Großkarolinenfeld/Aschau/ Oberaudorf – Der Bahnhof in Großkarolinenfeld ist fast wie jeder andere Bahnhof auch. Es gibt einen Kiosk mit Toiletten, ein Fahrradstellplatz und Sitzmöglichkeiten. Durch eine Unterführung gelangen die Reisenden über eine Treppe zu den beiden Bahnsteigen. Doch für Bürgermeister Bernd Fessler gibt es ein Problem: Der Bahnhof ist nicht barrierefrei. Seit Jahren setzt er sich für eine Besserung ein – bislang ohne Erfolg. Doch nun kommt die Barrierefreiheit. Allerdings nicht an diesem Bahnhof.
Aktionsprogramm
des Freistaats
Die Bahnhöfe in Aschau und in Oberaudorf dagegen werden barrierefrei. Sie profitieren von einem Aktionsprogramm des Freistaats für barrierefreie Stationen. Bayern wird insgesamt 100 Millionen Euro in den Ausbau von 24 Bahnhöfen aus allen Regierungsbezirken investieren.
Warum diese beiden Bahnhöfe im Landkreis Rosenheim ausgewählt wurden, habe einen bestimmten Grund. „Gemäß Grundgesetz ist der Bund für den Ausbau und Erhalt der Deutschen Bahn-Stationen verantwortlich“, teilt ein Pressesprecher vom Bayerischen Verkehrsministerium auf OVB-Anfrage mit. Dabei seien die „Barrierefreiheitsausbauten“ priorisiert worden.
Welche Bahnhöfe für dieses Projekt infrage kommen, sei vom sogenannten „1000er-Kriterium“ abhängig. „Dies bedeutet, dass der Bund grundsätzlich nur Stationen mit mindestens 1000 Ein- und Aussteiger pro Werktag barrierefrei ausbaut“, sagt der Pressesprecher. Kleinere Stationen werden dabei nicht beachtet. Nach der Bewertung der Anzahl an Ein- und Aussteigern und auch anhand der Knotenpunkte im Verkehrssystem der Eisenbahn habe man sich dann für den Regierungsbezirk Oberbayern für die Stationen Aschau im Chiemgau und Oberaudorf entschieden.
Für die beiden Gemeinde ein Grund zur Freude. „Angesichts der bisherigen jahrelangen Bemühungen ein echter Paukenschlag für dieses wichtige Vorhaben“, sagt Aschaus Bürgermeister Simon Frank. Der aktuelle Zustand des Bahnhofs sei für Menschen mit Rollstuhl und Rollator sowie für Familien mit Kinderwagen oder Radfahrer „unbefriedigend“. Auch für die zahlreichen Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen sei eine barrierefreie Anbindung wichtig.
Von der Bahnsteig-Oberkante bis zur Oberkante Wagenboden gebe es derzeit einen Höhenunterschied von 100 Zentimetern. Um diese zu überbrücken, greift die Bahn auf eine Notlösung zurück. Ein Bahnbediensteter steuert dafür eine Hydraulik-Rampe. „Oft war das, personell bedingt, unzureichend beziehungsweise unzuverlässig“, sagt Frank. Außerdem sei für die Nutzung eine große Vorlaufzeit nötig. Nun werde endlich „ein wichtiger Meilenstein in Sachen Barrierefreiheit, Inklusion und Mobilität“ geschaffen.
Für die Barrierefreiheit rechnet die Deutsche Bahn laut Frank mit Kosten von rund 1,5 Millionen Euro inklusive der Planungskosten von 148000 Euro. Die Gemeinde Aschau beteilige sich gemäß Gemeinderatsbeschluss mit 20 Prozent, also 29600 Euro, daran. Wann genau mit den Änderungen zu rechnen ist, ist laut dem Bürgermeister noch unklar.
Auch die Gemeinde Oberaudorf ist seit Jahren für eine Ertüchtigung ihres Bahnhofs. Die aktuelle Situation sei für viele „kaum haltbar“, sagt Bürgermeister Matthias Bernhardt. Bislang mussten Touristen, Menschen mit Beeinträchtigung oder Kinderwagen in den Nachbargemeinden zu- oder aussteigen. Nun werde der Bahnhof für alle Menschen zugänglich und das sei in der heutigen Zeit ein „notwendiger Schritt“.
„Am Bahnhof Oberaudorf wird der Bahnsteig von Gleis 1 angehoben und ein Lift wird errichtet, der die Bahnsteige barrierefrei verbinden wird“, sagt Bernhardt. Aktuell rechnet er damit, dass die Maßnahmen 2027 durchgeführt werden.
Doch nicht nur in diesen Gemeinden ist der Wunsch nach einem barrierefreien Bahnhof groß. Seit Jahren ist das auch ein Anliegen der Gemeinde Großkarolinenfeld. Alle Versuche sind bislang gescheitert. Sehr zum Bedauern von Bürgermeister Bernd Fessler. Und dennoch habe sich in der Vergangenheit schon einiges getan. So seien barrierefreie Toiletten sowie eine Überdachung und Beleuchtung für die Radlständer im Norden und Süden der Gleise entstanden. Auch zwei Uhren mit Zifferblättern sind neu.
Nun fehle nur noch, dass die beiden Bahnsteige barrierefrei werden. Entweder mit Rampen oder Aufzügen. Laut Fessler nutzen viele Bahnkunden aus Schechen, Kolbermoor und Rosenheim den Bahnhof in Großkarolinenfeld als Ausgangsstation. Denn von dort sei man innerhalb von 29 Minuten am Ostbahnhof, was ideal für Pendler sei.
Bürgermeister hofft
auf Ausbau 2028
„Es ist mir ein persönliches Anliegen, Teilnahme für alle an bestehender Infrastruktur zu ermöglichen“, sagt Fessler. Er habe das Gefühl, dass die Bahn den Bedarf nicht „als gegeben einschätzt beziehungsweise ist es uns nicht gelungen, das entsprechend zu vermitteln“. Daran möchte der Bürgermeister weiterhin arbeiten. Und eine gute Chance sieht er in Zukunft auch schon. „Die Sanierung der Gleise durch die Bahn zwischen München und Rosenheim im Jahr 2028 ist eine Gelegenheit, die man nicht verpassen darf.“