Aschau – Sie packen zu, wenn Menschen in Not sind. Sie geben alles für andere: ihr Können, ihre Freizeit, sogar ihr eigenes Geld – die Bergretter der Bergwacht Sachrang-Aschau. Jetzt haben sie einen Förderverein gegründet, denn Idealismus allein reicht nicht. Bergrettung kostet Geld.
Dass die Bergretter für Menschenleben an ihre Grenzen gehen, weiß spätestens seit der gleichnamigen Action-Serie jeder. Dass sie dafür kein Geld bekommen, weil sie das nicht hauptberuflich, sondern im Ehrenamt machen, ist dagegen den Wenigsten klar. Und dass sie dabei auch noch draufzahlen, war bisher wohl eher Insider-Wissen. Denn darüber reden sie nicht, die Bergretter. Bei der Gründung des „Förderverein Bergwacht Sachrang-Aschau“ kam das Problem nun erstmals auch öffentlich zur Sprache. Denn genau das ist neben der ideellen Unterstützung der Bergretter der Vereinszweck: Die finanzielle Förderung der Aufgaben, die die Bergwacht Sachrang-Aschau im Rettungswesen ehrenamtlich erfüllt. Denn Bergrettung muss man sich leisten können.
Was der Staat für Bergrettung zahlt
Übernimmt diese Kosten denn nicht der Staat, könnte man sich fragen? Immerhin wurde im Bayerischen Rettungsdienstgesetz (Artikel 17) die staatliche Aufgabe der Berg- und Höhlenrettung der Bergwacht Bayern unter dem Dach des BRK offiziell übertragen. „Doch Wasser-, Berg- und Höhlenrettung werden nicht zu 100 Prozent finanziert. Das System der Drittelfinanzierung Staat, Krankenkasse und Spenden ist über Jahrzehnte gewachsen“, erklärt Roland Ampenberger, Pressesprecher der Bergwacht Bayern.
Und das sieht in der Praxis so aus: „Vom Bayerischen Innenministerium erhält die Bergwacht Fördermittel für Rettungsgeräte und Einsatzfahrzeuge“, erklärt Martina Bauer, die stellvertretende Leiterin der Bereitschaft Sachrang-Aschau. „Die Krankenkassen erstatten Einsatzpauschalen für notfallmedizinische Bergrettungen. Wer in Bergnot gerät und aus unwegsamen Gelände gerettet werden muss, aber nicht verletzt ist, zahlt den Einsatz über seine Versicherung oder eben selbst.“ Diese Einnahmen werden dann von der Bergwacht Bayern entsprechend der Einsatzzahlen auf alle Bereitschaften verteilt.
Doch sie reichen bei weitem nicht aus. „Wenn unser Kontingent an Verbandsmaterial und Medikamenten ausgeschöpft ist, müssen wir unsere Bergrettungsrucksäcke auf Kosten unserer Bereitschaft auffüllen“, erklärt Martina Bauer. Da erscheint es fast schon als nebensächliche „Banalität“, dass die Bergretter ihre persönliche Bergsportausrüstung wie Bergschuhe, Touren-Ski und – bis auf die rot-blaue Bergwacht-Jacke – auch die Einsatzkleidung aus der eigenen Tasche bezahlen. Dabei spart der Freistaat durch die Ehrenamtler Millionen. In 85 Bergrettungswachen sind bayernweit 3500 ehrenamtliche Bergretter rund um die Uhr in Bereitschaft.
Beeindruckende Beispielrechnung
„Wir haben mal eine Überschlagsrechnung für einen Minimalaufwand an Personal in der Bergrettung in Bayern gemacht – am Beispiel von 50 Bergrettungswachen á neun Einsatzkräften, jeweils mit einem Jahresgehalt von 55000 Euro“, informiert Roland Ampenberger. „Da käme man pro Jahr auf Personalkosten von 24,5 Millionen Euro.“ Auf die Bereitschaft Sachrang-Aschau mit ihren 60 aktiven Bergrettern umgemünzt, wären das pro Jahr 3,3 Millionen Euro.
Doch die Bergretter bekommen kein Geld. Sie retten Menschen im Ehrenamt und zahlen drauf. Die Kosten für Ausbildung und Training beispielsweise trägt jede Bergrettungswache selbst. Die überörtliche Ausbildung im Bergwacht-Zentrum Bad Tölz trägt die Stiftung Bergwacht, mit Unterstützung durch den Freistaat Bayern. Aber auch die Stiftung muss sich am Spendenmarkt um zusätzliche Mittel bemühen.
Den Unterhalt der Rettungswachen in Sachrang und Aschau, der Rettungsgeräte und Fahrzeuge muss die Bereitschaft aus eigenen Mitteln stemmen. „Für TÜV, Versicherungen und Reparaturen kommen wir selbst auf“, erklärt Andreas Angermaier. Im vergangenen Jahr gab das Getriebe des ATVs seinen Geist auf. Der Schaden: 3000 Euro. „Zum Glück gibt es immer noch Spender, die einspringen, wenn wir Hilfe brauchen“, ist Angermaier dankbar. Und doch kann und soll es so nicht weitergehen. Die Bereitschaft Sachrang-Aschau braucht mehr finanzielle Sicherheit. Und sie braucht Entlastung: Denn die 60 ehrenamtlichen Kräfte führen nicht nur um die 100 Rettungseinsätze pro Jahr durch. Sie tragen gleichzeitig die Verantwortung für die Beschaffung der nicht von Staat und Krankenkassen zur Verfügung gestellten, aber notwendigen finanziellen Mittel zur Sicherstellung ihrer Einsatzbereitschaft.
Ausbildung und Ausrüstung sichern
Deshalb haben sich jetzt 30 Ehrenamtler noch mehr Aufgaben auf ihre Schultern geladen und den „Förderverein Bergwacht Sachrang-Aschau“ gegründet. Unter den Gründungsmitgliedern sind vor allem aktive Bergretter, aber auch „Externe“, die die Bergretter unterstützen wollen. Der Vorstand wurde einstimmig gewählt. Ihm gehören an: Erster Vorsitzender Florian Höglauer, Zweiter Vorsitzender Andreas Angermaier, Erste Kassiererin Katharina Steiner, Zweite Kassiererin Andrea Schmid, Schriftführer Lorenz Seidl sowie Thomas Riepertinger und Mathias Reiserer als Beisitzer. In den Vereinsbeirat wurden Sebastian Schmid, Thomas Bösl und Martina Bauer gewählt. Als jährlicher Vereinsbeitrag wurden 20 Euro festgelegt. Aktive Bergwachtler müssen keinen Mitgliedsbeitrag zahlen.
Auch wenn es paradox erscheint, dass ehrenamtliche Bergretter um Unterstützung werben müssen, um mit Rettung, Katastrophenschutz und Naturschutz in einem gefährlichen Einsatzgebiet eine freiwillige, gemeinnützige Leistung erbringen zu können. Die Bergretter brauchen Fundraising und dafür haben sie jetzt einen Verein: „Wir wollen erreichen, dass in Zukunft genügend Mittel für alle notwendigen Maßnahmen der Absicherung, Ausbildung und Ausrüstung zur Verfügung stehen“, betont Vereinsvorsitzender Florian Höglauer. „Das Engagement unserer ehrenamtlichen Bergretter darf keine finanziellen Nachteile für sie haben. Auch Retter brauchen Sicherheit. Jetzt wollen wir gemeinsam denen etwas zurückgeben, die alles geben.“
So kann man Mitglied oder Förderer werden
Jeder, der das ehrenamtliche Engagement der Bergwacht Sachrang-Aschau im Priental vom Kampenwand-Gebiet bis zum Geigelstein unterstützen möchte, kann Mitglied oder Förderer des Vereins werden. Noch am Abend der Vereinsgründung ging die erste Spende ein: Ein langjähriger Freund der Bergwacht Sachrang-Aschau spendete circa 2000 Euro – die „Ausbeute“ seines 50. Geburtstages.