Ein Politiker aus der „Leberkäs-Etage“

von Redaktion

Ehemaliger Landtagsabgeordneter und BBV-Kreisobmann Sepp Ranner wird 85 Jahre

Bad Aibling/Willing – Deutliche Worte scheute er nie, er stufte sich selbst stets in die „Leberkäs-Etage“ ein und nennt seinen Trachtenanzug, den er einem feinen Zwirn vorzieht, mit einem verschmitzten Lächeln „Raiffeisen-Smoking“. Am morgigen Sonntag, 10. November, wird der ehemalige Landtagsabgeordnete Sepp Ranner 85 Jahre alt.

„Der Millipritschler.“ Schon kurz nachdem der gelernte Landwirtschaftsmeister und Vater von vier Kindern 1990 erstmals für die CSU in den Bayerischen Landtag einzog, verliehen ihm seine Fraktionskollegen diesen Spitznamen. Er brachte von Anfang an Hochachtung vor dem profunden Fachwissen des Neulings zum Ausdruck.

Bienenpolitischer
Sprecher der Fraktion

Dass sie ihn vor allem im Bereich der Agrarpolitik als „Schwergewicht“ einstuften, wurde erkennbar, weil er sofort stellvertretender agrarpolitischer Sprecher seiner Fraktion wurde und zudem den stellvertretenden Vorsitz im Agrarausschuss innehatte. Auch als ihr bienenpolitischer Sprecher im Landtag fungierte der langjährige Hobbyimker, der 1939 als eines von acht Kindern in Willing bei Bad Aibling geboren wurde, für seine Partei. „Ich war an der Basis verwurzelt und habe Politik von unten nach oben gemacht“, erzählt der 85-Jährige, der neben dem Mandat, seiner Funktion als Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes und seinem kommunalpolitischen Engagement etliche weitere Ehrenämter bekleidete. „Es gibt keine bäuerliche Selbsthilfeeinrichtung in der Region, in deren Vorstand ich nicht war“, hat Ranner einmal über sich selber gesagt. Hinzu kamen die Ämter als jeweils stellvertretender Präsident im Verband der deutschen Milchwirtschaft und der deutschen Rinderzüchter.

Auch als Abgeordneter bezeichnete sich das Geburtstagskind stets „als Bauer mit Leib und Seele“. Sicher keine Floskel, denn auch während seiner Tätigkeit im Maximilianeum stand er mit seiner Frau Elisabeth viele Jahre um 5 Uhr in der Früh auf und erledigte mit ihr zusammen die Stallarbeit. Erst nach dem Duschen ging es dann in Richtung München. Es stimmt Ranner glücklich, dass Sohn Martin den mittlerweile seit über 120 Jahren in Familienhand befindlichen Betrieb weiterführt.

In der politischen Auseinandersetzung erwies sich der langjährige Abgeordnete nie als ein Freund diplomatischer Verklausulierung, sondern sprach Klartext. Dies hat sich bis zum heutigen Tag nicht geändert. „Wir hatten seit 1949 noch nie eine solch schwache Regierung“, sagt er über die Ampelkoalition. Als diese 2022 ihre Vorschläge zur Reform der Erbschaftssteuer auf den Tisch legte, sprach Ranner „von Sozialismus pur.“

Auch parteiintern gehört er bis heute nicht zur Phalanx der Duckmäuser. Als aufgrund der Stimmkreisreform der Staatsregierung einst die Gemeinden Feldkirchen-Westerham und Bad Feilnbach aus seinem Stimmkreis herausgelöst und dem neuen Stimmkreis Miesbach zugeschlagen wurden, nannte er den damals dafür zuständigen bayerischen Innenminister Günther Beckstein einen „Tagedieb und Wegelagerer“.

Ranner hat sich später bei ihm für seine drastischen Worte entschuldigt, an seiner Kritik hielt er jedoch fest. Der Konflikt ist längst beigelegt, beide sind bis heute freundschaftlich verbunden. 2007 befürwortete er den Sturz von Ministerpräsident Edmund Stoiber, Narben blieben ebenfalls keine zurück. Auch die beiden haben heute ein entspanntes Verhältnis.

Ein „Parteisoldat“ zu sein, so verstand Ranner seine CSU-Mitgliedschaft nie. Deshalb scheut er auch nicht ein dickes Lob für die politische Konkurrenz, wenn er es für angebracht hält. Daher bekennt er offen, die Arbeit des Landtagsabgeordneten Sepp Lausch (Freie Wähler) aus der Gemeinde Großkarolinenfeld im Stimmkreis Rosenheim-West sehr zu schätzen, ebenso das Engagement seines CSU-Kollegen Daniel Artmann im Stimmkreis Rosenheim-Ost.

Aigner ist für ihn der „Leuchtturm der CSU“

Mit Hochachtung spricht er vom Wirken der ehemaligen Bundeslandwirtschaftsministerin und heutigen Landtagspräsidentin Ilse Aigner, die in Feldkirchen-Westerham wohnt. Während er sie als „Leuchtturm innerhalb der CSU“ sieht, fällt seine Beurteilung anderer CSU-Granden in der Region zurückhaltender aus. Ohne Scheu lässt er beispielsweise durchblicken, dass er den CSU-Kreisvorsitzenden und Artmanns Vorgänger im Landtag, Klaus Stöttner, nie in den Reihen der CSU-Hoffnungsträger verortete. Dessen Rückzug aus dem Maximilianeum im Vorjahr hat er nicht einen Moment lang als Verlust empfunden.

Für sein vielfältiges Engagement erhielt Ranner zahlreiche Ehrungen. Er ist Träger des Bayerischen Verdienstordens, wurde mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet und erhielt unter anderem die Verfassungsmedaille. Zu den Ehrungen, die ihn besonders freuen, zählt er auch die Goldene Ehrennadel der Bienenzüchter. Sie ist die höchste Auszeichnung, die der deutsche Imkerverband zu vergeben hat.

Als „Austragler“ findet der 85-Jährige jetzt mehr Zeit für Dinge, die mit der Politik nichts zu tun haben. Beispielsweise für das geliebte Zitherspiel. Als er sich 2013 bei einem Unfall auf dem Hof einen Oberschenkelhalsbruch zuzog und in der ersten Zeit nach der Operation manchmal keine Nachtruhe fand, ging er unter die Autoren. Er verfasste kurzerhand ein Buch über die Geschichte von Mitterham bei Willing, wo er wohnt. „Ich habe mir die Schmerzen einfach aus dem Leib geschrieben“, sagt er rückblickend.

Fast täglich Sport
für Körper und Geist

Um körperlich altersentsprechend fit zu bleiben, schwingt sich Sepp Ranner fast täglich zu einer Rundfahrt in der näheren Umgebung auf sein Fahrrad. Auch regelmäßiges Gehirntraining ist ihm sehr wichtig. Seit einiger Zeit büffelt er Englisch-Vokabeln, um seinen Wortschatz zu vergrößern.

An seinem Ehrentag bleibt hierfür freilich keine Zeit. „Da feiern wir mit der Familie“, sagt er. Und hierauf freut sich Ranner sehr, der tief im Glauben verwurzelt ist und der Liebe zu seiner Heimat und der Pflege ihrer Traditionen stets einen festen Platz auf seiner Werteskala einräumt.

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