Erl – Wie lockt man noch mehr Kulturtouristen in die Grenzregion Bayern/Tirol, die noch länger verweilen? Wie macht man „unterhaltungsorientierte Ausflügler“ zu „kenntnisreichen Traditionalisten“ oder gar „passionierten Spezialisten“? Wie kann man die vorhandenen kulturellen Einrichtungen potenzieren? Und wie lockt man junge Menschen in klassische Konzerte? Darüber diskutierten auf Einladung von Euregio Inntal Kultur- und Tourismusmanager im Festspielhaus der Tiroler Festspiele Erl.
„Kooperation macht Synergien frei!“, mahnte dazu Professorin Dr. Verena Teissl von der Fachhochschule Kufstein in ihrem Impulsvortrag vor zahlreichen Zuhörern, darunter einige Bürgermeister aus der Rosenheimer Region. Danach moderierte sie die sechsköpfige Diskussionsrunde, bestehend aus Johannes Erkes, Geschäftsführer von „Festivo“, Andreas Leisner, Geschäftsführer der Tiroler Festspiele Erl, Anke Hellmann, Kulturreferentin des Landkreises Rosenheim, Sabine Mair, Geschäftsführerin des Tourismusverbandes „Kufsteinerland“, Isabella Engelmann, Kulturmanagerin des Chiemsee-Alpenland-Tourismus, und Barbara Schwaighofer, Vizepräsidentin von Euregio Inntal.
Erkes problematisierte zunächst den von Teissl verwendeten Begriff „Hochkultur“, wozu auch Simon Frank, Bürgermeister von Aschau, mahnte, die „hochkarätige Volksmusik-Kultur“ nicht zu vergessen, die wichtig für Identität und Authentizität sei. Erkes betonte, man müsse das Potenzial der Kombination von kulturellem Angebot und Naturerlebnis nutzen. Alle Festivals der Region seien einzigartig und doch jeweils ganz anders, und er regte an, alles in einem gemeinsamen Marketing zu bündeln.
Andreas Leisner möchte, dass der länger verweilende Gast nicht nur ein tiefes kulturelles, sondern auch kulinarisches Erlebnis hat und möchte dazu die Kommunikation mit den teilweise durch Gault-Millau-Hauben ausgezeichneten Wirte stärken und überhaupt die Zusammenarbeit aller fördern. Isabella Engelmann betonte die Vielzahl und Vielfalt der Kultur genauso wie Barbara Schwaighofer den „extrem attraktiven und aktiven Lebensraum“ dieser Region und nahm Erl als Beispiel: „In Erl hat jeder Grashalm Kultur!“
Anke Hellmann hatte als einzige konkrete Anmerkungen: Es gebe viele kulturelle Angebote im Sommer, wenige im Winter. Und man solle mehr Angebote tagsüber machen, weil viele Hotelgäste abends bei ihrer Halbpensions-Mahlzeit sitzen.
Konkrete Anregungen kamen auch aus dem Publikum: Ein Busreise-Unternehmer forderte, mehr an Reise-Pakete zu denken, Edith Stürmlinger, Wasserburgs Kulturreferentin, forderte, sich um ein jüngeres Publikum zu kümmern.
Andreas Legath, Leiter der „Inntaler Klangräume“, berichtete von einem Missverhältnis in der Kooperation von Bayern und Tirol: In Rosenheim werde ausführlich von Veranstaltungen in Tirol, etwa in Erl, berichtet, umgekehrt aber überhaupt nicht.
Markus Aicher, Leiter der Musikfilmtage Oberaudorf, meinte, eine Vernetzung aller sei ganz wesentlich und hatte auch gleich ein konkretes Beispiel: Im Gespräch sei ein gemeinsames Projekt der Oberaudorfer Musikfilmtage mit den Tiroler Festspielen Erl.
Nicht diskutiert wurden mögliche Auswirkungen der Intensivierung des Kulturtourismus‘ auf die Umwelt, den Verkehr und die Preis- und Wohnsituation der Bürger der Euregio-Region, also auf die Gefahr eines Overtourism. rj