Rohrdorf – Geraldine Hermann ist eine Frau mit viel Charme und schon von daher eine begnadete „Netzwerkerin“, wie das heute heißt. Gleichzeitig ist sie aber jemand, der im Zweifelsfall lieber anpackt und handelt, als viel redet. Zwei Eigenschaften, die sie wohl zeitlebens gehabt hat. Wäre es anders, gäbe es nämlich heute wohl kein Repaircafé, in Rohrdorf nicht, aber auch nicht in anderen Gemeinden des Landkreises. Die nämlich haben sich alle nach dem Beispiel des Rohrdorfer Repaircafés gegründet.
Es war vor elf Jahren, als Geraldine Hermann über Zeitungsinserate nach Mitstreitern für eine Idee suchte, auf die sie ein Fernsehbeitrag gebracht hatte: Warum nicht eine Anlaufstelle schaffen, an der versucht würde, Kaputtes zu reparieren, anstatt mit diesem Ansinnen im Fachhandel zu scheitern oder es gleich von vornherein wegzuwerfen? Überraschend viele Gleichgesinnte fanden sich – so gut wie alle sind übrigens heute noch dabei – und schon im September 2014 konnte das Repaircafé starten.
Alles begann
im Seniorenheim
Ein erstes Zuhause fand die Reparaturtruppe im Thansauer Seniorenheim Sankt Anna und damit konnte die „Reparaturstelle“ auch tatsächlich zu einem echten Repaircafé werden: Platz gab es dort reichlich und vor allem auch die Gelegenheit, einen Kaffee zu trinken, ein Stück Kuchen zu essen und ein bisschen zu ratschen, nicht zuletzt auch mit den Bewohnern des Seniorenheims. Kurz: sich die Wartezeit zu versüßen, bis das mitgebrachte kaputte Gerät wieder repariert worden war.
Dies ist aber nur möglich, so betont Geraldine Hermann, dank der Aufgeschlossenheit von Thomas Göberl, dem damaligen Leiter des Bad Endorfer Katharinenheims, zu dem das Haus Sankt Anna gehört, weshalb sie sich besonders freute, dass er jetzt beim zehnjährigen Jubiläum des Repaircafés zu Gast war. Auch einen weiteren Geburtshelfer vergisst sie nicht: Martin Fischbacher vom Rohrdorfer Bürgerblock, denn von dort bekam sie die nötige Anschubfinanzierung. „Ohne diese beiden“, so sagte Geraldine Hermann bei der Geburtstagsfeier, „gäbe es das Repaircafé heute nicht.“
Seit etwa zwei Jahren steht hinter dem Repaircafé der Montessori Förderverein. Ursache war eigentlich die Suche nach einem neuen, festen Domizil gewesen, denn im Seniorenheim Sankt Anna konnte man infolge der Corona-Pandemie immer seltener zu Gast sein. Der Montessori Förderverein hatte neben der Schule nicht nur eine passende Räumlichkeit, sondern auch das Angebot, das Repaircafé unter seine Fittiche zu nehmen. Damit hat das Repaircafé nunmehr Vereinsstatus, was hinsichtlich der Bürokratie vieles leichter macht. Für viele im Rohrdorfer Gemeinderat unvergessen ist die einstige Bitte des Repaircafés, den Aufbau einer eigenen Homepage zu unterstützen. Das Gremium hätte das gern gemacht, konnte es aber wegen des fehlenden Vereinsstatus nicht. Die salomonische Lösung: Jeder der Gemeinderäte warf aus seiner eigenen Tasche zwanzig Euro in den Hut und die vierhundert Euro waren gesichert. Eine schöne, eine noble Geste – aber eben keine Dauerlösung. Die Verbindung zur Montessorischule bringt aber noch weitere Effekte mit sich: Auch in der Nachmittagsbetreuung der Schule gibt es nun eine Reparaturwerkstatt – natürlich ebenfalls betreut von Geraldine Hermann. Die Schule bittet seither alle Eltern, Dinge, die kaputt sind, nicht voreilig wegzuwerfen, sondern sie den Kindern mitzugeben: Vielleicht lässt sich das Gerät in der Reparaturwerkstatt doch noch reparieren, unter Umständen mit der Hilfe der Fachleute vom Repaircafé. Auf jeden Fall aber dient es den Kindern als „Unterrichtsgegenstand“, bei dem sie lernen, mit filigranem Werkzeug umzugehen.
Viele Probleme
beim Reparieren
Zwar beklagen die Fachleute vom Repaircafé, dass sich seit einigen Jahren immer weniger Dinge reparieren ließen, weil man gar nicht mehr an ihr Inneres hinkomme. Die Geräte sind heute verschweißt und immer seltener noch verschraubt, das gilt vor allem für alle Billigprodukte. Aber einen Lichtblick gibt es auch: Man stelle fest, so sagt Geraldine Hermann, dass es in der Industrie hier erste Ansätze zu einer Rückbesinnung gebe.
Das wäre dann der Beweis für die Feststellung, die Maria Haimmerer, Zweite Bürgermeisterin der Gemeinde, bei ihrer kleinen Geburtstagsfestrede traf: „Umdenken in Sachen Nachhaltigkeit fängt in ganz kleinem Maßstab an. Wenn jeder vor seiner Haustür kehrt, ist das ganze Dorf sauber.“
Die Repaircafés mit ihrem Reparaturangebot könnte man in diesem Sinn als Keim für die Rückkehr zu einer nachhaltigeren Produktion sehen. Und schon deswegen ist für Maria Haimmerer das Repaircafé ein Gewinn auf ganzer Linie, für Rohrdorf wie für die Montessorischule. Weshalb ihr auch ganz wichtig war, nicht nur allen „Reparateuren“, sondern auch Geraldine Hermann im Namen der Gemeinde herzlich zu danken: „Geraldine Hermann steht für das Rohrdorfer Repaircafé und damit für eine großartige Idee.“