Wohnen ohne Heizung

von Redaktion

Leben in einer der teuersten Gemeinden im Landkreis

Stephanskirchen – Keine 300 Wohngebäude gab es vor 1950 in Stephanskirchen. Fast das Zehnfache sind es nach den Daten des letzten Zensus aktuell. Wohnen in Stephanskirchen – das klingt nach großem Einfamilienhaus mit Garten oder geräumiger Wohnung im Drei-Familien-Haus. Klar, das gibt es. Es gibt aber auch die Wohnungen aus der Zwischenkriegszeit, die bis heute keine Heizung haben. Und die vierköpfigen Familien, die in einer Zweizimmerwohnung hausen, die gibt es auch.

Eine Wohnung ohne Heizung, das können sich die Wenigsten vorstellen. Bei 19 Gebäuden in Stephanskirchen ist aber genau das der Fall. Die Mehrfamilienhäuser entstanden überwiegend in den 1920er- und 1930er-Jahren. Damals wurde zumeist über den holzbefeuerten Herd in der Küche die gesamte Wohnung beheizt. Der alte Herd wurde irgendwann durch einen Elektroherd ersetzt, und die Heizquelle war weg.

Nachrüstung scheitert
am Platzmangel

Für Zentralheizungen, gleich ob Öl oder Gas, ist in den Mehrfamilienhäusern meist kein Platz. Für Gasetagenheizungen fehlt oft in der Wohnung der Platz. Also bleiben Nachtspeicheröfen, Heizlüfter und Infrarot, sprich Heizen mit Strom. Etliche der Wohnungen ohne Heizung sind in Mehrfamilienhäusern, die der Gemeinde gehören. Die dafür allerdings auch entsprechend niedrige Mieten nimmt. Die Mieten, die der Zensus 2022 ermittelt hat, geben die aktuelle Marktlage nicht wieder.

Laut Zensus werden von 2670 vermieteten Wohnungen in der Gemeinde die weitaus meisten – nämlich 1517 – für eine Kaltmiete von sechs bis zehn Euro, weitere 466 für zehn bis zwölf Euro Kaltmiete angeboten. Wer allerdings derzeit im Internet nach einer Mietwohnung in Stephanskirchen sucht, hat keine fünf zur Auswahl. Die günstigste ist für knapp 12,50 Euro pro Quadratmeter Kaltmiete zu haben.

Nach den Zensusdaten kosteten 2022 fünf Wohnungen zwischen 16 und 18 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter, fünf Wohnungen mehr als 20 Euro. Momentan findet man im Internet zwei – allerdings voll möblierte und mit allem von Handtuch bis Suppenlöffel voll ausgestattete – Wohnungen für um die 40 Euro pro Quadratmeter. Warm. Am anderen Ende des Spektrums gibt es laut Zensus 230 Wohnungen für vier Euro pro Quadratmeter. Dafür bekommt der Mieter aber nur den einfachsten Standard, überwiegend in Gebäuden aus den Zwischen- und Nachkriegsjahren.

In den 1970er- und 1980er-Jahren erlebte Stephanskirchen einen Bauboom: 938 Wohngebäude entstanden in diesen beiden Jahrzehnten. Zum Vergleich: Von 2011 bis 2022 waren es 115 neue Wohngebäude. Es wären noch deutlich weniger, hätten nicht 2021 die Bauarbeiten am Neubaugebiet „Tulpenweg“ in Schloßberg begonnen.

2022 gab es in der Gemeinde 2868 Wohngebäude, darunter 67 sogenannte „Gebäude mit Wohnraum“, das sind vor allem Gewerbebetriebe mit Betriebsleiterwohnung, aber auch Bürogebäude mit Penthouse-Wohnung. 1072 Einfamilienhäuser wurden gezählt und 520 Doppelhäuser. Dazu kommen noch 307 Mehrfamilienhäuser mit drei bis sechs Wohnungen, 80 mit sieben bis zwölf Wohnungen und 13 mit 13 oder mehr Wohnungen.

2686 Wohngebäude in Stephanskirchen gehören Privatpersonen, 65 privaten Unternehmen, 33 der Gemeinde, elf privaten Wohnungsunternehmen und zehn einer Genossenschaft. Wie sich diese Zahlen in den nächsten Jahren verschieben, bleibt abzuwarten. Denn im Südosten von Haidholzen soll ein neuer Ortsteil entstehen, der in Einfamilien-, Reihen- und Mehrfamilienhäusern zwischen 500 und 700 Menschen ein Dach über dem Kopf bietet.

Im Durchschnitt
108 Quadratmeter

Wohnraum wird es auch dort in verschiedenen Größen geben. Für 2022 hat der Zensus ermittelt, dass 1014 Wohnungen in der Gemeinde 60 bis 79 Quadratmeter groß sind, 888 zwischen 80 und 99 Quadratmetern. Da es aber auch fast 300 Häuser und Wohnungen mit 200 Quadratmetern und mehr gibt, kommt Stephanskirchen auf eine durchschnittliche Wohnungsgröße von 108 Quadratmetern. Bemerkenswert: In 31 der Wohnungen beziehungsweise Häuser mit mehr als 200 Quadratmetern lebt eine einzelne Person.

Modellgemeinde der Artenvielfalt, fahrradfreundliche Gemeinde, Photovoltaik- und Solaranlagen auf kommunalen Gebäuden – Stephanskirchen hat sich im Laufe der Jahre einen gewissen Ruf als wohlhabende Öko-Gemeinde erworben.

Dazu passt es, dass schon beim Zensus 2010/2011 Öl als Hauptenergieträger der Heizungen abgelöst war. Und Gas mit knapp 30 Prozent auf Platz zwei landete.

Gut 39 Prozent der Heizungen wurden schon zu dem Zeitpunkt mit regenerativen Energien – also PV-/ Solaranlagen, Geothermie und Wärmepumpen – befeuert. Tendenz steigend.

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