Haag – Als im Jahr 1534 in der damaligen Grafschaft Haag die Zahlung von Steuern eingeführt wurde, machte sich ein fleißiger Hutmacher dran, sein eigenes Unternehmen zu gründen. Der „Hueter“, wie man sein Handwerk damals nannte, wurde ordnungsgemäß ins Steuerbuch eingetragen und bezahlte fortan eine Jahressteuer von zwei Schilling und acht Pfennige.
Geburtsstunde
für Traditionshaus
Das war die Geburtsstunde des Traditionshauses Hut-Knittlberger. Sein Ursprung ist im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München historisch belegt. Zu den Anfangszeiten des Haager „Huetrs“ trugen die Männer ein Barett und unter Helmen gerne eine Calotte (ein Käppchen).
Bei den Frauen waren Hauben angesagt. Die Kopfbedeckungen dienten damals als Wetterschutz oder Arbeitskleidung. Erst im 17. Jahrhundert entdeckte man die modische Seite von Hüten. Seitdem haben die Hutmode wie auch das Haager Hutgeschäft sämtliche Epochen durchlebt.
Sie überstanden Hitze, Dürre, Kälte und Überschwemmungen, Kriege, Wirtschaftskrisen, Tragödien, Krankheiten und auch den schweren Brand im Jahr 1849 in Haag, bei dem 60 Häuser komplett niederbrannten und viele Menschen ihr Leben verloren. Damals fiel auch das gesamte Hab und Gut der Hutmacherfamilie den Flammen zum Opfer. In der Wasserburger Straße bauten sie ihr Geschäft mühevoll wieder auf. Die große Geschichte spiegelt sich in der Geschichte des kleinen Unternehmens. Als Hutmacher Karl Eder im Zweiten Weltkrieg fiel, führte dessen Schwester Anna das Familienunternehmen fort.
Sie heiratete den Hutmachermeister Alfred Knittlberger. Seitdem trägt das Haager Geschäft dessen Namen. Die Nachfolge trat Tochter Ingrid an. Nach deren Tod, übernahm Tochter Renate Wortmann die Leitung. Sie führt heute gemeinsam mit ihrer Tochter Regina die Familientradition fort.
Renate Wortmann zeigt ein Berichtsheft aus der Berufsschulzeit ihrer Mutter. Es ist das Dokument einer modischen Zeitreise. „Als meine Mutter 1967 ihre Ausbildung machte, waren in der Hutmode Federn total angesagt. Die Accessoires waren komplett auf die Mode abgestimmt.“ Zu einem hübschen Kleid habe man den passenden Hut getragen, farblich aufeinander abgestellt.
Trotz des boomenden Onlinehandels und bürokratischer Erschwernisse ist das Haager Ladengeschäft das Herzstück des Unternehmens. Persönlicher Kontakt zu den Kunden ist Mutter und Tochter wichtig. „Gerade im Modebereich sollte man Sachen nicht nur anschauen, sondern auch fühlen, erleben und anprobieren. Man kann sich online informieren, aber wie die Farbe in echt aussieht, das sieht man im Internet ja nicht“, sagt Renate Wortmann. „Im Fachgeschäft werden die Kunden beraten, bekommen wichtige Pflegetipps, damit sie länger etwas von ihrem Einkauf haben. Das ist wiederum nachhaltig.“
Mutter und Tochter sind ein eingespieltes Team. Renate Wortmann studierte Maschinenbau, ist die Technikerin in der Familie. Sie kümmert sich um den Internetauftritt ihres Unternehmens und hat auch das Handwerk des Hutmachens in die Wiege gelegt bekommen.
Ihre 26-jährige Tochter Regina Knittlberger studierte Betriebswirtschaftslehre und danach Multichannel- Trade-Management in Textile Business. Regina ist die Frau fürs Kreative, für Mode und Stil. Dekoration, Warenpräsentation, Einkauf und den Online-Shop managen Mutter und Tochter gemeinsam.
Seit heuer stellt Renate Wortmann sogar selbst schi-
cke Hüte her und hat ihre eigene Marke mit dem Namen „behütet“ ins Leben gerufen. Sie stellt stilvollen, teils extravaganten Kopfschmuck her: „Jeder Hut hat seine eigene Story und ist natürlich ein Unikat. Ich nähe ja schon seit meiner Kindheit“, erzählt sie. Tolle Trends setzen unter anderem auch Filme wie „The Marvelous Mrs. Maisel“ oder „Emily in Paris“.
Auch solche schicken Stücke gibt es bei Hut-Knittl-berger sowie unzählige andere Hüte, Mützen und Accessoires für Jung und Alt, Männer und Frauen.
Die Themen Tier- und Naturschutz sowie Nachhaltigkeit liegen Mutter und Tochter ebenfalls am Herzen. Einige Stücke aus ihrer neuen Herbstkollektion sind aus Kaktusleder gefertigt, aus einem nachwachsenden Rohstoff des Nopal-Kaktus, der auch als Feigenkaktus bekannt ist. Die Herstellung spart gegenüber tierischem Leder Wasser und Treibhausgasemissionen. Echtes Fell wird man bei den Knittlbergers ebenfalls vergeblich suchen.
Naturschutz
und Nachhaltigkeit
Am heutigen Samstag feiern Renate Wortmann und Regina Knittlberger in ihrem Geschäft das 490-jährige Jubiläum ihres Familienunternehmen. Ein schöner Anlass zum Feiern und dafür, eine Menge mehr über die Geschichte der Knittlbergers, die Hutmode und aktuelle Trends zu erfahren. Weitere Infos im Geschäft oder im Internet unter www.hut-knittlberger.de.