Großkarolinenfeld – Straßen und Verkehr sind Dauerthemen in Großkarolinenfeld. Das zeigte sich auch bei der Bürgerversammlung im Rathaussaal. Rund 50 Bürger waren gekommen. Bürgermeister Bernd Fessler begrüßte neben einigen Vertretern aus der Gemeindeverwaltung auch zahlreiche Gemeinderäte.
Der Abend startete mit einem kurzen Vortrag zum Asiatischen Moschusbockkäfer. Angela Gruber von der Landesanstalt für Landwirtschaft und Felix Garban vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aus Traunstein gaben einen Überblick über den Schädling. Sie klärten außerdem auf, welche Rechte und Pflichten Gartenbesitzer in der Quarantänezone haben.
Alle Einnahmequellen
ausschöpfen
Im Anschluss präsentierte Bürgermeister Fessler aktuelle Themen aus dem Gemeindegeschehen. Los ging es mit einigen Zahlen und Statistiken, die auf Herausforderungen in der Zukunft schließen ließen. So sei durch die demografische Entwicklung eine zunehmende Überalterung mit entsprechenden wirtschaftlichen Folgen zu erwarten. Der Haushalt der Gemeinde, mit knapp 28 Millionen Euro der höchste Wert seit jeher, zeigt die zahlreichen Projekte in Großkarolinenfeld. Angesichts dieses Haushaltes hatte der Landkreis die Gemeinde darauf hingewiesen, dass sie sämtliche Einnahmenquellen ausschöpfen solle. Doch durch den Wegfall der Ausbaubeiträge und Änderungen bei den Erschließungsbeiträgen würden der Gemeinde große Summe fehlen. Wie der Bürgermeister erklärte, gebe es für eine Kommune lediglich die Gewerbesteuer, die Grundsteuer und die vernachlässigbare Hundesteuer, die eigenständig anzusetzen seien.
Das Gewerbesteueraufkommen wurde im Haushalt 2024 mit 2,51 Millionen Euro festgesetzt, die Einnahmen durch die Grundsteuer mit 733900 Euro. Der aktuelle Hebesatz liegt bei 310 v.H. „Über den Satz werden wir bei den nächsten Haushaltsberatungen reden müssen“, so Fessler.
Denn in Zeiten schwieriger Wirtschaftslage stehen zahlreiche große Projekte an, die finanziert werden wollen. Eines davon ist die neue Bike & Ride-Anlage in der Lagerhausstraße, die inzwischen fertiggestellt ist. 76 Fahrräder können dort am Bahnhof untergestellt werden – überdacht und beleuchtet. Kosten nach Abzug von Förderungen: rund 89000 Euro. Nicht eingeplant waren allerdings Folgekosten durch einen Kanalneubau. Da beim Bau des Radunterstandes der Boden verdichtet wurde und sich in der Lagerhausstraße kein Regenwasserkanal befindet, hat sich im Bereich der Bike & Ride-Anlage großflächig Wasser gesammelt. „Da soll im Winter ja keine Schlittschuhbahn draus werden“, so der Bürgermeister. Also hat der Gemeinderat entschieden, einen neuen Regenwasserkanal auf 146 Metern Länge verlegen zu lassen. Die Baukosten liegen bei rund 119000 Euro.
Starkregen ist ein Problem, das auch in anderen Bereichen der Gemeinde auftritt. In Tattenhausen zum Beispiel wurde daher eine Rückhaltemaßnahme gegen wildabfließendes Regenwasser gebaut. Ein dichter Damm sowie ein gedrosselter Ablauf an der Staatsstraße sollen zukünftige Überflutungen verhindern. Das hat rund 105000 Euro gekostet.
Eine der größten Maßnahmen in Großkarolinenfeld in diesem Jahr waren Bautätigkeiten rund um die Rosenheimer Straße. Die Gemeinde plant nördlich der Kreisstraße ein neues Baugebiet. Dazu sind eine neue Regenwasserleitung zum Erlbach sowie die Errichtung einer Lärmschutzwand notwendig. Eigentlich hätte man die Baumaßnahme auch gerne nur mit einer einseitigen Sperrung durchgeführt. Doch dann kamen zahlreiche flankierenden Bauvorhaben dazu: Der Landkreis wollte die Straße neu asphaltieren und mit den Stadtwerken Rosenheim wurde ein neuer Trinkwasser-Notverbund hergestellt. Daher musste die Kreisstraße im Sommer für mehrere Wochen komplett gesperrt werden. „Mir ist vollkommen klar, dass die Anwohner darüber nicht begeistert waren“, so Fessler.
Zu Sperrungen wird es auch kommen, wenn die Wendelsteinstraße ausgebaut wird. In drei Abschnitten soll die Straße neu gemacht werden, inklusive beidseitiger Gehwege. Man rechnet mit Baukosten von 1,97 Millionen Euro. Gebaut wird auch östlich der Max-Josef-Straße. Dort entstehen ein Seniorenwohnen sowie ein Wohnbaugebiet und eine Geh- und Radwegverbindung über eine neue Brücke am Erlbach.
Etwas anders als erwartet wird die Erneuerung des Wertstoffhofs ausfallen. Ein Grundstück an der Bahnlinie, das zunächst als neuer Standort auserkoren wurde, wird nun von der Bahn aufgrund einer Generalsanierung im Jahr 2028 selbst benötigt. Daher wird der bestehende Wertstoffhof nun doch saniert, unter anderem mit einem neuen Dach.
Für rund 1,84 Millionen Euro soll die Kinderkrippe Tattenhausen einen neuen Anbau für zwei Gruppen bekommen. Die Planungen sollen im kommenden Jahr starten, Bauzeit ist ab Ende 2026 vorgesehen.
Ein Projekt, das die Gemeinde schon länger begleitet, rückt jetzt in greifbare Nähe: Da die Bahn aufgrund der Sanierung die Strecke bei Großkarolinenfeld im Jahr 2028 zeitweise stilllegt, bietet sich da ein Zeitfenster für die sogenannte „Dritte Röhre“. Die neue Fuß- und Radwegverbindung durch den Bahndamm Richtung Am Weiher soll die Verkehrssicherheit verbessern. Die Baukosten werden auf zwei bis 3,5 Millionen Euro geschätzt.
Abschließend informierte der Bürgermeister noch über die ersten Veranstaltungen des integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepts „ISEK“, bei dem sich zahlreiche Bürger mit Ideen für ihren Ort engagiert haben. Im Rahmen des Programms soll eruiert werden, wie sich Großkarolinenfeld und insbesondere der Ort Tattenhausen in Zukunft ausrichten sollen und wie der Straßenraum neu gestaltet werden könnte.
Fessler berichtete dazu, dass in der Bürgerversammlung in Tattenhausen der Antrag eines Bürgers, die Hauptstraße in Tattenhausen einfach abzufräsen und neu zu asphaltieren, angenommen wurde. Mit diesem Vorschlag wird sich der Gemeinderat nun beschäftigen.
In der anschließenden Diskussionsrunde stand ebenfalls ein Antrag eines Gemeindebürgers auf dem Programm. Fabian Riss schlug vor, zwei Zebrastreifen in der Rosenheimer Straße im Bereich des Friedhofs und der Wendelsteinstraße zu schaffen. Wie Bürgermeister Fessler mitteilte, ist dafür der Landkreis Rosenheim zuständig. Daher habe man den Antrag entsprechend so formuliert: Bürgermeister und Gemeindeverwaltung sollen beauftragt werden, beim Landkreis Rosenheim die entsprechenden Anträge zu stellen und die Maßnahme mit der Gemeinde abzustimmen. Riss berichtete, dass er täglich mit seinen Kindern zum Kindergarten gehe und teils minutenlang an der Straße stehe, bis ihn ein Autofahrer hinübergehen lasse. Der Antrag wurde mit breiter Zustimmung angenommen.
Autofahrer zu
schnell unterwegs?
Auch andere Bürger meldeten sich mit Anliegen rund um den Verkehr. Eine Anwohnerin wünschte sich etwa eine Tempo-30-Zone in der Rosenheimer Straße. Sie betonte aber auch, dass sie schon glücklich wäre, wenn die Autofahrer sich an die vorgeschriebenen 50 Stundenkilometer halten würden. Dazu wurde angeregt, vermehrt elektronische Zeigefinger in der Gemeinde aufzustellen. Gemeindegeschäftsführer Christian Baumann berichtete von vergangenen Geschwindigkeitsmessungen, dass das subjektive Gefühl der Anwohner oft trüge und die Überschreitungen in der Regel nicht allzu hoch seien. Dr. Richard Graupner, der evangelische Gemeindepfarrer, meinte dazu: „Es gibt offensichtlich ein subjektives Gefühl, sich in der Gemeinde nicht sicher zu fühlen.“ Er regte daher an, bei zukünftigen Maßnahmen mehr in den Fokus zu stellen, wie man Orte der Begegnung schaffen könne.