Großkarolinenfeld/Schechen/ Stephanskirchen/Riedering/ Rohrdorf – „Meine Erwartung war nicht sonderlich hoch, deswegen verspüre ich weder große Zufriedenheit noch große Enttäuschung.“ Simon Hausstetter, Rohrdorfs Bürgermeister, bleibt in seiner Bewertung der Anhörung zum Brenner-Nordzulauf (BNZ) im Verkehrsausschuss des Bundestages sehr sachlich.
Zumal seine Gemeinde kaum eine Rolle spielte, zu sehr standen die Verknüpfungsstelle Wildbarren und die Innunterquerung von Stephanskirchen nach Schechen im Vordergrund. Lediglich Andreas Winhart (MdL) brachte die oberirdische Strecke in der Lauterbacher Filze und die dort mögliche Anbindung Salzburgs ein.
Zufrieden mit Auftritt
des Landrats
Bürgermeister Stefan Adam aus Schechen hält fest, dass in der ersten Fragerunde erwartungsgemäß jeder Experte die ihm zugedachte Rolle spielte, fand die Runde aber dennoch recht interessant.
Sein Nachbarbürgermeister Bernd Fessler aus Großkarolinenfeld ist sich mit Adam einig, dass die Anhörung nicht viel Neues gebracht hat. „Alles, was gesagt wurde, ist eigentlich bei allen, die sich schon länger mit dem Thema beschäftigen, längst bekannt“, sagt Fessler, der „sehr zufrieden“ ist mit dem Auftritt des Landrates. „Den hätte man sich besser kaum vorstellen können.“ Otto Lederer hätte eine gute Mischung aus Leidenschaft und Sachlichkeit gezeigt, wie bei ihm typisch unterfüttert mit Zahlen. „Da wird sich kein Bürgermeister beschweren können.“
Adam, der den 13. April 2021, die Verkündung der Vorzugstrasse, als einen der „schwärzesten Tage meiner Amtszeit“ bezeichnet, findet hingegen, dass Lederer in der zweiten Runde ein besseres Bild abgab, auch wesentlich stärkere Argumente für eine Untertunnelung des Inns zwischen Stephanskirchen und Schechen brachte. Denn da verwies Lederer unter anderem darauf, wie viele Jahre die 40 Meter lange Brücke bei Wernhardsberg den Bau der B15-Westtangente verzögert habe – und die Bahn will eine mehr als einen Kilometer lange Brücke von Stephanskirchen nach Schechen in den Rosenheimer Seeton stellen und noch zusätzliche Brücken ins Schechener Gemeindegebiet.
Fessler hat allerdings so seine Zweifel, dass es zu einer Umplanung – sei es bei der Verknüpfungsstelle bei Kirnstein oder bei der Innquerung im Rosenheimer Norden – kommen wird. „Verzögerungen und steigende Kosten wird man kaum wegdiskutieren können.“
Hausstetter, der sich mit seiner Gemeinde genauso vehement gegen die Neubautrasse stemmt, wie es das benachbarte Stephanskirchen tut, ist sich mit Adam einig, dass Gerhard Müller, Bundesbahndirektor a.D., gute Argumente gegen den BNZ-Neubau hat. Aber als einziger Kritiker in der Runde habe er einen schweren Stand gehabt. „Aber vielleicht ist er mit seiner grundlegenden Kritik ja doch zu dem einen oder anderen durchgedrungen – vor allem auch, weil er einen fundierten Gegenvorschlag gemacht hat“, hofft Hausstetter.
Anhörung
zum Teil live erlebt
Während Adam, Fessler und Hausstetter das Geschehen in Berlin via Internet verfolgten, waren Karl Mair (Stephanskirchen) und Christoph Vodermaier (Riedering) live bei der Anhörung in Berlin dabei. Die beiden Bürgermeister sind sich einig: Es war spannend zu beobachten, wer mit wem redet – auch vor und nach der Anhörung – und wer wen ignoriert.
Inhaltlich war es, findet Christoph Vodermaier, „die erwartete Veranstaltung“, durch die vorliegenden Experten-Statements sei der Verlauf ja vorgezeichnet gewesen. Karl Mair fügt an, dass es dennoch wichtig sei, dass das Thema jetzt schon im Bundestag gelandet sei, die Befindlichkeiten der Region jetzt bekannt geworden sind und nicht erst bei der parlamentarischen Befassung Anfang 2025.
Den regionalen Aspekt, halten beide fest, brachten die Experten der Unionsfraktion, der Linken und der AfD in den Verkehrsausschuss, die Ampel hatte überregionale Befürworter des BNZ geladen. Sie hatten von ihren Besucherplätzen aus das Gefühl, dass sich die Experten mit regionalem Bezug gut verkauft hätten, sind sich Vodermaier und Mair einig. Die Kernforderungen aus dem Landkreis und die Auswirkungen auf die Region seien sehr deutlich geworden, vor allem durch das leidenschaftliche Plädoyer des Landrates. Allerdings, schränkt Mair ein, merke man, dass es bei vielen Fraktionen gar nicht mehr um das „ob“ gehe.
Kernforderungen
wurden deutlich
Die „offensichtliche Lobbyarbeit“, die die SPD sowohl dem Land Tirol und der ÖBB sowie der Bahn und ihren von DB-Vorstandsmitglied Ingrid Felipe – zuvor stellvertretende Landeshauptmännin von Tirol – über den grünen Klee gelobten Bürgerdialogen ermöglichte, stieß beiden Bürgermeistern sauer auf. Betroffenheit bis Verärgerung löste auf den Zuschauerrängen die Tatsache aus, dass Tirol mal wieder die Blockabfertigung als Druckmittel nutzte.
Die mehrfach angesprochene mehrjährige Verzögerung, die sich bei einer Umplanung der Innquerung nördlich Rosenheims und der genaueren Untersuchung der Verknüpfungsstelle im Wildbarren ergeben könnte, hält Christoph Vodermaier für übertrieben. Das gehe schneller „und ein Jahr mehr oder weniger darf bei einem Projekt dieser Größenordnung keine Rolle spielen.“
Karl Mair beschlich das Gefühl, man lasse „die Bahn so vor sich hin planen und tut nicht mehr viel, wenn der Druck nicht zu groß wird.“ Was ihm sichtlich nicht schmeckt, denn „es geht um uns, um die Region. Es geht ums Hier und Jetzt.“