Räte dürfen nicht mehr „schwafeln“

von Redaktion

Stephanskirchen reaktiviert Redezeitbegrenzung – Angriff auf demokratisches Recht?

Stephanskirchen – Kann die Gesprächskultur verbessert werden? Oder soll ein demokratisches Recht beschnitten werden? Die Stephanskirchener Gemeinderäte dürfen nicht mehr „schwafeln“. Sie müssen sich kurzfassen. Darüber entbrannte jetzt eine emotionale Debatte. Eigentlich ist es nicht neu: Der Redebeitrag eines Gemeinderates in den Stephanskirchener Ratssitzungen soll sich aufs Thema beziehen und nicht länger als zwei Minuten dauern – außer bei der Begründung von eingereichten Anträgen oder bei Haushaltsdebatten. Unerwünscht war das „Schwafeln“ schon in der Amtszeit von Rainer Auer. Er war zwölf Jahre, von 2008 bis 2020, Bürgermeister von Stephanskirchen. Und manch einer erinnert sich noch gut an „das kindische Klingeln“, wie es Christian Helget (Freie Wähler) beschreibt.

Geschäftsordnung
gilt seit Langem

Dass ihnen nur zwei Minuten Redezeit empfohlen werden, wissen die Gemeinderäte. So ist es im Paragraf 28 Absatz 4 der Geschäftsordnung geregelt, und die wurde im September 2020 vom Gemeinderat einstimmig beschlossen. Dass das Thema jetzt noch einmal diskutiert wurde, liegt am Gemeinschaftsantrag der Fraktion der Parteifreien Bürger Stephanskirchen, der Unabhängigen Fraktion und der Bauernpartei. „Wir möchten an die bestehende Regel erinnern, denn die Gesprächskultur hat sich negativ entwickelt“, erläuterte Stephan Mayer (Parteifreie) den Antrag. Er sprach von „sehr langen und ermüdenden Redebeiträgen“ und davon, wieder „Struktur und Kultur in die Diskussion“ bringen zu wollen. Robert Zehetmaier (Bayernpartei) ergänzte, dass mit diesem Antrag die Gemeindeordnung wieder aktiviert werden solle.

Auch wenn es im Interesse aller liegen dürfte, dass sich Sitzungen nicht unnötig in die Länge ziehen, entfachte der Antrag eine emotionale Diskussion. Uwe Klützmann-Hoffmann (SPD) hatte kein Verständnis dafür, denn: „Wir haben andere Probleme. Und Redekultur hat nichts mit Redezeit zu tun.“

Johannes Lessing (Bündnis 90/Grüne) lobte die Motivation, war aber ein wenig gekränkt, dass seine Fraktion nicht vorher angesprochen und gefragt wurde, ob sie mitmachen würde. Auch das habe seiner Meinung nach etwas mit Kultur zu tun. Zudem habe die Länge der Sitzungen nichts mit den Redebeiträgen zu tun, sondern mit der Länge der Tagesordnung. „Dass wir hier reden und diskutieren, ist unser Königsrecht. Bitte wirkt nicht an der Beschneidung eurer eigenen Rechte mit“, appellierte er an die Gemeinderäte.

Friedrich Kreutz (AfD) stört sich nicht an einer Begrenzung der Redezeit: „Man kann Fakten präzise und prägnant formulieren. Persönliche Befindlichkeiten spielen keine Rolle.“ Janna Miller (B90/Grüne) bezeichnete es als Armutszeugnis, „dass in Gremien, die Entscheidungen vorberaten, die Redezeit begrenzt“ werden solle. Das, stellte der Bürgermeister richtig, sei nicht beabsichtigt: „In vorberatenden Gremien ist die Redezeit nicht begrenzt, nur im Gemeinderat.“ Da er ihr ins Wort gefallen war, um das Missverständnis schnell aufzuklären, musste er sich eine Rüge von Miller anhören: „Gesprächskultur bedeutet auch, andere ausreden zu lassen.“

Jacqueline Aßbichler (CSU) fasste das Ziel des Antrages kurz und prägnant zusammen: „In zwei Minuten kann man viel sagen, wenn man sich auf das Wesentliche begrenzt und nicht die Sitzungsvorlagen wiederholt, die sowieso schon jeder gelesen hat.“ Der Gemeinderat stimmte mit 15:6 Stimmen dafür, dass der Sitzungsleiter künftig die Redezeit „überwacht“. Christian Helget gab Bürgermeister Karl Mair als Sitzungsleiter einen Wunsch mit auf den Weg: „Bitte künftig kein Klingeln mehr, sondern den freundlichen Hinweis, dass man zum Ende kommen sollte.“

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