Inntal – Mit Verspätung wurden zwei Männer aus dem Inntal vor Gericht zitiert, weil sie sich in 2020 entschlossen, mit dem Drogenhandel ihre Kasse aufzubessern. Über Telegram hatten sie harte Drogen eingekauft und einen schwungvollen Handel betrieben. Dabei beließen der 45-jährige, der aktuell arbeitslos gemeldet ist, und der 41-jährige Lagerist es nicht bei Haschisch oder Cannabis. Um richtig Geld zu verdienen, griffen sie gleich zu den harten Drogen. Heroin, Kokain und Amphetamine waren im Angebot.
Mildere Strafen
für den Lieferanten
Aufgeflogen waren sie nach dem altbekannten Schema, das Drogenhändler und Konsumenten immer wieder außer Acht lassen: Deren Lieferant aus Norddeutschland flog auf. Um über den Kronzeugen-Paragraf 31 des Betäubungsmittel-Gesetzes eine mildere Strafe zu erreichen, benannte er – wie viele vor ihm – seine Kunden in Oberbayern. Er selber, seit anderthalb Jahren verurteilt und in Haft, konnte als „Freigänger“ in Rosenheim als Zeuge aussagen. In einem vorab geführten Rechtsgespräch, wobei die Verteidiger Rechtsanwalt Raphael Botor und Johanna Mathäser aus Freilassing versuchten eine Bewährungsstrafe zu erreichen, konnte keine Verständigung erzielt werden. Der Handel mit harten Drogen schien aus Sicht der Staatsanwaltschaft dem entgegenzustehen.
In einem Notizbüchlein waren fein säuberlich Namen und Liefermengen der Angeklagten notiert. Dass es sich dabei um die hier Angeklagten handelte, bestätigte der Belastungszeuge. Zwar war der Verteidiger bemüht, die Glaubwürdigkeit des Zeugen infrage zu stellen, jedoch erschienen die nur geringfügigen Abweichungen in dessen Aussagen in den Protokollen von vor drei Jahren und hier vor Gericht kaum nennenswert.
In seinem Schlussvortrag erklärte der Staatsanwalt die Anklagen bis auf einen Punkt für nachgewiesen. Lediglich eine „unverbindliche Anfrage“, die sich in dem Notizbüchlein fand, hielt er für nicht strafbewehrt beziehungsweise als Versuch zu werten. Wegen aller anderen Anklagen beantragte er für beide eine Gefängnisstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Rechtsanwalt Botor, der Verteidiger des jüngeren Drogenhändlers, erklärte in seinem Plädoyer, dass der Zeuge ein hohes Belastungsinteresse gehabt habe.
Hatte der doch nicht unerheblich davon profitiert, die beiden zu belasten. Zum zweiten sei sein Mandant nachgewiesenermaßen in sehr hohem Maße selber heroinabhängig gewesen. Es habe sich insoweit lediglich um Eigenkonsum und nicht um Handeltreiben gehandelt. Insoweit reduziere sich die Schuld seines Mandanten, sodass durchaus eine Bewährungsstrafe infrage komme.
Zumal sein Mandant zum Tatzeitpunkt ohne jede Vorstrafe gewesen sei. Dasselbe Argument führte die Verteidigerin des älteren Angeklagten ins Feld. Ihr Mandant sei darüber hinaus nur ein untergeordneter Mittäter gewesen. Außerdem seien Preise und Wirkstoffgehalt von den Ermittlungsbehörden lediglich geschätzt worden. Zudem habe keine Durchsuchung stattgefunden, geschweige denn irgendwelches Belastungsmaterial aufgezeigt.
Sie stellte keinerlei Strafantrag. Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richterin Isabella Hubert folgte den Ausführungen des Hauptzeugen. Das Argument des Eigenkonsums widerlegte die Richterin damit, dass es rein rechnerisch dem älteren Angeklagten finanziell nicht möglich gewesen sei, derart hohe Heroinmengen zu finanzieren. Lediglich der Drogenverkauf habe ihm seinen Konsum ermöglicht.
Rund drei
Jahre Haft
Der Verteidigerin hielt sie entgegen, dass auch ein Mittäter sich die Schuld des Haupttäters zurechnen lassen müsse. Eine Strafmilderung ergebe sich lediglich aus der Tatsache, dass die Taten lange zurückliegen. Drei Jahre gegen den 41-Jährigen und zwei Jahre sowie acht Monate Haft gegen den 45-Jährigen lauteten die Urteile. Dagegen hat Rechtsanwalt Botor noch im Gerichtssaal Berufung eingelegt.