Unterwegs auf Schusters Rappen

von Redaktion

Heimatverein Schnaitsee wandert zu den früheren Machtzentren Berg und Kling

Schnaitsee – Ein prosperierender Pfarrhof, nicht viel kleiner als so manches Kloster, und eine Burg als Sitz eines der größten Gerichte in Altbaiern – das Grenzgebiet zwischen den heutigen Gemeinden Schnaitsee und Babensham hat jahrhundertelang große Bedeutung gehabt. Und um diese Bedeutung nochmal aufleben zu lassen, veranstaltete der Heimatverein Schnaitsee eine Wanderung zum ehemaligen Schnaitseer Pfarrhof in Berg und zum Klinger Schlossberg.

Erste Rast auf
Höhenrücken

Geführt wurde die Tour mit knapp 20 Gästen von Ortsheimatpfleger Reinhold Schuhbeck. Bei der ersten Rast auf dem Höhenrücken Obernhof ging es um die Zeit, als Kling ab etwa 1550 auch ein beliebtes Jagdschloss für die Herzöge bzw. später für die Kurfürsten war.

Die ganze Gegend war damals auf den Beinen, um den hohen Herren aus München zu dienen. Noch heute kennt man das Anwesen „Dinner“ im nahen Lampertsham, wo Diener und Köche die Speisen zubereiteten. Auch das Pfisterer-Anwesen in St. Leonhard zeugt mit seinem Namen noch von der damaligen Aufgabe als Brotlieferant.

In Berg angekommen verdeutlichte Ortsheimatpfleger Schuhbeck die große Bedeutung der Pfarrherren von früher. Sie leiteten von diesem zentral gelegenen Ort innerhalb der Großpfarrei nicht nur die Seelsorge, sondern auch ein Landwirtschaftsunternehmen mit teilweise mehr als zehn Knechten und Mägden. Weitere Einnahmen des Betriebes waren der Drittelzehent von 260 Bauern im Umkreis und der ganze Zehent von 40 weiteren Höfen.

Kein Wunder, dass so mancher Pfarrherr für diese umfassende Hauswirtschaft nicht ohne weibliche Unterstützung auskommen wollte. Eine ganze Schar von Kooperatoren, Vikaren und Benefiziaten half bei der Seelsorge, waren doch 15 umliegende Kirchen zu betreuen.

Die Gottesdienste, Gebetsstunden und Feldumgänge waren ebenso zahlreich wie die Regeln und Gebote der katholischen Kirche. Wer zum Beispiel nicht zur Osterbeichte ging, geriet schnell ins Visier der Geistlichkeit.

Das eigentliche Ziel war dann nach etwa zwei Stunden erreicht: Kling. Vor gut 1000 Jahren war der Burgberg zunächst Sitz der Grafen zu Kling, ab 1259 fiel es dann an die Wittelsbacher. Kurz darauf wurde das große Landgericht errichtet, das etwa im Dreieck von Inn, Alz und Chiemsee lag. Für gut 500 Jahre war hier die administrative Verwaltung für unsere Heimat. Pfleger, Landrichter, Gerichtsschreiber und weitere Amtsleute waren hier beschäftigt und natürlich ein ganzer Tross an Bediensteten. Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die Burg dann zu einem Jagdschloss im Renaissance-Stil umgebaut. Es entstand ein gewaltiger Bau, die ganze Anlage erstreckte sich auf über 130 Metern Länge. Dreimal im Jahr gab es große Jagdgesellschaften mit 600 Treibern, 60 Hunden und 200 Pferden. Touristisch wäre Schnaitsee heute mit Sicherheit ganz anders aufgestellt, würde das Schloss noch stehen. Aber die Anlage fiel einer Verwaltungsreform zum Opfer, das eher abgelegene Kling ohne größere Straßenanbindung, Flussnähe oder umliegende Stadt wurde nicht mehr gebraucht. Der Sitz des Gerichts wurde verlegt, der Bau zum Abbruch freigegeben.

Zusammenspiel von
Staat und Kirche

Beim Blick auf das überlieferte Bild vom ehemaligen Schloss war die „weltliche“ Macht spürbar, etwa 17500 Einwohner vom Gerichtsbezirk wurden von hier aus verwaltet. Beim Zusammenspiel von Kirche und Staat herrschte damals eine strenge Ordnung, der einfache Untertan hatte wenig zu lachen. Auch in unserer Gegend waren sich die beiden Machtzentren wohl lange einig: „Halt du sie dumm, ich halte sie arm.“

Mit einem Dank von Arnold Böhm, dem Vorsitzenden vom Heimatverein, an Reinhold Schuhbeck für seinen lebhaften Vortrag und an Sepp Wagner für die Bereitstellung von Brotzeit und Getränken endete die Veranstaltung dann offiziell, bevor der Rückmarsch nach Schnaitsee anstand.

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