Kiefersfelden – Strahlender Sonnenschein, beste musikalische Unterhaltung und großer Besucherandrang prägten am vergangenen Samstag die Neueröffnung des ehemaligen Heimatmuseums „Blaahaus“, das nun als völlig neu konzipiertes „Industriemuseum Blaahaus“ die Besucher anziehen soll.
Alleinstellung
im Alpenraum
Bürgermeister Hajo Gruber (UW) zeigte sich bei der Begrüßung „bei gutem Wetter in bester Stimmung“. Er erinnerte kurz an die einzigartige Geschichte Kiefersfeldens als „Industriedorf“ – ein Alleinstellungsmerkmal im bayerischen Alpenraum. „Mit der Industrialisierung belebten auch rund 400 Tiroler Nachbarn unsere Gemeinde, die zunächst als Arbeiter kamen, dann aber sowohl Kultur, Brauchtum und Geschichte des Dorfes mitprägten und erweiterten. Aber leider hat das Heimatmuseum im Laufe der letzten Jahre immer mehr an Bedeutung verloren und erst vor vier Jahren ging die Erneuerung des Museums wieder voran.“ Seinen „aufrichtigen und herzlichen Dank“ richtete der Rathauschef dann vor allem an die vielen Initiatoren, wie die Vertreter des Zementwerks Rohrdorf, der Sensenschmied-Union, den Ortschronisten Martin Hainzl und die zahlreichen Helfer und Unterstützer des Projekts. Im Planungs- und Gestaltungszeitraum kamen dann noch viele Firmen, Planer und Architekten hinzu, die mit Rat und Tat die Umsetzung möglich machten. Das alles hatte seinen Preis. Rund eine halbe Million Euro flossen bisher in die Neugestaltung des Museums, wobei der Fördertopf von der Gemeinde „für die Aufwertung und Neukonzeptionierung der Ausstellung“ kräftig angezapft wurde. Aus dem EU-Förderprogramm Leader wurden 190000 Euro Fördermittel in Aussicht gestellt, von der Landesstelle für nichtstaatliche Museen in Bayern kommen 160000 Euro und auch von der Bayerischen Landesstiftung sind 33000 Euro zugesagt. So verbleiben der Gemeinde letztlich etwa 170000 Euro, die sie selbst zu stemmen hat.
Brannenburgs Bürgermeister Matthias Jokisch gratulierte als Vertreter der LAG Mangfalltal-Inntal und der Inntalgemeinden den Kieferern „zu diesem ganz besonderen Museum“: Das Industriemuseum erzähle die Geschichte der Industrialisierung, mache sie für alle hautnah erlebbar.
Rund drei Jahre war Kim Westphal maßgeblich an der Neugestaltung des Museums beteiligt. Die Kunsthistorikerin von der Landesstelle für nichtstaatliche Museen in Bayern blickte kurz zurück: „Wir haben uns ordentlich ins Zeug gelegt, damit es was wird.“ Es galt eine Menge an Hindernissen aus dem Weg zu räumen, Überlegungen und Planungen zu realisieren und viele Meinungen unter einen Hut zu bringen. „Wir haben überall im Ort die Geschichte der Industrialisierung gespürt, es ist einzigartig im bayerischen Alpenland.“ Vor rund 30 Jahren hätten engagierte Kieferer Bürger mit dem Heimatmuseum Blaahaus den Grundstock und nun mit dem Industriemuseum ihr Ziel erreicht, „das sich damals aber nicht so abgezeichnet hatte“. Auch sie war voll des Lobes und des Dankes für alle, die bei der Mitwirkung des Projekts geholfen haben.
Nicole Bugl (Kaiser-Reich Tourist Information) lud „alle ein, das besondere Haus nun zu besichtigen“, in dem etwa 250 einzigartige Exponate auf zwei Stockwerken die Besucher unterrichten, informieren und erinnern sollen.
Mit der Vielzahl der hier ansässigen Betriebe hat Kiefersfelden eine im bayerischen Alpenraum einzigartige Industriegeschichte vorzuweisen. Kohle, Eisen, Sensen, Marmor und Zement, die Erzeugnisse aus Kiefersfelden zeigen eindrucksvoll, wie die Region immer wieder auf Strukturwandel reagiert hat. Der Museumsbau selbst ist heute noch wichtigster Zeuge der industriellen Tradition. Im Jahre 1696 als Wohnhaus für die Mitarbeiter des damaligen Eisenwerks errichtet, steht das „Blaahaus“ mittlerweile unter Denkmalschutz und lädt nun eindrucksvoll ein, dem früheren Alltag der Arbeiter nachzuspüren. In den ehemaligen Wohnräumen sind aktuell 13 Ausstellungsbereiche untergebracht, die dramaturgisch ansprechend aufgearbeitet wurden. Die einzelnen Räume nehmen sich der Geschichte der Industrien für Kohle, Eisen, Sensen, Marmor und Zement an, ebenso werden soziokulturelle Themen wie das Volkstheater, die Musiktradition und die Vereinslandschaft dargestellt.
Originalzeugnisse
und Multimedia
Auf rund 450 Quadratmetern Ausstellungsfläche können einzigartige Originale wie historische Werkzeuge für die Arbeit an den Schmelzöfen oder Kostüme aus der Zeit der Passionsspiele entdeckt werden. Durch multimediale Stationen, Mitmachangebote und Panoramafotos wird die Geschichte zum Leben erweckt. Damit richtet sich das Industriemuseum Blaahaus altersübergreifend an ganze Familie, Schulen oder Vereine. Die Ausstellung ist barrierefrei gestaltet, und für fremdsprachige Gäste werden die Ausstellungstexte auch in englischer Sprache angeboten.
Musikalisch sorgten an diesem kurzweiligen Nachmittag die Musikkapelle Kiefersfelden und die Sensenschmied-Musikkapelle Mühlbach für die gute Note und kulinarisch wurden die Besucher bestens von den Mitgliedern des Trachtenvereins „Grenzlandler“ versorgt.