Alternativen angeboten habe. Ein Bus der Kreisbehörde stand jetzt nicht zum ersten Mal abholbereit beim „Seiml-Hof“. Die Angebote seien aber immer wieder abgelehnt worden. „Ein Umzug ist keineswegs unzumutbar – insbesondere nicht, wenn man kostenlos wohnen darf“, so Walch: „Es darf nicht immer nur darum gehen, ob ein Flüchtling umziehen will oder nicht.“ Es gehe darum, ob die Sache gegenüber der Gesellschaft und dem Steuerzahler noch vertretbar sei. Die 20 Ukrainer, die bis vergangenen Freitag in Ilzham lebten, hätten jetzt „andere adäquate Wohnungen oder Unterkünfte“ im Landkreis bekommen. Die Behinderungen einiger Bewohner seien „angemessen berücksichtigt“ worden. Überhaupt: Weil die Ukrainer längst Flüchtlingsstatus hätten, müsste sie die Behörde gar nicht mehr selbst unterbringen. „Wir tun es trotzdem, weil wir damit unsere Kommunen vor Obdachlosigkeit schützen“, so Walch. Fabian Wiese vom „Seiml-Hof“ sieht dagegen den „Verlust sozialer Bindungen“ bei den ukrainischen Flüchtlingen. Auf die öffentliche Hand könnten so langfristig höhere Kosten zukommen, zum Beispiel für zusätzliche Integrationsmaßnahmen.

„Die Intention des Eigentümers ist klar erkennbar“, fasst Landrat Walch seine Sicht der Dinge zusammen: „Er will nicht selbst mit den Bewohnern Mietverträge zu regulären Preisen abschließen, sondern weiter von den alten Beherbergungsverträgen profitieren – und da spielen wir nicht mit.“

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