Gemeinden nicht schuld an Verzögerung

von Redaktion

Sie wollen sich nicht die Schuld in die Schuhe schieben lassen, die Bürgermeister Dr. Matthias Bernhardt und Stefan Lederwascher. Genau das versuchten einige Experten im Verkehrsausschuss des Bundestages. Die Bürgermeister sagen, jemand anderes ist schuld an Verzögerungen beim Brenner-Nordzulauf.

Flintsbach/Oberaudorf – Sie sind sauer, die Bürgermeister Dr. Matthias Bernhardt und Stefan Lederwascher. Sauer, dass bei der Anhörung zu den Kernforderungen der Region Rosenheim beim Brenner-Nordzulauf (BNZ) im Verkehrsausschuss des Bundestages ihren Gemeinden Oberaudorf und Flintsbach die Schuld an weiteren Verzögerungen in die Schuhe geschoben wurde.

Bahn „will sich
nicht entwickeln“

„Wir reden seit vier Jahren mit der Bahn über nichts anderes, als über die Verlegung der Verknüpfungsstelle in den Wildbarren. In allen Veranstaltungen, Foren und Gesprächsrunden“, sagt Bernhardt. Sich jetzt vorwerfen zu lassen, die Gemeinden verzögerten den Brenner-Nordzulauf, wenn die Bahn in vier Jahren nichts, überhaupt nichts, getan hätte, das findet er ein starkes Stück. „Selbst das Gutachten, dass eine Verknüpfungsstelle im Berg möglich ist, haben die Inntal-Gemeinden in Auftrag gegeben und bezahlt.“ Die Bahn wolle sich offensichtlich nicht entwickeln, bleibe lieber auf dem Stand von vor 40 Jahren.

Sein Flintsbacher Kollege Lederwascher ist genauso empört. Käme es jetzt zu einem Zeitverlust wegen des Wildbarrens, hätte den allein die Ampel-Koalition zu verantworten, sagt er. Ganz gleich, was man von den beiden letzten Verkehrsministern halte: Die hätten sich die Situation zumindest im Inntal angeschaut. Der jetzige Verkehrsminister Volker Wissing habe das Thema beiseitegeschoben, kümmere sich kein bisschen. Er überlasse alles der Bahn.

In vier Jahren Diskussion um die Verlegung in den Wildbarren habe es von der Bahn aber keine Reaktion gegeben. „Wir hatten einen Termin mit Ingrid Felipe, die uns als stellvertretende Tiroler Landeschefin und Grüne immer gesagt hat ‚kämpft weiter‘. Jetzt, als Vorstandsmitglied der Bahn, sagt sie zwei Tage vorher ohne Begründung einen Termin ab. Klar: Wes‘ Brot ich ess‘, des Lied ich sing“, sagt Lederwascher.

Besonders enttäuscht war Lederwascher von Felix Heizler vom Deutschen Zentrum für Schienenverkehrsforschung (DZSF). Der habe nur bestehende Verordnungen und Vorgaben verlesen, das sei aber nicht Aufgabe des Forschungszentrums. Es sei, auch laut eigener Internetseite, dazu da, Entwicklungen rund um die Bahn voranzubringen. „Was der Mann geliefert hat, war eine glatte Themaverfehlung.“ Wenn frühere Generationen so gearbeitet hätten, wie jetzt das Zentrum für Schienenverkehrsforschung, „dann hätten wir bis heute keinen Bahnverkehr.“ Mit ihren Bürgermeisterkollegen nördlich und östlich von Rosenheim sind sich Lederwascher und Bernhardt einig, dass es vor allem die Oppositionsparteien und deren Experten waren, die sich zu den Anliegen der Region äußerten, allen voran Landrat Otto Lederer.

„Den Grünen scheint es egal zu sein, dass Kernthemen ihrer Partei wie Flächenfraß, Natur- und Landschaftsschutz oder Almwirtschaft massiv betroffen sind, die drücken nur aufs Tempo“, kritisiert Bernhardt. Lederwascher kritisiert, dass Matthias Gastel, Vertreter der Grünen im Verkehrsausschuss, die Anhörung gar zum Wahlkampf missbraucht habe. „Das hatte da nichts zu suchen!“ Was beide anprangern: Matthias Gastel sitzt seit 2022 im Aufsichtsrat der DB Infra GO (früher DB Netz, Anm.d. Red.). Das hat er bei der Anhörung unter den Tisch fallen lassen.

Auch die Anwesenheit des Tiroler Verkehrsministers René Zumtobel als Experte, geladen von der SPD, stieß bei Bernhardt und Lederwascher auf wenig Verständnis. „Ich empfinde das als Affront“, sagt Bernhardt deutlich. Denn natürlich habe der die Tiroler Interessen vertreten. Inklusive kaum verhohlener Drohung mit noch mehr Blockabfertigungen. Allerdings hat Zumtobel den Inntalgemeinden auch ein perfektes Argument für die Verlegung der Verknüpfungsstelle in den Wildbarren geliefert, wenn vermutlich auch unbeabsichtigt. Zumtobel sprach davon, dass in Tirol 80 Prozent des BNZ unterirdisch verlaufe, weil nur elf Prozent der Fläche Tirols besiedelt werden könnte. „Wir haben hier, an der engsten Stelle des gesamten Inntals, keine elf Prozent Besiedlungsmöglichkeit“, sagt Lederwascher. Und dann führen durch diese engste Stelle ja ohnehin schon Fluss, Autobahn, Bahnstrecke, eine 110-kV-Stromleitung und drei internationale Pipelines sowie eine Staatsstraße. „Nach Zumtobels Logik muss dann die Verknüpfungsstelle schon aus Platzmangel in den Berg“, sagt Bernhardt.

Gespannter Blick
in die Zukunft

Bei allem Negativen, was den beiden Bürgermeistern aufgestoßen ist: Stefan Lederwascher ist froh, dass durch diese Anhörung auch das Gutachten der Inntalgemeinden zur Verlegung der Verknüpfungsstelle in den Wildbarren aktenkundig und für alle Bundestagsabgeordneten zu lesen ist. Mit einem ist Lederwascher nicht allein: „Ich bin gespannt, wie es weitergeht.“

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