Stephanskirchen – Kinder sind ein Segen. Gleichzeitig stellen sie das Leben eines Paares auf den Kopf – im positiven, aber manchmal auch im negativen Sinne. Denn gerade bei Eltern junger Kinder verschiebt sich der Lebensmittelpunkt ausschließlich aufs Kind. Partnerschaft und Zeit für sich selbst rücken in den Hintergrund. Frust und Stresspotenzial schwellen an.
Lösungsorientierte Ansätze
Mia Schwaiger ist Familientherapeutin. Beim Kinderschutzbund Rosenheim sowie in ihrer Privatpraxis in Schloßberg berät sie Eltern, Paare oder Einzelpersonen und arbeitet mit Systemischer Therapie. Dabei wird sowohl das soziale Umfeld als auch die Familie beleuchtet und nach lösungsorientierten und umsetzbaren Ziele gesucht.
„Familie ist unser Irrenhaus und ein Himmelreich“ – das ist das Motto, das für Mia Schwaiger auf die meisten Familien zutrifft. Denn die Erziehung eines oder mehrerer Kinder kann sehr fordernd sein. „Man bekommt das Kind, das man für seine eigene Entwicklung braucht“, sagt die Therapeutin und lacht. Sie meint damit, dass Kinder ihre Eltern an deren sensible Punkte bringen können, ihre Geduld auf die Probe stellen, deren Grenzen testen – und auch mal überschreiten. Durch den Spagat zwischen Elternsein, Partnerschaft, Karriere und Haushalt, der für viele Eltern Alltag ist, entstehe ein „Minenfeld aus Triggerpunkten“.
Als Familientherapeutin unterstützt sie Eltern in Erziehungsfragen sowie Familien und Paare bei Trennungen. Sie bietet aber auch therapeutische Hilfe bei Überforderung im Alltag. „Meine Arbeit beim Kinderschutzbund und in der Praxis zeigt, dass es überall dieselben Probleme gibt“, erklärt die 41-Jährige. Diese ziehen sich durch alle Schichten oder Berufsgruppen, unabhängig vom sozialen oder kulturellen Hintergrund. Je stärker Frau und Mann beruflich eingebunden sind, desto schwieriger gestalte sich der Alltag und dessen Bewältigung. Die Folge: Die Belastung wächst.
„Vor allem Frauen glauben, non-stop präsent sein zu müssen, was zu Überforderung führt.“ Denn die Erfahrung zeige, dass überwiegend Mütter das Gefühl haben, an mehr denken zu müssen, als es Väter tun: Ist genug Wechselkleidung in der Kita? Passen die Schuhe noch oder braucht es die nächste Größe? Wann steht Turnen, der Flötenunterricht oder der nächste Kindergeburtstag auf dem Programm – und welches Geschenk wird besorgt?
Deswegen rücke in der Beratungsarbeit die sogenannte Familienresilienz in den Fokus. „Das ist die Fähigkeit, mit schwierigen Lebenssituationen und Krisen innerhalb der Familie umzugehen, dabei ein gutes Selbstwertgefühl zu bewahren und sich weiterzuentwickeln“, erklärt Schwaiger. Warnsignale, dass es an Resilienz in der Familie fehlt, sind unter anderem körperliche und psychische Erschöpfung, die länger andauert, verminderte Leistungsfähigkeit, Rückzug und körperliche Distanz zum Partner oder/und zum Kind sowie Ängste und Sorgen. Auch Schlafstörungen, unkontrolliertes und der Situation nicht angemessenes Verhalten sowie Stress und Gereiztheit seien keine Seltenheit.
Wenn die persönliche Belastung zu hoch wird, leidet auch die Partnerschaft. „Um nicht in die Vorwurfsfalle zu tappen, sollten Eltern feste Zeiten planen. Für sich, als Paar und für die Familie. Am besten schriftlich.“ Denn ohne Pausen gehe es nicht. Auch das Formulieren von gemeinsamen Werten stärke den familiären Zusammenhalt. Das könnten kleine Dinge sein wie gemeinsame Mahlzeiten oder Spaziergänge. Aber auch bessere Kommunikation oder ein verändertes Zeitmanagement. Gleichzeitig helfe es Eltern, sich in Wertschätzung für die anderen zu üben. Für die Kinder, den Partner. „Wenn wir uns diese Sichtweise im Alltag erhalten, dann können wir entspannter mit schwierigen Situationen umgehen.“
Um die Familienresilienz zu stärken, bietet der Kinderschutzbund das Elternkurs-Programm „Starke Eltern – Starke Kinder“ an. Eltern bekommen dort das nötige „Werkzeug“ an die Hand, auf das sie im Erziehungsalltag zurückgreifen können.
Workshops samt Kinderbetreuung
Mia Schwaiger plant ab Februar 2025 Workshops zum Thema Familienresilienz sowie weiterführende Themenabende mit Schwerpunkten. Gemeinsam mit Fitness-Coach Landi Wilke sollen Interessierte die nötigen Impulse rund um die Themen Erziehung, familiäres Zeitmanagement und wertschätzende Partnerschaft erhalten.