Schlüsselprojekt für die Zukunft

von Redaktion

Wärmeplanung ist Thema einer Bürgerversammlung in Oberaudorf

Oberaudorf – Der Luftkurort Oberaudorf hat die Wärmeplanung zu einem zentralen Zukunftsthema erklärt. Bei einer gut besuchten Bürgerversammlung stellten Bürgermeister Dr. Matthias Bernhard und Experten die bisherigen Pläne vor und gaben einen Ausblick auf die weiteren Schritte. „In den letzten Monaten haben wir intensiv daran gearbeitet, die besten Lösungen für unsere Gemeinde zu finden. Unser Ziel ist es, eine nachhaltige, wirtschaftliche und zukunftssichere Wärmeversorgung zu gewährleisten“, so der Bürgermeister zu Beginn der Veranstaltung.

In der Ist-Situation des Wärmebedarfs werden bereits heute große Gebiete der Gemeinde mit Erdgas versorgt. In Niederaudorf gibt es ein kleines „Nahwärmenetz“, während ein Großteil der Gemeindesiedlungsfläche mit Einzelversorgungsoptionen ausgestattet ist.

Berechnung anhand
von Gebäudemodellen

Für die zukünftige Einordnung der Gebiete wird zwischen Einzelversorgung, Gasgebiet und Wärmenetzgebiet unterschieden. Die Vorgehensweise zur Ermittlung des Wärmebedarfs basierte auf der Nutzung von 3D-Gebäudemodellen, die standardisierten Dachformen wie Sattel- oder Walmdächer aufweisen. Die Gebäudetypcharakteristika wurden abgeleitet und die beheizte Nutzfläche berechnet. Die Gebäude wurden in Baualtersklassen unterteilt und der Wärmebedarf je Gebäude in Abhängigkeit der beheizten Nutzfläche und Baualtersklasse berechnet.

Der Gesamtwärmebedarf für Oberaudorf beträgt nach dieser Berechnung etwa 70 GWh. Die Heizungsstruktur und CO2-Bilanz für das Jahr 2022 zeigt, dass die CO2-Emissionen 14213 Tonnen betragen. Die Heizungsstruktur setzt sich aus Fernwärme, Strom, erneuerbaren Energieträgern (Biomasse), Gasen sowie Heizöl zusammen.

Die Potenziale für erneuerbare Energien in Oberaudorf sind vielfältig. Solarthermie kann zehn bis 30 Prozent der Gesamterzeugung ausmachen. Das Biomassepotenzial beträgt insgesamt 10950 MWh, bestehend aus Waldrestholz und Landschaftspflegeholz. Wärmepumpen an Flussgewässern wie dem Inn und dem Auerbach sind ebenfalls möglich, jedoch sind die ganzjährigen Temperaturniveaus zu beachten. Oberflächennahe Geothermie ist prinzipiell möglich, jedoch gibt es teilweise Beschränkungen hinsichtlich der Bohrtiefe.

Das Ziel ist es, bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen. Die Experten der AGFW (Arbeitsgemeinschaft Fernwärme) und der INNergie GmbH erläuterten, dass die kommunale Wärmeplanung in 2026 abgeschlossen sein soll. Anschließend folgen Planungs- und Genehmigungsphasen, sodass der Bau voraussichtlich zwischen 2028 und 2032 stattfinden kann. Besonders ambitioniert ist das Ziel der Klimaneutralität bis 2040. Hierfür plant die Gemeinde verschiedene Versorgungsmodelle, darunter Biomasse-Heizkraftwerke, Wärmepumpen und oberflächennahe Geothermie.

In einer lebhaften Fragerunde hatten die Bürger die Gelegenheit, ihre Anliegen vorzubringen. Ein Bürger äußerte seine Sorge, dass das Fernwärmeprojekt aufgrund mangelnder Nutzerzahlen möglicherweise scheitern könnte. Er wies auf die hohen Kosten für ein Heizkraftwerk und die Anschlüsse hin, die in die Millionen gehen. Die INNergie berichtete jedoch, dass es in der Region einige positive Beispiele von kleinen Fernwärmenetzen gibt, die wirtschaftlich betrieben werden. In Oberaudorf befinde man sich derzeit noch in der Planungsphase, erklärte das Unternehmen. Zunächst müsse ermittelt werden, was tatsächlich realisierbar sei.

Auch die Frage nach der zukünftigen Gasversorgung wurde thematisiert. Heiko Peckmann, Geschäftsführer der INNergie GmbH, machte deutlich, dass noch unklar sei, wann und wie alternative Energieträger wie Wasserstoff in das Gasnetz integriert würden. Allerdings versicherte er, dass das Gasnetz, solange betrieben werde, wie Kunden es wünschen, und ein aktiver Rückbau nicht geplant sei.

Ein weiteres Thema war die Nutzung von lokalem Holz für ein geplantes Biomasse-Heizkraftwerk. Der Bürgermeister erklärte, dass das Holz CO2-neutral sei, da das Kohlendioxid zuvor von den Bäumen gebunden wurde. Es sei jedoch wichtig, dass die Waldfläche konstant bleibe, um langfristig CO2-Neutralität zu gewährleisten. Man plane vor allem, Waldrestholz und Wurzelstöcke zu nutzen, die für Landwirte oft problematisch seien.

Ein Vorschlag eines Bürgers, die Wärmeplanung auf benachbarte Gemeinden wie Kiefersfelden auszuweiten, stieß beim Bürgermeister auf Skepsis. Eine lange Wärmeleitung sei nicht sinnvoll, da hierfür zusätzliche Energiequellen nötig wären. Zwar gebe es Gespräche mit den Gemeindewerken Kiefersfelden, jedoch seien Synergieeffekte in diesem Fall unwahrscheinlich.

Schließlich äußerten Bürger Bedenken, dass ein Anschluss an das Fernwärmenetz zu einer Abhängigkeit von einem Monopolisten führen könnte. Peckmann entkräftete diese Sorgen teilweise, indem er betonte, dass Verbraucher auch mit einem Fernwärmeangebot die freie Wahl der Wärmeversorgung haben. Wichtig ist es, eine sichere, ökologische und wirtschaftliche Wärmeversorgung und auch bezahlbar für den Bürger aufzubauen.

Der Bürgermeister betonte abschließend, dass man sich noch am Anfang des Planungsprozesses befinde und die Rückmeldungen der Bürger ein wichtiger Bestandteil seien.

Bürgern mögliche
Optionen aufzeigen

So geht es nach Auskunft der Experten in Oberaudorf weiter: Die Gemeinde arbeitet daran, bis 2025 einen klaren Transformationsplan zu entwickeln, um den Bürgern, die eine neue Heizung benötigen, verschiedene Optionen anzubieten. Im Jahr 2026 sollen die ersten Machbarkeitsstudien vorliegen, die den Weg für die Umsetzung ebnen. Bereits in den kommenden Jahren wird es Übergangslösungen geben, insbesondere in Gebieten, wo Einzelheizungen ausfallen. Hier könnten alternative Modelle in Betracht gezogen werden, bis das Wärmenetz vollständig installiert ist. Der Fokus liegt darauf, den Bürgern eine realistische Planung zu bieten, die über die formellen Anforderungen hinausgeht und die tatsächliche Umsetzbarkeit in den Vordergrund stellt.

„Wir haben gelernt, dass wir uns – gesetzlich wie auch als Gemeinschaft – zügig von fossilen Brennstoffen verabschieden müssen. Auch wir als Gemeinde müssen uns dieser Herausforderung stellen, und ich hoffe, dass wir Ihnen heute einen Einblick in unsere Überlegungen geben konnten. Die Gemeinde hat sich das Ziel gesetzt, bis nächstes Jahr konkrete Ergebnisse vorzustellen, und es wird auch weiterhin Gelegenheiten geben, um über den Fortschritt zu sprechen und Ihre Anregungen einzubringen“, fasst der Bürgermeister die Bürgerversammlung zusammen.

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