Prutting – Für die Klagen über den „heiligen Bürokratius“ fand sich bei der jüngsten Sitzung des Pruttinger Gemeinderates wieder ein Beleg. Da ging es um die sogenannten Wasserrechte der Kläranlage in der Bockau. Das ist gewissermaßen eine Art Betriebsgenehmigung, die in turnusmäßigen Abständen immer wieder mal erneuert werden muss.
Kann eigentlich kein Problem sein, denkt man als Laie. Die Anlage wird schließlich seit 50 Jahren von den beiden Zweckverbänden Simssee und Prien-Achental betrieben. Sie läuft zur höchsten Zufriedenheit aller beteiligten neun Gemeinden und hat auch noch „Zukunftskapazitäten“ frei.
Doch so einfach ist es nicht. Für die Verlängerung des Wasserrechts schreibt das Landratsamt nunmehr vor, dass nicht nur für die Hauptsammelstrecken der Abwasserkanäle eine ausreichende Rohrdimensionierung nachgewiesen werden muss, sondern jetzt auch für alle Strecken innerhalb jeder einzelnen Gemeinde. Der Pruttinger Gemeinderat war sich einig: Hier wird etwas untersucht, was, wie der einwandfreie Betrieb der Kläranlage zeigt, ganz offensichtlich in Ordnung ist. Das kostet Geld, denn für eine solche Aufgabe muss ein Ingenieurbüro beauftragt werden. Für Prutting schätzt Bürgermeister Johannes Thusbaß die zu erwartenden Kosten auf etwa zwei Euro pro Bürger. Zwei Euro klingen nach nicht viel, räumt der Bürgermeister ein, aber lästig sind sie doch, weil es sich seiner Meinung nach um Kosten handelt, die nicht zwingend notwendig wären. Zudem koste die Auflage die jeweiligen Gemeinden noch etwas, was mindestens genauso knapp sei wie Geld, nämlich Zeit.
Ist das Landratsamt hier übers Ziel hinausgeschossen? Ist dort auch sonst der Quell der überbordenden Bürokratie? Für Thusbaß wäre das eindeutig zu kurz gedacht. Denn Landratsamt und alle verbundenen Ämter wie etwa Wasserwirtschaftsamt oder Straßenbauamt geben, so sagt er, ja ihrerseits nur die Auflagen und Verordnungen weiter, die sie von „weiter oben“ erhalten.
Thusbaß sieht es so: Die Ursache für die immer weiter wuchernde Bürokratie liegt in uns allen. „Läuft etwas nicht so, wie es wir Bürger uns wünschen, sehen wir irgendwo irgendetwas, was uns vermeintlich in unserer Entfaltung beeinträchtigt, dann ist mittlerweile oft eine Klage der nächste Schritt“, sagt der Bürgermeister. Und sein Amtskollege Peter Kloo aus Kolbermoor sieht es ähnlich: „War früher ein Baustellenloch auf einem Gehweg und es fiel jemand hinein, dann hieß es: Selber schuld. Die Riesengrube sieht man doch.“ „Heute“, so klagt auch Kloo immer wieder, „genügt das nicht mehr. Vielmehr muss präzis nachgewiesen werden, dass ausreichende Absicherungsmaßnahmen getroffen worden sind.“ Was seiner Meinung nach fast zwangsläufig zu „Straßengrubenabsicherungsverordnungen“ führt, die jede nur denkbare Eventualität zu berücksichtigen versuchen und dann möglichst buchstabengetreu einzuhalten sind. Und wehe, wenn nicht. Dann droht die nächste Klage.