Großkarolinenfeld – Es war ein bizarrer Anblick für eine Anwohnerin aus Tattenhausen. Die Frau, die lieber anonym bleiben möchte, bemerkte bei einem Spaziergang, dass in einem großen Obstgarten etwas Schwarzes an einem Apfelbaum hing. „Ich bin näher heran und habe mich richtig erschrocken“, sagt die Anwohnerin. Denn es war eine tote Krähe, die dort kopfüber an einem Ast hing. Mit einer Schnur war sie an einem Bein aufgeknüpft. „Es war entsetzlich“, sagt die Tattenhausenerin. Auch knapp drei Wochen später ist der Anblick des toten Tieres für sie unbegreiflich. Denn der Vogel hänge immer noch dort. „Die Krähe sieht mittlerweile auch schon sehr zerfleddert aus“, sagt sie.
Zwar seien laut ihr immer wieder einige Krähen im nahegelegenen Wald unterwegs, doch sie glaube nicht, dass sie die Obstgärten angreifen. Erklären kann sie sich das Ganze nicht. „Aber so wie die Krähe platziert wurde, sieht es sehr mutwillig aus“, sagt die Frau. Und sollte der Vogel dort verunglückt sein, hätte man ihn ihrer Meinung nach sofort abhängen müssen. „Es laufen dort schließlich viele Familien mit ihren Kindern und Hunden herum.“
Nachdem sie das tote Tier entdeckt hatte, wandte sie sich sofort an das Veterinäramt in Rosenheim. „Die Tiere stehen schließlich auch unter Naturschutz“, sagt sie. „Und wenn jemand das Tier dort absichtlich aufgehängt hat, geht das überhaupt nicht.“
Eine Erklärung für das Aufhängen von Krähenkadavern haben das Veterinäramt und die Naturschutzbehörde vom Landratsamt Rosenheim ebenfalls nicht. Nur eine Vermutung: „Tote Krähen werden immer wieder von Landwirten oder Obstbauern zur Abschreckung aufgehängt, um die anderen Krähen zu vergrämen“, teilt Pressesprecherin Sibylle Gaßner-Nickl auf OVB-Anfrage mit. Die Landwirte erhoffen sich so, dass Obst oder Ansaaten vor Fraß oder Aufpicken geschützt sind. Zudem wollen sie damit die Singvögel vor den Krähen schützen, denn die schwarzen Vögel sind als „Nesträuber“ bekannt.
Aktuell sei noch nicht klar, ob die Krähe eines natürlichen Todes gestorben ist oder getötet wurde. Die Naturschutzbehörde sowie das Amt für Öffentliche Sicherheit und Ordnung würden derzeit den Sachverhalt überprüfen. Denn Rabenkrähen zählen zu einer „besonders geschützten Art“. „Nach der Vogelschutzrichtlinie sind alle europäischen Vogelarten besonders geschützt“, sagt Sibylle Gaßner-Nickl.
Jedoch gibt es Vögel, die dem Jagdrecht unterliegen. „Wenn die tote Krähe gemäß den jagdrechtlichen Vorschriften erlegt wurde, ist dies keine Ordnungswidrigkeit oder Straftat, allerdings ethisch fragwürdig“, sagt die Amtssprecherin. Jennifer Beuerlein