Raubling – Die Sonne brennt auf den Urwald in Gabun, das Thermometer zeigt 30 Grad im Schatten, die Luftfeuchtigkeit liegt bei über 80 Prozent und auf einem zwei Kilometer breiten Fluss treiben sieben einsame Gestalten in Kajaks auf einen 57 Meter hohen Wasserfall zu.
170 Kilometer
in elf Tagen
Der Kongou ist der erste von vier Wasserfällen, die das Team von Olaf Obsommer innerhalb von elf Tagen bezwingen will. Dazwischen liegen 170 Kilometer Flusslänge. Der Kameramann und Extremsportler hat mit Landsmann Adrian Mattern, Bren Orton aus England, Dan Jackson aus den USA und Kalob Grady aus Kanada so etwas wie die Stars der Kajak-Szene versammelt, um etwas zu schaffen, was vor rund 20 Jahren noch undenkbar gewesen wäre.
„Ich war im Jahr 2007 schon einmal am Fluss Ivindo“, erzählt der Raublinger. Doch die „unendlich vielen” Kanäle rund um die vier Wasserfälle machten eine Navigation damals nahezu unmöglich. Zu unerforscht, zu undurchsichtig und vor allem zu wenig Kartenmaterial führten damals dazu, dass Obsommer aus Gabun abreisen musste, ohne viel Wildwasser gefahren zu sein. 17 Jahre später hat sich das drastisch geändert. „Statt mühsamer Suche in den Archiven der Städte oder sogar des Militärs gibt es heute Google Maps“, meint der Kajakfahrer.
Dazu kommen Drohnen, die über Dutzende der Abzweigungen fliegen können, um gefährliche Stellen aus der Ferne zu erkennen. So war es Obsommer und seinen beiden Filmkollegen möglich, die vier Extremsportler durch das „Labyrinth” des Ivindo zu führen. Doch nicht nur aufgrund der Verzweigungen war bei den Kajak-Profis besondere Vorsicht geboten.
„Wir haben gemerkt, dass wirklich nichts passieren darf, weil wir sonst keinen rechtzeitig rausgebracht hätten”, meint Obsommer. Schon kurz nach ihrem Aufbruch traf die Gruppe keine Menschenseele mehr. Rechts und links befand sich nur Gestein, Sand und dahinter der undurchdringliche Urwald. Um die 15 Kilometer legte die Gruppe durchschnittlich pro Tag auf dem Wasser zurück und filmte die unendliche Weite, unterbrochen von den vier spektakulären Wasserfällen.
Mit gefrorener Trockennahrung und Wasserfiltern hatten die Paddler das Nötigste zum Überleben dabei. Übernachtet wurde in Schlafsäcken mit Moskitonetz. „Es gab Tausende Insekten“, meint Obsommer. Aber auch eine Einweisung von Einheimischen bezüglich Gorillas, Pumas oder Schlangen war vor ihrer Tour notwendig. So wurden sie beispielsweise darauf hingewiesen, dass die dort heimische Viper in der Regel erst den dritten Wanderer beißt. „Der erste schreckt sie auf, beim zweiten fühlt sie sich bedroht und beim dritten attackiert sie”, erklärt der Raublinger. Dementsprechend unbeliebt sei bei den Landgängen der dritte Platz in der Gruppe gewesen.
Doch trotz der zahlreichen Gefahren kamen nach den elf Tagen auf dem Fluss alle sieben ohne Zwischenfälle am Ziel in Booué an. Den kompletten Film seiner Reise präsentiert der 54-Jährige am 22. und 23. November in Rosenheim. Und auch für die Zukunft hat Obsommer noch einiges vor. „Ich möchte eine Tour durch den Grand Canyon machen und außerdem einmal von der Quelle des Inns bis nach Passau paddeln”, kündigt der Raublinger an.