Von Prutting mit der Kamera in die Welt

von Redaktion

Er ist monatelang mit Motorrad, Zelt und Kamera durch die Welt gereist. Angst hatte er dabei nie. Jetzt aber hat Davor von Winterfeld weiche Knie. Weil der Pruttinger Fotograf vor vielen Menschen auftreten soll. „Ich habe richtig Lampenfieber“, gesteht er – und muss lachen.

Prutting – 51000 Kilometer mit dem Motorrad durch 20 Länder. Länder, in denen es nicht vor Touristen wimmelt. „Ich bereise gerne Länder, in die andere nicht kommen“, sagt Davor von Winterfeld. Einerseits reizt ihn die Natur, andererseits die Menschen. Die in Uruguay, Aserbaidschan oder Usbekistan – abseits von Touristenmagneten wie Samarkand oder Taschkent – einfach unverfälschter, offener und freundlicher sind, die ihm Zugang zu ihrer Kultur gewähren.

In Novi
Sad geboren

„Als Motorradfahrer komme ich viel schneller in Kontakt, als Autofahrer das tun“, ist er überzeugt, „es gibt kein Blech, das uns trennt.“ 2009 unternahm der 1971 in Novi Sad geborene von Winterfeld seine erste große Reise mit Motorrad und Kamera. Auf dem Landweg ging es nach Ägypten. „Das war der Anfang“, blickt von Winterfeld zurück. Aus Novi Sad und dann „von Winterfeld“? Hängt mit der k.u.k.Monarchie zusammen, erklärt von Winterfeld, der sich, seit er in Deutschland lebt, herzhaft über die oft geradezu ehrerbietigen Reaktionen auf seinen Nachnamen amüsiert.

Im August 2023 brach von Winterfeld in Prutting auf, sich einen weiteren Traum zu erfüllen: über den Balkan und die Türkei nach Zentralasien und dort vor allem nach Usbekistan. Weiter durch Russland, in Wladiwostok mit der 350 Kilo schweren BMW auf die Fähre, die über Südkorea nach Japan fährt und dann weiter an die südamerikanische Westküste. In Wladiwostok war Endstation. Weil in der Ukraine Krieg ist. Er durfte nicht auf die Fähre. „17000 Kilometer von zu Hause und dann das… Ich war kurz vorm Verzweifeln“, erzählt er und rutscht dabei auf seinem Stuhl herum. Nun ist Wladiwostok aber einer der beiden Endpunkte der Transsibirischen Eisenbahn. Und die spukte schon lange in von Winterfelds Hirn herum. Das Ticket für die Vier-Bett-Kabine und die Verschickung seines Motorrades nach St. Petersburg konnte er sich gerade noch leisten. Tägliches Essen im Zug nicht. „Ich habe so wahnsinniges Glück mit meinen Mitreisenden gehabt“, erzählt er und die Augen blitzen. Denn die haben ihn mitversorgt, „wir haben zusammen gegessen, wir haben zusammen gestunken“, fasst von Winterfeld lachend zusammen.

So hatte er gerade noch genug Bargeld, von Moskau nach St. Petersburg zu kommen, dort auf sein Motorrad zu warten und dann über die baltischen Länder und Polen zurück nach Deutschland zu fahren. Warum der Geldmangel? Weil ihm weder Geld- noch Kreditkarte halfen. Die Sanktionen gegen Russland verhinderten seinen Zugriff aufs heimische Konto. Das von Winterfeld, wenn er nicht durch die Welt kurvt, als Handwerker füllt. Er hat eine Firma für Innenausbau.

Und Chile? War nicht abgehakt. Die BMW wurde gen Südamerika auf den Weg gebracht, von Winterfeld flog hinterher und fuhr los. Wieder mit Zelt, möglichst wenig Gepäck und zwei Kameras. Die Vorfreude verging ihm schnell. „Die Chilenen konzentrieren sich komplett auf den Tourismus. Alles kostet – und alles kostet zu viel“, hält er ernüchtert fest. Ja, das Land zwischen Osterinseln, Wüste und Antarktis sei schön. Aber die Menschen? Die gefielen ihm in Uruguay, bei einem ungeplanten Umweg, deutlich besser. Spontan ist er, der drahtige Abenteurer mit dem dunklen Pferdeschwanz. Ein risikofreudiger Abenteurer ist von Winterfeld nicht. Außer seinen zwei Kameras mit je zwei Objektiven hat er nichts Wertvolles dabei, wenn er sich auf sein Motorrad schwingt und die Welt für sich erobert. Aber zwei deutsche Pässe – einer könnte ja verloren gehen oder viel länger als gedacht für ein Visum in irgendeiner exotischen Behörde liegen. Ein Handy hat er am Körper, eines im Gepäck verstaut.

Und irgendwo an der Kleidung baumelt ein gut streichholzschachtelgroßer Tracker mit Notrufknopf. Das kleine Gerät sendet alle zehn Minuten ein Signal aus. „So ein Tracker ist extrem wichtig für Alleinreisende“, betont von Winterfeld. Vor allem, weil so Freunde und Familie per App verfolgen können, wo er gerade steckt.

12700 Fotos
gesichtet

Jetzt gerade steckt er in seinem modernen Häuschen in Prutting. Hat dort 12700 Fotos aus sechs Monaten gesichtet. Und einen Freund gebeten, auch noch auszusortieren. Denn für den Vortrag am heutigen Donnerstag (Chile), im Rosenheimer Ballhaus braucht er nicht einmal ein Zehntel. Aber gute Nerven. Genug zu erzählen hat Davor von Winterfeld.

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