„Engel mit Gitarrenkoffer“

von Redaktion

Nachruf Volksmusikerin Gabi Reiserer aus Riedering überraschend gestorben

Riedering – Vor wenigen Tagen hat Gabi Reiserer noch gesungen, am vergangenen Samstag ein Tagesseminar geleitet und am Montag mit Kindern musiziert. Am Dienstag ist sie plötzlich und unerwartet für immer eingeschlafen mit nur 64 Jahren. Fassen kann das kaum einer der Menschen, die sie kannten. Für sie ist Gabi Reiserer noch immer präsent, noch immer spürbar, denn: „Wer einmal mit ihr gesungen hat, trägt sie im Herzen“, weiß ihre Schwester Anneliese Staber.

Gabi Reiserer wuchs in Aschau auf. Die Eltern hatten eine kleine Landwirtschaft und Gästezimmer in Schwarzenstein. „Schon als kleines Mädchen imitierte Gabi mit ihren Spielzeugen die Gitarre“, erinnert sich die große Schwester. Dann kam eine strenge Musiklehrerin ins Haus. Gabi lernte Gitarre, Anneliese Zither. „Meine Schwester hat ihr Hobby schließlich zum Beruf gemacht und am Richard-Strauss-Konservatorium in München Musik studiert.“ Cello, Querflöte, Laute, Hackbrett, Gesang und Ensemble. Gabi Reiserer war vielseitig. Doch die Gitarre blieb immer ihr Lieblingsinstrument.

Musikpädagogin der Musikschule Prien

Als die Musikschule in Prien 1977 gegründet wurde, gehörte die 17-jährige Studentin zu den ersten ausgebildeten Lehrkräften. Brigitte Buckl, heute künstlerische Leiterin der Musikschule, war damals gerade mal zehn Jahre alt, als sie 1978 in Gabis Stubnmusikgruppe kam. „Seitdem war sie mein Vorbild. Ich wollte genauso werden wie sie“, erinnert sie sich und weiß, dass Gabriele Reiserer Generationen von Musikschülern die Liebe zur Volksmusik in die Wiege gelegt hatte. „Sie war ein unglaublich wichtiger Mensch für die Volksmusik im Alpenraum.“

Doch es waren nicht nur ihre eigene Begeisterung für die Volksmusik und ihre Gabe, „zu Herzen gehend zu musizieren“. Es war vor allem ihr warmherziges, gütiges, mütterliches Wesen, mit dem sie ihre Musikschüler begeisterte. „Sie hat einfach gemerkt, wie es einem geht. Und das haben Schüler, Eltern und Kollegen an ihr geliebt“, sagt Brigitte Buckl. 46 Jahre lang hatte sie Gabi Reiserer an ihrer Seite: als Lehrerin, enge Freundin, Kollegin und Musikantin. Die Nachricht von ihrem Tod hat ihr den Boden unter den Füßen weggerissen.

Gabi Reiserer ruhte ihr Leben lang im tiefen Glauben an Gott und in der Überzeugung, dass zwischen Himmel und Erde mehr ist als wir sehen. „Gott mit einem Lied zu lobpreisen, war uns wichtig“, sagt ihre Schwester. „Wir brauchten keine Bühne. In der Kirche zu singen, war uns das Liebste.“

Viele Jahre haben die Schwestern gemeinsam gesungen. Zuletzt mit Verstärkung von Agnes, der Tochter von Anneliese: als Aschauer Dreigesang, als Schwarzensteiner Sängerinnen. Bis 2023.

„Große Bühne? Oben Gabi, unten die Gäste? Nein, das war ganz und gar nicht ihr Ding“, erinnert sich Brigitte Buckl. „Sie hat das spontane Musizieren in einer gemütlichen Stube oder einer schönen Wirtschaft geliebt, zusammen mit Musikantenfreunden und gern bis in die Morgenstunden.“

Durch ihr musikalisches Können, ihre Bescheidenheit und Herzlichkeit war Gabi Reiserer beliebt und sehr gefragt. Sie saß beim alpenländischen Volksmusikwettbewerb in Innsbruck in der Jury, war in Funk und Fernsehen bekannt, als Dozentin auf Volksmusik-Seminaren in Bayern und Österreich gefragt. „Im Alpenraum gibt es wohl keinen Volksmusiker, der bekannter ist als sie“, meint ihre Freundin Brigitte.

Gabi Reiserer war bis zuletzt in vielen Ensembles aktiv. Bei den Samer Sängern, im Singkreis Reit im Winkl oder Bergener Singkreis: als Mitglied, Leiterin, Ratgeberin, erfahrene Musikerin. „Sie war eine Musikantin“, stellt ihre Schwester richtig. Es ist ihr wichtig, dass auch Menschen, die Gabi nicht kannten, spüren können, wer sie war: „Musiker musizieren nach Noten“, erklärt Anneliese den Unterschied: „Ein Musikant aber musiziert mit allen Sinnen. Er ist mit dem Herzen dabei, spürt die Melodie, glaubt an das, was er singt. Und er kann improvisieren.“

„Mit Gabi verliert die Welt der Volksmusik eine Vollblut-Musikantin, eine außergewöhnliche Persönlichkeit und eine unvergessliche Weggefährtin“, bedauert Herbert Reiter, Aschauer Tourismus-Chef, den großen Verlust. Für ihn und viele andere Menschen wird es unvergessen bleiben, wie Gabi das Priental zum Singen brachte, wenn sie mit der Gitarre und ihrem langjährigen Musikantenkollegen Hans Wiesholzer am Akkordeon beim Aschauer Bankerlsingen von Station zu Station schlenderte, Lieder anstimmte und von einer singenden-klingenden Menschentraube begleitet wurde.

„Musik mit Tiefgang und Gespür. Klänge, die das Herz und die Seele berühren, das war die Reiserer Gabi für mich“, ist Reiter traurig, dass sie so früh ihre letzte Reise angetreten hat. Doch auch wenn er sie vermissen wird, weiß er: „Die Saiten ihrer Gitarre mögen verstummt sein, doch ihre Klänge und ihr beseeltes Wesen bleiben unvergessen. Gabis Musik und ihr einzigartiger Charakter leben in der Erinnerung und im Herzen vieler Menschen weiter.“

„Sie hat so viele junge Musiker mitgerissen. Mit ihrer Begeisterung für die Volksmusik, ihrer Erfahrung und ihrer herzlichen Art“, bedauert Volksmusikpfleger Leonhard Meixner den Verlust. Er habe Gabi Reiserer als eine faszinierende Persönlichkeit erlebt und noch am vergangenen Samstag mit ihr gesungen, geratscht und gelacht. Deshalb macht ihn ihr Tod betroffen und fassungslos: „Sie wurde uns viel zu früh genommen. Sie hat die Volksmusikpflege im Alpenraum bereichert. Und wir hatten noch so viele gemeinsame Ideen.“ Der Abschied von Gabi Reiserer reißt eine große Lücke. „Sie hatte so viele Musikschüler. Wer soll sie jetzt auffangen?“, fragt sich Musikschulleiterin Brigitte Buckl und weiß: „Wir müssen uns jetzt alle erst einmal neu sortieren.“

Die Vorstellung, nie wieder mit Gabi musizieren, ratschen und brotzeiteln zu können, schmerzt. Doch im stillen Zwiegespräch hört Brigitte ihre Freundin sagen: Was habt‘s denn? Ist doch alles gut! „Gabi war mit sich im Reinen. Sie hatte keine Angst vor dem Tod, sondern sah ihn als einen Übergang zu etwas noch Schönerem“, erzählt Brigitte. Sie habe oft scherzhaft gesagt: „Ich werd‘ mal ein Engel mit Gitarrenkoffer.“ Und wenn sich ihre Freunde heute daran erinnern, hören sie das unglaublich mitreißende Lachen von Gabi, finden Trost und begreifen: „Ja, für Gabi ist alles stimmig.“

So hat sich Gabi ihren Abschied gewünscht

Dass sie eines Tages friedlich einschlafen dürfte, hat sich Gabi gewünscht. „Das ist ein Geschenk. Dafür, dass sie so vielen Menschen glückliche Stunden und Harmonie geschenkt hat, aus Freude an der Musik, aus Freude an der Schöpfung“, ist ihre Schwester Anneliese dankbar. Gabi hat mit ihrer Musik den letzten irdischen Weg vieler Menschen klingen lassen. „Sie würdevoll verabschiedet und den Hinterbliebenen Trost gespendet“, beschreibt ihre Schwester.

Jetzt tritt Gabriele Reiserer ihre letzte Reise an. „Sie war ein lebensfroher Mensch und hat andere damit angesteckt“, sagt Staber. Deshalb weiß er, dass sich seine Tante einen fröhlichen Abschied wünschen würde. Die Trauerandacht findet am Donnerstag, 21. November, um 19 Uhr in der Pfarrkirche Riedering statt, die Trauerfeier mit anschließender Urnenbeisetzung am Samstag, 30. November, um 10 Uhr. Viele Volksmusikanten werden ihren letzten Weg begleiten und sich mit Melodien verabschieden, die das Band zwischen ihnen und Gabi Reiserer zum Klingen bringen.

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