Bad Feilnbach/Rosenheim/Berlin – Es war ein besonderer Wind, der zu Beginn des Jahres durch die Region und ganz Deutschland wehte. Bauernproteste, Friedensdemos, Großkundgebungen, auf denen die Gesellschaft für sich und diverse Arbeitsbranchen Aufmerksamkeit und bessere Bedingungen forderte. Im Laufe des Jahres verschwanden diese Bewegungen, genau wie die zahlreichen Mahnfeuer, Sternfahrten oder von Traktoren blockierte Autobahnauffahrten mehr und mehr aus der öffentlichen Wahrnehmung. Doch ist der Protest-Wille gänzlich verschwunden?
Betrieb
musste ruhen
Einer, der damals auf den Zug mit aufsprang und sich als umtriebiger Organisator etablierte, ist Markus Huber aus Bad Feilnbach. Sogar sein Betrieb – er ist Geschäftsführer der Huber Kran GmbH – musste deshalb lange ruhen, damit er den vielen Aktionen, die er von da an federführend organisierte, gerecht werden konnte.
Bündnis
gegründet
Einer der Höhepunkte: Markus Huber gründete mit einem Team, allen voran mit Mitinitiator Franz Huber, das Bündnis „Hand in Hand für unser Land“, womit man alle Berufssparten aufrief, ein Zeichen zu setzen. Mit einem rasch aufgebauten Netzwerk rief der Familienvater Markus Huber Ende Januar sogar zu einer Großkundgebung auf der Münchner Theresienwiese auf, an der sich Tausende beteiligten. Doch warum ist es seitdem ruhiger geworden und wieso steht gerade jetzt, am kommenden Wochenende, Berlin im Fokus?
Klar ist, und das macht der 38-Jährige im Gespräch mit dem Mangfall-Boten deutlich: „In den vergangenen Monaten gab es natürlich keinen Stillstand bei uns.“ Zunächst mal habe man sich als Verein immer besser organisiert und vor allem auch wichtige Strukturen geschaffen. Statt weiterer Proteste habe der Verein zuletzt unter anderem wichtige Hilfe geleistet. „Wir haben den Menschen im Ahrtal oder den Betroffenen der Flutkatastrophe in Ebenhausen im Juni mit Sandsäcken geholfen“, berichtet der Unternehmer. Auch eine Spende für den Wiederaufbau eines Kindergartens ist auf den Verein zurückzuführen.
Doch aus Sicht der Initiatoren ist es nun wieder Zeit, eine große Protestaktion zu starten. Dazu machen sich die Mitstreiter auf den Weg nach Berlin, auf dem drei Zwischenstopps mit Kundgebungen und Mahnfeuern geplant sind. Denn laut Huber werden Tausende Teilnehmer aus ganz Deutschland erwartet. Die Protestfahrt begann am vergangenen Mittwoch und endet mit der eigentlichen Veranstaltung am morgigen Samstag direkt vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Dort ist um 14 Uhr eine Großkundgebung angemeldet. Wie viele Menschen teilnehmen, sei schwer einzuschätzen. Die Polizei hat jedenfalls in Anbetracht der zu erwarteten Menschenmenge den Platzbedarf für die Protestaktion von 3,5 auf sieben Kilometer erhöht.
„Wir müssen nun endlich aufhören, in der Vergangenheit zu leben und brauchen Lösungen für die Probleme in unserem Land“, sagt Huber. „Hand in Hand für unser Land“ sieht sich deshalb als Sprachrohr für die gesamte Bevölkerung, für alle Gewerke, Branchen und weitere Interessensgruppen wie Unternehmer, Arbeitnehmer, Pflege- und Gesundheitsbereich, Familien oder Rentner. Kernforderungen sind eine Stärkung der Mittelschicht, Steuergerechtigkeit, die Wiederherstellung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, mehr nationale Selbstbestimmung und soziale Gerechtigkeit.
Die grundsätzliche Kritik richtet sich dabei an die Politik beziehungsweise an die Parteien, denen es mehr um Taktieren zugunsten der eigenen Wahlergebnisse gehe, weniger um die Problemlösungen an sich, erklärt der Familienvater Huber. „Und darauf muss jetzt erst recht aufmerksam gemacht werden, denn das Ampel-Aus ändert daran ja nichts.“ Das Ziel der Protestaktion in Berlin: „Wir fordern auf friedlichem, demokratischem Weg Redezeit im Deutschen Bundestag, um die Themen, die den Menschen im Land auf der Seele brennen, in den Fokus der Politiker zu rücken“, spricht Huber über das ambitionierte Vorhaben. Denn: „Wenn ein Selenskyj oder eine Greta Thunberg dort sprechen dürfen, warum dann nicht auch wir, Menschen aus dem Land?“ Dabei bedauert es Huber sehr, wenn sein Bündnis teilweise in „die rechte Ecke“ getrieben werde. „Man muss so sehr aufpassen, was man sagt und das macht es noch anstrengender.“
Bereits Ende Januar kamen nach der Münchner Großkundgebung neben viel positiver Resonanz auch kritische Stimmen auf, die etwa durch die Wortwahl des Bündnisses eine „konservative“, in Teilen womöglich sogar „rechtspopulistische Position“ vermuteten – was Huber damals gegenüber dem Mangfall-Boten entschieden zurückwies. So betonten die Initiatoren des Bündnisses immer, es sei oberste Prämisse, politisch neutral zu agieren und sich von keinen Gruppierungen vereinnahmen zu lassen oder diesen eine Plattform zu bieten.
Bayern schwächelt leider extrem
Ungeachtet dessen hofft der 38-Jährige nun wieder auf eine neue Protest-Mentalität. Immerhin habe sich bundesweit schon eine gewisse Müdigkeit eingeschlichen. „Wir sehen schon auch, dass Bayern leider extrem schwächelt.“ Während Anfang des Jahres die Hilfsbereitschaft und der Zusammenhalt in der Region enorm waren, könne man nun vor Kundgebungen nicht mal schnell ein paar Mitbewerber aus der Branche anrufen, um 20 Lkws aufzutreiben. „Das gestaltet sich heute wesentlich schwerer.“
„Ich mach das bis
zum bitteren Ende“
Doch der Unternehmer weiß auch, dass die Menschen ihrem Beruf nachgehen müssen und nicht immer Zeit übrig haben. Er selbst weiß das am allerbesten. „Am Anfang habe ich den ganzen Tag wegen der Proteste telefoniert, was sich auch auf meine Kunden und den Betrieb ausgewirkt hat“, sagt Huber, der deshalb mittlerweile personell einiges verändern musste. Denn mit seinem Engagement aufzuhören, komme für ihn nicht infrage. „Ich mache das bis zum bitteren Ende, bis wir endlich mehr Gehör bekommen und auf demokratischem Weg etwas erreichen.“
Sein Antrieb ist dabei auf die Verantwortung für die kommenden Generationen und deren Zukunft zurückzuführen. „Ich mache das für meine Kinder.“